Neben Krawattennadel und Manschettenknöpfen ist die klassische Armbanduhr eines der wenigen Accessoires, das Mann auch wirklich trägt. Daher hat sich die Armbanduhr im Luxusbereich zu einem Statussymbol entwickelt.
Rund ein halbes Jahrhundert waren Armbanduhren die alleinige Domäne der Damenwelt gewesen. Denn für die Herren der Schöpfung, genauer gesagt für die adligen und bürgerlichen Gentlemen, war die in der Weste des dreiteiligen Anzugs stets griffbereit mitgeführte Taschenuhr der einzig akzeptierte Zeitansager. Die frühesten Armbanduhren wurden von der vornehmen Männerwelt zwischen 1880 und 1930 als „weibisch" abgetan. Den Frauen wurde die neue Uhrenform, der die Zukunft gehören sollte gleichsam aufgezwungen, weil die Mode der damaligen Zeit taschenlos bei Blusen, Röcken oder Kleidern geschneidert war und daher der Zeitmesser ans feminine Handgelenk wandern musste. Die ersten Modelle waren nichts anderes als Taschenuhren, die in einfache Lederkapseln oder Metallspangen eingelegt und mittels eines Bandes um das Handgelenk befestigt wurden. Die im thüringischen Ruhla ansässige Uhrenfabrik Thiel sollte 1912 unter dem Namen „Darling" die erste echte Damen-Armbanduhr in Deutschland auf den Markt bringen.
Zunächst für Damen, da Taschen fehlten
Der Siegeszug der Armbanduhr als männliches Accessoire setzte erst ein, nachdem die Militärs auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges den höheren praktischen Nutzen im Vergleich zu den Taschenuhren erkannt hatten. Auch die viel bewunderten Piloten mit Charles Lindbergh an der Spitze, für den Longines im Jahr 1932 eine Flieger-Armbanduhr hergestellt hatte, orientierten sich im engen Cockpit nur noch an diesem modernen Chronometer. Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in ländlichen Regionen des Deutschen Reiches, vor allem rund um das sächsische Örtchen Glashütte und im Schwarzwald, wurden zahlreiche Uhrmacherei-Betriebe gegründet. In Schramberg war Junghans ansässig, noch heute die bekannteste deutsche Uhrenmarke und in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg in Stückzahlen gerechnet der globale Uhren-Marktführer. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der weltweite Uhrenmarkt dann fest in Schweizer Hand mit einem Marktanteil von stolzen 90 Prozent. Auch heute noch behaupten die Eidgenossen mit 80 Prozent einsam die Spitze, es folgen Deutschland und Japan auf den Plätzen zwei und drei.
Bis zum Krisenjahr 1967 liefen die Geschäfte für die Uhrmachereien glänzend, die mechanischen, gewöhnlich von einer Feder angetriebenen Armbanduhren waren vergleichsweise hochpreisig, sie waren so etwas wie ein Geschenk fürs Leben, das der Vater seinem Sohn zur Volljährigkeit zu kaufen pflegte. Die Technik aus Räderwerk und Schwingsystem war alt, aber bewährt, bei guter Pflege sind mechanische Uhren extrem langlebig, nicht zuletzt dank des in ihnen verborgenen Feinsthandwerks. Doch 1967 kam dann der Schock für die verwöhnte Branche in Gestalt der ersten Quarzuhr, die viel präziser, technisch moderner und nicht zuletzt viel günstiger war. Vor allem die Japaner überschwemmten den Weltmarkt mit preiswerten Modellen, was in der Schweiz und auch im damaligen deutschen Uhrenzentrum Pforzheim zum Untergang zahlreicher Traditionsmarken führte.
Die Rettung sollten einige innovative Unternehmen mit Rolex, Blancpain und Chronoswiss an der Spitze sein, die mit einer neuen Design- und Marketingphilosophie der Mechanikuhr-Branche wieder zu neuem Glanz verhalfen. Die Männer-Armbanduhr alter Schule sollte fortan nicht mehr nur als funktionales Instrument zur Zeitmessung angesehen werden, sondern als ein Mini-Meisterwerk der tradierten Handwerkskunst und unverzichtbares Mode-Accessoire. Gewissermaßen der Porsche oder der Ferrari fürs Handgelenk. Die auf handwerklichem Können und langer Tradition basierende mechanische Uhr wurde im Zuge dieser Mechanik-Renaissance ganz offensiv als die weitaus bessere Wahl im Vergleich zur als seelenlos bezeichneten Quarzuhr beworben.
Die Luxusuhren werden immer hochwertiger
Zusätzlich wurden keine Kosten und Mühen gescheut, um die Herren-Luxusuhren mit einem gehörigen Schuss Sport, Abenteuer und Gefahr aufzuladen. Anfang der 80er-Jahre stieg das Schweizer Unternehmen TAG Heuer als Sponsor in die Formel 1 ein, zunächst bei Williams, dann bei McLaren. Schon im Laufe der 90er-Jahre hatten die Hersteller von mechanischen Luxusuhren in die Erfolgsschiene zurückgefunden, im 21. Jahrhundert setzte, nicht zuletzt dank des chinesischen Marktes, ein neuer Boom ein, der selbst im Zeitalter von Smartphones und Co., die allesamt unterwegs auch die genaue Uhrzeit anzeigen können, bislang unverändert anhält. Die wichtigsten Global Player im aktuellen Herren-Luxusuhrenmarkt sind die Konzerne Swatch Group (mit 18 Marken, darunter Blancpain, Omega, Longines, Rado, Tissot, Glashütte Original oder Union Glashütte), Richemont (mit elf Marken, darunter A. Lange & Söhne, Cartier, IWC, Jaeger-LeCoultre, Montblanc oder Piaget) und LVMH (fünf Marken, TAG Heuer, Hublot, Zenith, Bulgari und Louis Vuitton). Rolex, im Besitz einer Stiftung, und Patek Philippe, in Privatbesitz, nicht zu vergessen.
Die aktuellen Modelle der meisten mechanischen Luxusuhren sind in der Regel hochwertiger als ihre Vorgänger aus dem 20. Jahrhundert, sie verfügen vor allem über präzisere Werk- und Gehäusetechniken. Außerdem ist es Usus geworden, dass immer mehr Hersteller nur noch auf eigene oder zumindest exklusiv zugelieferte Uhrwerke zurückgreifen. Das Preisniveau ist deshalb deutlich nach oben geschossen. Das macht den Kauf von gebrauchten, gut erhaltenen Chronometern, sogenannten Vintage-Uhren, auf Auktionen immer lukrativer. Vor allem Rolex und Patek Philippe sind dort sehr gefragt, ihr Werterhalt ist enorm hoch, aber auch Marken wie Omega, Longines, Zenith, Audemars Piguet oder Vacheron-Constantin erzielen regelmäßig Höchstpreise bei Versteigerungen. Laut Angaben des Marktforschungsunternehmens Chronolytics sind bei deutschen Männern vor allem sportliche Uhrenmodelle sehr gefragt, wobei Rolex mit Abstand am begehrtesten ist. Auch länderübergreifend behauptet Rolex die Spitze, gefolgt von Omega und Audemars Piguet.
Die maskuline Version der It-Bag
Fazit: Der Branche der Nobel-Herren-Armbanduhren ist es infolge der sogenannten Quarzkrise gelungen, die mechanische Uhr aus einem unabdingbaren Gebrauchsgegenstand mit Instrumenten-Charakter in einen mit Emotionen und Markenbewusstsein aufgeladenen Luxusartikel zu verwandeln. Die Edeluhren schmeicheln der Eitelkeit ihres Trägers, ziehen bewundernde Blicke männlicher Artgenossen auf sich. Sie sind für den modernen Gentleman mit die einzige Möglichkeit, den ganzen Tag seinen gehobenen Status öffentlich zur Schau zu stellen, weil die Edelkarosse ja die meiste Zeit nur in der Garage versteckt ist. Sie sind gewissermaßen so etwas wie die maskuline Version der Hermès- oder Gucci-Bag und als solche durchaus auch eine interessante Wertanlage. Zudem sind exklusive Armbanduhren neben Krawattennadel und Manschettenknöpfen das einzige gesellschaftlich allgemein akzeptierte Accessoire des Mannes. Denn Goldketten haben etwas Lächerliches an sich, Siegelringe oder Armreife wirken zwielichtig, und Ohrstecker sind für einen Mann von Welt gleichsam ein Tabu.
Eine Omega, eine Rolex oder eine Jaeger-LeCoultre am Handgelenk sind hingegen immer salonfähig, ganz egal ob sie nun aus Gold, Silber oder Stahl gearbeitet sind. Um auch jüngere Kunden zu gewinnen, haben Marken wie Rolex, Omega, Tudor, Chopard, Tissot oder Junghans in den letzten Jahren auch preisgünstigere Einstiegsmodelle lanciert. Vor allem die „Submariner" von Rolex steht bei vielen jungen Männern auf der Wunschliste ganz oben. Übrigens: Die „Süddeutsche Zeitung" hat unlängst auch einen Retrotrend hin zu neuen Taschenuhren für Männer ausfindig gemacht und auf entsprechende Kollektionen von Montblanc, Chopard oder Breitling hingewiesen. Von Tissot gibt es sogar ein preisgünstiges Quarz-Modell ab 250 Euro aufwärts.