Immer mehr Labels spezialisieren sich auf Eco Fashion. So auch beispielsweise Bleed Clothing. Gründer Michael Spitzbarth spricht im Interview über faire Mode, Siegel für ökologisch korrekte Bekleidung, veganes Leder aus Kork und die aktuelle Kollektion.
Herr Spitzbarth, wie entstand die Idee, eine eigene Eco-Fashion-Marke zu gründen?
Nach meinem Studium als Textildesigner habe ich als Freelancer für verschiedene Sportartikelhersteller gearbeitet. Dort erlebte ich in einigen Produktionsstätten hautnah, wie viele Chemikalien verwendet und wie wenig ökologische Standards eingehalten werden. „Das kann’s doch nicht sein", habe ich mir gedacht und wollte es besser machen. So entstand die Idee.
Wie haben Sie diese schließlich umgesetzt?
Mit der Unterstützung von Freunden und Familie habe ich mich damals an die ersten Kollektionen gemacht und versucht, sie an Händler zu verkaufen. Mit der Zeit ist unser Team immer weiter gewachsen, und mittlerweile sind wir über zehn Mitarbeiter.
Warum haben Sie Ihr Label „Bleed" genannt?
Die Erklärung dafür ist eigentlich ganz einfach. „Bleed" kommt aus dem Englischen und bedeutet „bluten". In unserem Fall soll der Begriff das „Ausbluten der Natur" darstellen, welches wir durch unsere Kleidung verhindern wollen. Wir wollen unseren Lebensraum schützen und bewahren, deshalb auch der Slogan „we bleed for nature".
Kaufen Sie selbst überwiegend Kleidung aus Naturmaterialien?
Ausschließlich. Ich trage seit der Gründung nur unsere Kleidung.
Warum sollte man Fair Fashion kaufen?
Bei der Herstellung von Bekleidung sind bis heute viele Menschen an einem einzelnen Produkt beteiligt. Für Firmen, die sich dem Fair-Fashion-Gedanken verschreiben, ist jeder Mensch, der an dieser Kette mitarbeitet, wichtig. Somit muss die Arbeit dieser Menschen geschätzt und fair entlohnt werden. Ganz konkret bedeutet das für uns faire Löhne, angemessene Arbeitszeiten, ein Anspruch auf Urlaub, Krankenversicherung, Verbot von Kinderarbeit, Arbeitsschutzbedingungen und eine ethische Geschäftspraxis.
Wo kann man sich am besten über ökologisch korrekte Bekleidung informieren?
Einfach mal googeln, im Internet finden sich mittlerweile viele Informationen dazu. Wem das zu aufwendig ist, der kann direkt einen Blick auf unsere Homepage werfen, dort haben wir bereits viele Informationen zusammengefasst. Oder du gehst in den grünen Bekleidungsladen deiner Stadt und erkundigst dich dort.
Woran kann man sich orientieren? Sollten zum Beispiel immer Siegel wie GOTS, IVN, Fairtrade oder das der Fair Wear Foundation erfüllt sein?
Diese Siegel sind sicherlich immer ein guter Anhaltspunkt. Allerdings gibt es viele vor allem kleine Betriebe, die sich eine Zertifizierung nach einem solchen Siegel nicht leisten können, sich aber trotzdem an die Standards halten. Am besten ist es, wenn man einfach eine kurze Mail an die jeweilige Firma schickt und sich nach den Produktionsbedingungen erkundigt. Sollte die Antwort fundiert und logisch sein, kann man sich auch überlegen, ohne Siegel zu kaufen.
Wo shoppt man am besten?
Grundsätzlich ist es immer sinnvoll, den stationären Handel in seiner Stadt zu unterstützen – vor allem, da es mittlerweile in fast jeder größeren Stadt ein Geschäft gibt, das sich auf ökologische und nachhaltige Mode spezialisiert hat. Ansonsten findet man im Internet auf den Seiten der jeweiligen Hersteller oder auf Plattformen wie avocadostore.de viele Produkte.
Auch die großen Bekleidungshäuser haben den Trend Fair Fashion für sich erkannt und bieten etwa Bekleidung aus Biostoffen an. Ist das wirklich Fair Fashion?
Das kommt ganz darauf an, ob diese Produkte durch unabhängige und offizielle Siegel zertifiziert wurden. Häufig entwickeln gerade große Konzerne ihre eigenen Siegel, die meiner Meinung nach allerdings nur zu einem geringen Grad zu Transparenz führen. Zudem werden von Konzernen oftmals sehr hohe Stückzahlen an angeblichen Biobaumwoll-Shirts produziert, was mit der auf dem Markt verfügbaren Biobaumwolle gar nicht übereinstimmen kann. Meist wird hier ein 50/50-Gemisch von Biobaumwolle und normaler Baumwolle hergenommen. Das kann neben dem negativen Einfluss von normaler Baumwolle auf die Natur auch für Menschen, die beispielsweise allergisch auf Pestizide reagieren, schädlich sein. Außerdem sind die Produktionsbedingungen in den Fabriken dieser Konzerne häufig weit entfernt von fair.
Insofern ist „Greenwashing", also grün „angepinselte" Marketingstrategien, ein großes Problem in der heutigen Zeit. Letztendlich ist es hier auch Aufgabe des Konsumenten, sich genau zu informieren und bei Unklarheiten einfach nachzufragen.
Wie würden Sie den Stil von Bleed Clothing beschreiben?
Sportlich, zeitlos und trotzdem nie langweilig. Wir versuchen die Kleidung bewusst so zu designen, dass sie für jede Aktivität passend ist und über viele Jahre hinweg getragen werden kann. Wir wollen keine Wegwerfmode produzieren, die nach einer Saison nicht mehr gefällt oder kaputt geht.
Welche Materialien verwenden Sie?
Wir verwenden hauptsächlich natürliche Materialien wie Biobaumwolle, Leinen, Hanf, Kapok und Kork sowie die sogenannten chemischen Naturfasern Tencel und Modal Edelweiss. Für manche Kleidungsstücke lässt es sich allerdings nicht vermeiden auf synthetische Fasern zurückzugreifen, weshalb wir hier recyceltes Polyester und Econyl verwenden.
Sie setzen Kork als veganes Leder ein. Wie funktioniert das? Und ist das wirklich vergleichbar?
Ja, es funktioniert und ist definitiv vergleichbar. Vor ein paar Jahren haben wir sogar eine komplette Jacke aus Kork herausgebracht, die in der Optik einer Lederjacke zum Verwechseln ähnlich sieht.
Der Rohstoff für all unsere Korkprodukte wird aus der Rinde portugiesischer Korkeiche gewonnen. Hier möchte ich besonders hervorheben, dass der Baum dafür nicht gefällt, sondern lediglich geschält werden muss, was keinen negativen Einfluss auf ihn hat. Die Rinde wächst wieder nach und bindet CO². Anschließend wird die geerntete Rinde in verschiedenen Arbeitsschritten gewaschen, getrocknet, zerschnitten und verklebt, bis schließlich aus langen Korkbahnen die passenden Stücke zurechtgeschnitten werden können.
Wo entstehen die Produkte – ist alles made in Germany?
Designed und entwickelt werden alle unsere Produkte direkt in Helmbrechts. Anschließend werden die meisten unserer Produkte innerhalb von Europa produziert, einige jedoch auch in China. Für diejenigen, die es ganz genau wissen möchten: Wir produzieren 80 Prozent in Portugal, acht Prozent in Kroatien und zwölf Prozent in China. Für diejenigen, die jetzt fragen, weshalb wir einige Produkte in China produzieren, gibt es verschiedene Antworten: Das Ausgangsmaterial dieser Produkte wird ebenfalls in China produziert. Um die Transportwege möglichst gering zu halten, haben wir uns entschlossen, die Produkte dort zu produzieren, wo auch das Material gefertigt wird. Außerdem ist es uns wichtig, auch dort ökologische und faire Standards zu etablieren, wo sie nicht selbstverständlich sind.
Wie wird ein handelsübliches Kleidungsstück hergestellt? Wie unterscheidet sich Ihre Herstellungsweise?
Die Herstellung eines konventionellen Kleidungsstückes entscheidet sich in den einzelnen Arbeitsschritten nur unwesentlich von unserer Herstellungsweise. Den Unterschied machen hauptsächlich die Rahmenbedingungen. So achten wir besonders auf natürliche Materialien, faire Behandlung der Arbeiter, auf die Vermeidung von chemischen Farbstoffen und eine rundum nachhaltige Produktion.
Orientieren Sie sich an Trendfarben oder setzen Sie auf zeitlose Farben, die man über Jahre hinweg tragen kann?
Wir orientieren uns natürlich auch an verschiedenen Farbtrends, denn wenn wir jede Kollektion nur in Schwarz, Grau und Weiß anbieten würden, wäre das mit der Zeit schnell langweilig. Grundsätzlich halten wir die Farben aber schlicht und eher weniger knallig, damit sie auch über Jahre hinweg getragen werden können.
Welche Stücke sind die Must-haves für den Sommer, und was erwartet uns im Herbst/Winter?
Im Sommer kann ich besonders T-Shirts und Tops aus Kapok oder Tencel empfehlen. Beide Materialien sind besonders atmungsaktiv, hautfreundlich und vor allem kühlend. Wem das trotzdem noch zu warm ist, empfehle ich ein Stück aus unserer Bademodekollektion. Mit Bikinis und Badehosen aus recyceltem Plastikmüll aus dem Meer kann man den Tag am See ohne schlechtes Gewissen genießen.
Im Herbst/Winter haben wir wieder eine Reihe von Pullis und warmen Jacken. Von Sweatshirts über Strickpullis, Polartec-Jacken und Parkas mit recyceltem Primaloft ist alles dabei. Es findet sich also für jeden etwas Passendes.
Womit sind Sie aktuell beschäftigt?
Wir planen die nächsten Kollektionen, Messebesuche, et cetera. Parallel zum normalen Tagesbetrieb erwarten wir in den nächsten Wochen außerdem freudig die aus dem Crowdfunding entstandenen ECO4Sneaker.
Weitere Infos: www.bleed-clothing.com. Außerdem finden sich im www.avocadostore.de viele weitere Fair-Fashion-Labels und Produkte.