Das gesellschaftliche Klima ist aufgeladen, und auch der Fußball bekommt seine Scheibe ab. Drei Fälle sind es, die die schönste Nebensache der Deutschen zuletzt beschäftigten. Angefangen hatte es mit Schalke-Boss Clemens Tönnies. Dem Fleisch-Unternehmer, ohnehin eher ein Freund der harten Gangart, ist ein folgenschwerer Lapsus unterlaufen. Vor mittelständischen Unternehmern dozierte Tönnies über die Bevölkerungsentwicklung in Afrika, brachte sie direkt mit dem Klimawandel in Verbindung. Seine Wortwahl war derb, seine Tonlage daneben. Da eine Lokal-Journalistin anwesend war, schlug der Fall hohe Wellen. Politiker äußerten sich empört, Verbandsfunktionäre schockiert, und Journalisten unterstellten pauschal Rassismus. Dabei wiesen besonnene Köpfe wie FDP-Vize Wolfgang Kubicki oder ein Redakteur der liberalen „Wirtschaftswoche" darauf hin, dass Tönnies eine durchaus bestehende Problematik völlig falsch angepackt habe. Ein besonders eifriger Kritiker war dabei Liga-Präsident und Dortmund-Funktionär Reinhard Rauball. Allerdings nur so lange, bis er selbst ins Zentrum einer Affäre geriet. Während eines Testspiels zwischen dem italienischen Erstligisten Udinese Calcio und dem BVB vergriffen sich die Fan-TV-Kommentatoren Nobert Dickel und Patrick Owomoyela im Ton. Offenbar den Verlockungen einheimischer Spezialitäten erlegen, erklärten sie hinterher, sie seien „neben der Spur" gewesen. Plötzlich sah sich Ex-Nationalspieler Owomoyela, 2006 selbst Zielscheibe einer durch und durch widerlichen Attacke der rechtsextremen NPD, Rassismusvorwürfen ausgesetzt. Der BVB zog die Reißleine und die Kommentatoren vorrübergehend aus dem Verkehr.
Noch krasser griff Drittligist Chemnitz durch. Der feuerte seinen Kapitän Daniel Frahn. Der hatte beim Auswärtsspiel in Halle in der Nähe einer rechten Fangruppierung gestanden. Während es bundesweit Beifall gab, spielt das Thema plötzlich eine Rolle im sächsischen Wahlkampf. Die AfD spricht von einer DDR 2.0. Die Fortsetzung wird im Stadion folgen, der Sportplatz zum Schauplatz der Politik. Das sind keine guten Nachrichten.