In Gene Stupnitskys schräger Komödie „Good Boys" wollen drei pubertierende Sechstklässler auf einer Teenieparty das Prickeln des ersten Körperkontakts erleben. Auf einer unfreiwilligen Tour quer durch Los Angeles geraten sie von einem sexistischen Fettnäpfchen ins nächste.
Wenn zum allerersten Mal Testosteron kleine Jungs terrorisiert und Pheromone pubertierende Lolitas verwirren. Keine Frage: Pubertät ist und bleibt ein unberechenbares Potpourri in der Chaos-Baustelle Jungkörper. So auch bei diesen drei Kids in ihren infantilen Wechseljahren auf der Suche nach Erfahrung. Wer auf eine Party eingeladen ist, sollte wenigstens wissen, wie professionell geküsst wird, schwant dem zwölfjährigen Max (Jacob Tremblay), der gemeinsam mit seinen Freunden Thor (Brady Noon) und Lucas (Keith L. Williams) just die Elementary School absolviert und nun die darauffolgende Bildungshürde Junior High School nehmen muss. Zwar haben zuvor intensive Recherchen im World Wide Web diverse erkenntnisreiche Ergüsse ergeben, jedoch weiß das Mini-Trio-Infernal kaum, dass beispielsweise eine „Reanimationspuppe" in Wahrheit auch gänzlich andere Funktionen hat. Sie kann mehr als zum Beispiel nur zum Üben von unbeholfenem Knutschen herhalten. Eifrig schicken die sympathischen Freunde obendrein die teure Drohne von Max‘ Vater (Will Forte) in den Garten der 16-jährigen Hannah (Molly Gordon) und ihren Freundinnen. Dort wollen sie insbesondere die Befindlichkeiten von Brixlee (Millie Davis), der Herzensdame von Max, erkunden, um etwaige Peinlichkeiten schon im Vorfeld zu vermeiden. Dumm gelaufen, der fliegende Spion muss schleunigst wieder her, um drohendes elterliches Donnerwetter zu vermeiden. Also steigen sie heimlich nebenan ein und stibitzen noch ein mit Ecstasy gefülltes Handtäschchen. Keine gute Idee, denn Hannah und Francis verstehen diesbezüglich keinen Spaß und blasen das Halali auf die dreisten Diebe: Eine gnadenlose Hatz und unfreiwillige Odyssee, gespickt mit allen Tricks und Tücken quer durch L.A. nimmt ihren Lauf …
Kusspartys können furchteinflößend sein
Der für seine Drehbücher prämierte TV-Film-Spezialist Gene Stupnitsky („The Office", „Hello Lady") sprengt auch mit seinem unflätigen und frech-forschen Kinodebüt leichtläufig alle Konventionen des bisherigen Coming-of-Age-Jugendfilms. Sein atemloser, gut 20 Millionen US-Dollar teurer Frontalangriff auf die eher adulte Lachmuskulatur gemahnt an „Superbad" (2007), jenes aberwitzige Filmhighlight von Greg Mottola mit Seth Rogen und Jonah Hilll in den Hauptparts. Mit Seth Rogen, Lee Eisenberg und Evan Goldberg produzieren überdies jene Profis, die Feel-Good-Movies wie „Ananas Express", „Sausage Party" und „Bad Neighbours" adelten.
Antiautoritär gebliebene Eltern werden diesen tabubrechenden Muntermacher wie ihre gleichaltrigen Sprösslinge „echt geil" finden, zumal der mit einem „Critics Choice" für seine Rolle in „Raum" ausgezeichnete Hauptakteur Jacob Tremblay als Kopf der beiden Filmfrischlinge Brady Moon und Keith L. Williams entfesselt aufspielt.
Gefühlschaos pubertierender Jungs
Dem Trio gelingt es, in den chaotischen Gefühlsgemengelagen von Frühpubertären in dem heutigen, an jeder Ecke mit libidinösen Fallen dekorierten Lebens- und Erlebniswelten Herz, Hirn und Empathie zu bewahren. Kein Wunder aber, dass dieser Popcornkracher von den US-amerikanischen Sittenwächtern auf Grund seiner abfälligen Ausdrucksweise, seiner Drogenthematik und der permanenten Sex-Metaphorik mit einem R-Rating stigmatisiert wurde. In Deutschland ist der Film frei ab 16 Jahren.
Irritierende Kultklassiker des Jugendfilms wie „Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers" von Rob Reiner nach einem Buch von Stephen King mit River Phoenix und Kiefer Sutherland in frühen Rollen waren vorgestern. Denn auch die einstig satirischen, um Intimsphäre und Schamhaftigkeit bemühten „Aufklärungsversuche" von Dr. Sommer in der „Bravo" zaubert der heutigen Facebook- und Instagram-Generation nur ein müdes Lächeln auf die Gesichter.