Mit seiner im Frühjahr veröffentlichten Studie enthüllte Lyst viele Geheimnisse rund um die wichtigsten Einkaufsgewohnheiten der Deutschen im Rahmen des Fashion-Onlinehandels. Bei Lyst handelt es sich um eine unabhängige Mode-Suchplattform*.
Angesichts des dominierenden Lässig- und Schlabberlooks sorgte eine im Frühjahr 2019 veröffentlichte Studie bezüglich des Online-Kaufverhaltens der Deutschen in Sachen Mode für eine ganze Reihe von Überraschungen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Herausgeber der Shopping-Analyse, die Online-Plattform Lyst, genauer gesagt dessen Ende 2018 etablierter deutscher Ableger, das Augenmerk nur auf das Fashion-Luxussegment gelegt hat. Das 2010 in London ins Leben gerufene Portal mit weltweit mehr als 70 Millionen Nutzern gilt inzwischen als die global führende Online-Suchmaschine für Premium-Mode. Aus diesem Grund tauchen umsatzstarke, im Streetstyle omnipräsente Marken logischerweise gar nicht auf.
Mit dieser Prämisse im Hinterkopf dürfte es dennoch erstaunlich sein, dass bei den Herren der Schöpfung im Saarland – in Berlin weniger –, ein gewisser Gosha Rubchinskiy der meistgesuchte Designer ist. Durch seine Schuh-Kollaborationen mit Vans, Reebok oder Adidas hat er zwar eine gewisse Popularität erlangt, aber sein von der postsowjetischen Ära inspirierter russischer Streetwear-Style ist modisch gesehen nicht gerade der letzte Schrei. Durch die Zusammenarbeit mit Burberry jedoch konnte er seinen Bekanntheitsgrad deutlich steigern. Auch bei den saarländischen Frauen lag mit Armani ein Label an der Spitze der meistgesuchten Designer, das in keinem der anderen Bundesländer an dieser exponierten Position zu finden ist. In Berlin ist Balenciaga der Ladys-Favorit, die Berliner Männer schwören auf Rick Owens. Damit unterscheiden sich die modischen Geschmacksvorlieben der Berliner und Saarländer deutlich von den Präferenzen der anderen Bundesländer, bei denen Gucci (bei den Frauen in Baden-Württemberg und Bayern, bei den Herren in Hessen), Off-White (bei den Frauen in Hamburg, bei den Männern in Brandenburg, Niedersachen und Nordrhein-Westfalen), Ralph Lauren (bei den Männern in Hamburg und Schleswig-Holstein) und die Outdoor-Marke Stone Island (bei den Herren in Bayern und Brandenburg) vorne liegen.
Für die Studie hatte Lyst innerhalb eines Jahres, vom 4. März 2018 bis zum 4. März 2019, rund 550.000 Online-Bestellungen und über zehn Millionen Suchanfragen auf seiner Webseite analysiert. Und dabei speziell einen Blick auf die einzelnen Bundesländer und zusätzlich auf 15 große deutsche Städte geworfen, von Berlin bis Mannheim (Saarbrücken wurde dabei nicht berücksichtigt). Lyst wollte dabei herausfinden, nach welchen Modemarken des Luxussegments in Deutschland in welchen Städten und Ländern am häufigsten gesucht wird, wo das meiste Geld für Fashion online ausgegeben wird, wie hoch das Budget des durchschnittlichen Bestell-Warenkorbs in den ausgewählten Städten ist und welche Kleidungsstücke oder Accessoires am begehrtesten sind. Es zeigte sich, dass es enorme Unterschiede im Kaufverhalten der Deutschen gibt.
Was vor Ort erhältlich ist, ist im Internet weniger gefragt
Am auffälligsten dabei waren die großen Abweichungen von bis zu 60 Prozent beim Warenkorbwert, der im Schnitt pro Bestellung in den ausgewählten 15 Städten bei 307 Euro lag, mit Frankfurt am Main an der Spitze (367 Euro) und Essen als Schlusslicht mit gerade mal 229 Euro. Auch in Leipzig (351 Euro), Dortmund (346 Euro), Hannover (344 Euro) und Stuttgart (333 Euro) wird die Kreditkarte schon mal schnell zum Glühen gebracht; die vermeintlichen Luxus-Metropolen München (314 Euro) und Hamburg (313 Euro) konnten bei diesen Werten nicht ganz mithalten.
Das mag möglicherweise damit zusammenhängen, dass die meisten Nobelmarken in diesen Städten eigene Luxusboutiquen unterhalten. Berlin liegt im Lyst-Städte-Ranking mit 273 Euro übrigens nur auf dem vorletzten Platz.
Beim Aufsplitten des Warenkorbwertes zwischen Männern und Frauen konnte festgestellt werden, dass nur in drei der ausgewählten Städte Männer mehr Geld für Mode online ausgaben als Frauen – in Frankfurt (einen Euro mehr), in Köln (drei Euro mehr) und in Dresden (39 Euro mehr). Von wegen maskuline Modemuffel, könnte man daher etwas vorschnell meinen. Aber in zwölf Städten hatten die Damen die Nase klar vorn, am deutlichsten in Dortmund, wo der durchschnittliche Bestellwert der Frauen den der Männer um stolze 266 Euro übertraf (434 Euro gegen 168 Euro). Auch in Leipzig waren die Ladys mit 410 Euro im Vergleich zu den Herren mit 240 Euro sehr konsumfreudig. Im Schnitt gaben die Damen in den 15 Städten rund 72 Euro mehr für Online-Shopping aus als die Herren der Schöpfung.
Mit Off-White und Gucci gibt es nur zwei Luxus-Brands, die geschlechterübergreifend in mehreren Bundesländern am beliebtesten sind. Ansonsten ist Vielfalt angesagt. Die Damen präferierten in Brandenburg Salvatore Ferragamo, in Bremen Prada, in Hessen Dolce & Gabbana, in Mecklenburg-Vorpommern Jil Sander, in Niedersachsen Versace, in Nordrhein-Westfalen The Row, in Rheinland-Pfalz Patrizia Pepe, in Sachsen Yeezy (das Label von Rapper Kanye West), in Sachsen-Anhalt Tommy Hilfiger, in Schleswig-Holstein Valentino und in Thüringen Isabel Marant. Bei den Herren fielen die meisten Suchklicks in Baden-Württemberg auf Balenciaga, in Bremen auf Adidas, in Mecklenburg-Vorpommern auf Yeezy, in Rheinland-Pfalz auf Brunello Cucinelli, in Sachsen-Anhalt auf Dsquared sowie in Thüringen auf Lanvin. Auch extravagantere Marken verpassten in manchen Bundesländern nur knapp die Top-Platzierung, beispielsweise Zimmermann, Dries Van Noten, Anya Hindmarch oder Missguided.
Zu guter Letzt versuchte Lyst auch noch zu eruieren, nach welchen Kleidungsstücken oder Accessoires unabhängig von den jeweiligen Marken in den Bundesländern am meisten gesucht wurde. Das Ergebnis war etwas uneinheitlich. Doch bei den Männern standen Sneakers in drei Bundesländern (Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein) an der Spitze, die Bomberjacke war in Bremen und Baden-Württemberg, der Rucksack in Bayern und Thüringen, Kappe beziehungsweise Hut in Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Rheinland-Pfalz besonders begehrt. Taschen waren in Niedersachsen und im Saarland am meisten gefragt. Etwas ungewöhnlich war das starke Interesse der hessischen Männer an Manschettenknöpfen oder der brandenburgischen Herren an Gürteltaschen. Die Berliner liebten den Hoodie, die Männer in Sachsen-Anhalt die Jeansjacke.
Bei den Damen waren Schuhwaren aller Art, von Stiefeln bis Sneakers, die meistgesuchten Fashion-Artikel, und zwar in Brandenburg (Stiefel), Hamburg (Schuhe allgemein), Mecklenburg-Vorpommern (Absatzschuhe), Saarland (Absatzstiefel), Sachsen (Stiefel), Sachsen-Anhalt (Slides) und Thüringen (Sneakers). Der Rest der Suchanfragen verteilte sich auf Cocktailkleid (Baden-Württemberg), Strickwaren (Bayern und Niedersachsen), Abendkleid (Berlin), Kleid (Bremen), Rock (Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein) sowie Unterwäsche (Rheinland-Pfalz).
(*diese haben wir in Ausgabe 27 bereits ausführlich vorgestellt)