Marpingen war schon immer ein starker Frauenhandball-Standort des Saarlandes. Der 58-malige Nationalspieler Jürgen Hartz führte die „Moskitos" jüngst zurück in die 3. Liga. Dort wollen Hartz und Co. vorerst auch bleiben.
Schon seit 2016 wirkt der frühere Handball-Nationalspieler Jürgen Hartz im Frauenhandball. Genauer gesagt als Trainer der HSG DJK Marpingen-SC Alsweiler. Der frühere Kapitän des Bundesligisten TV Niederwürzbach ist mit seiner Mannschaft vorige Saison in die 3. Liga West aufgestiegen und empfängt zum Auftakt am 14. September um 20 Uhr in Marpingen die Zweite Mannschaft des Bundesligisten und Rekordmeisters TSV Bayer 04 Leverkusen. Der Aufstieg in die dritthöchste Spielklasse war das erklärte Ziel. Trotzdem: „Dass es so schnell ging, überrascht uns alle hier etwas", gibt A-Lizenztrainer Hartz zu. Den Meistertitel in der RPS-Oberliga sicherten sich die Saarländerinnen letztlich souverän. Dementsprechend optimistisch geht der Trainer in die neue Runde: „Wir haben sehr gut trainiert, die Neuen gut integriert und in den Testspielen gute Ergebnisse abgeliefert. Wir befinden uns also auf einem guten Weg", schwärmt er von seinem Moskito-Schwarm.
Den Aufsteiger verlassen haben nur Lara Hanslik – sie geht aus beruflichen Gründen nach Bregenz – und Marie Kiefer, die als Polizistin im Schichtdienst aus zeitlichen Gründen freiwillig in die Zweite Mannschaft rückte. Neu bei den Moskitos sind Linsey Houben, Kim Lopez und Birte Brunke. Die Holländerin Houben (25) kam nach der Insolvenz der Zweitligamannschaft aus Trier und wird im Rückraum für mehr Variabilität und Erfahrung sorgen. Sie gilt auch als robuste Abwehrspielerin. Linksaußen Lopez (18) kam vom TV Birkenfeld nach Marpingen-Alsweiler. Birte Brunke (16) rückte aus der eigenen Jugendabteilung nach und bildet mit Carina Kockler das Torhüterinnen-Duo. Apropos eigener Nachwuchs: HSG-Jugendspielerin Hanna Schilke wird als künftige Jugend-Nationalspielerin ebenfalls zu Einsätzen bei den Aktiven berechtigt sein – obwohl sie erst 15 Jahre alt ist. „Sie wird mit Sicherheit das eine oder andere Spiel in der 3. Liga machen", kündigt Trainer Hartz bereits an.
Die gezielte Nachwuchsförderung der HSG trägt erste Früchte. Das Durchschnittsalter liegt bei knapp über 22 Jahren, vier der HSG-Spielerinnen besuchen das Saarbrücker Sportgymnasium am Rotenbühl. Als klassenhöchstes Frauenteam ruhen die Hoffnungen des Saar-Handballs auf den Moskitos. „Es ist natürlich absolut positiv, dass wir hier jetzt wieder eine Drittliga-Mannschaft haben. Aber die Leistungs-Spitze ist nur eine Seite der Medaille – wir brauchen vor allem die Breite im Nachwuchsbereich, in den Jugendteams", betont Hartz und erklärt: „Die Entwicklung von Spielerinnen nimmt einige Zeit in Anspruch. Nicht jede kann den Sprung aus der Jugend direkt in ein Drittliga-Team schaffen. Deshalb müssen wir das als Gesamtkonstrukt für den Saar-Handball sehen und eine Stimmung erzeugen, in der die Mädels erkennen: Wenn ich will, dann geht auch was." Im Moment handele es sich bei den saarländischen Talenten in seinem Team um „absolute Einzelfälle". Damit es in Zukunft mehr solcher „Einzelfälle" gibt, muss der Frauenhandball-Standort Saarland weiter gestärkt werden – auch von allen Vereinen. Auch um den Mädchen- und Frauenhandball im Land wiederzubeleben, ist Jürgen Hartz vor drei Jahren angetreten.
Frauen wissbegieriger und fleißiger
Am 5. Mai 1986 kam Jürgen Hartz zu seinem ersten Länderspiel. Der Rückraumspieler des späteren Bundesligisten TV Niederwürzbach brachte es bis 1994 auf insgesamt 58 Länderspiele, in denen er 157 Tore erzielte. Hartz begann im Alter von fünf Jahren beim TVN mit dem Handballspielen. Als 16-Jähriger schaffte er 1983 schon den Sprung in die erste Mannschaft des damaligen Saarligisten. Noch in der gleichen Saison stieg der Verein in die Oberliga Saar auf, und es folgte der Durchmarsch bis in die Bundesliga. In die Nationalmannschaft wurde er noch als Regionalliga-Spieler des TVN berufen. Mit seiner Vereinsmannschaft wurde Hartz zweimal Deutscher Vize-Meister und gewann 1995 den Euro-City-Cup. Nach einigen Trainerstationen bei den Männern – zuletzt bis 2016 beim TuS Dansenberg – fiel ihm der Übergang zum Frauenhandball leicht. „Die Unterschiede sind bei Weitem nicht so groß wie man das vielleicht vorher denken mag. Meine Arbeitsweise und auch der Trainingsaufbau sind eigentlich gleich geblieben", verrät er. Unterschiede gebe es lediglich in der Athletik und in der Arbeitsauffassung. „Die Frauen sind wissbegieriger und fleißiger. Sie wollen mehr üben, um eine Vorgabe wirklich zu verstehen und umsetzen zu können", erklärt Hartz und ergänzt: „Die Männer wollen einzelne Übungen immer möglichst schnell abhaken und sich der nächsten widmen, während die Frauen eher mal fragen, ob wir etwas wiederholen können. Das macht es einem Trainer schon leichter." Auch die Grundmotivation scheint bei den Handballerinnen ausgeprägter zu sein: „Die kommen ins Training und sind motiviert", verrät der 52-Jährige und schiebt lachend nach: „Wenn man bei den Männern nicht erst einmal zehn Minuten Fußball spielen lässt, kann man als Trainer einpacken."
„Einpacken" würde Hartz mit den Moskitos in der neuen Liga gerne schnellstmöglich genug Punkte, um den Klassenverbleib zu sichern. Die Stärke der gegnerischen Mannschaften einzuschätzen, fällt dem A-Lizenztrainer jedoch schwer. Statt einer Anpassung an die Stärken und Schwächen der jeweiligen Gegnerinnen lautet die Devise also, das eigene System selbstbewusst durchzuziehen: „Ich bin von dem, was wir machen, überzeugt. Ich glaube auch, dass die Mannschaft sich von meinen Vorstellungen hat überzeugen lassen. Die Ergebnisse der vorigen Saison, aber auch die Art und Weise, wie wir gespielt haben, sieht für mich schon gut aus und ist nahe an dem, was ich mir vorstelle." Die beiden Testspiele gegen Drittligisten wurden einmal mit einem Tor Vorsprung gewonnen und einmal mit einem Tor Rückstand verloren – die Augenhöhe scheint also gegeben. „In unserer Liga sind auch vier Zweitvertretungen höherklassiger Vereine angesiedelt. Da weiß man nie, was auf einen zukommt", merkt Hartz an und hofft, „dass dort in den ersten Spielen überwiegend jüngere Spielerinnen ihre Chance bekommen, sodass wir die Möglichkeit haben, gegen sie zu punkten." Mit Joline Müller und Linsey Houben gehören seinem Kader zwei gestandene Zweitliga-Spielerinnen an, darüber hinaus traut der Trainer auch drei, vier weiteren Spielerinnen durchaus zu, auf höherklassigem Niveau zu spielen.