Wasser ist die Quelle des Lebens. Das Meer dient dem Menschen allerdings auch als Rohstofflieferant: Öl, Gas sowie wertvolle Metalle werden zunehmend am Meeresgrund gefördert.
Zwei Drittel unseres Planeten sind mit Wasser bedeckt. Da war es nur eine Frage der Zeit, wann der Mensch auf der Suche nach neuen Rohstoffvorkommen auch immer weiter ins Meer vordringt. Zumal der Verbrauch an Erdgas, Erdöl und Kohle sowie an Metallen und anderen Rohstoffen stetig zunimmt und sich seit Anfang der 70er-Jahre verdoppelt hat – insbesondere aufgrund des Bevölkerungswachstums in Asien und der fortschreitenden Industrialisierung in Schwellenländern wie China oder Indien. Gerade bei Öl und Gas lässt sich der Bedarf längst nicht mehr allein mit den Vorkommen an Land decken beziehungsweise sind die Kosten für die dortige Erschließung von immer tiefer liegenden Vorkommen immens hoch geworden. Deshalb wird heute bereits rund ein Drittel des Erdöls im Meer gefördert – Tendenz steigend. Beim Gas liegt der Anteil des Offshore-Gases an der globalen Förderung inzwischen ebenfalls bei knapp 30 Prozent.
Schwimmend oder fest im Grund
Die ersten Ölbohrtürme vor der Küste entstanden bereits Ende des 19. Jahrhunderts vor der amerikanischen Westküste. Anfangs waren die Fördertürme noch über Piers mit dem Land verbunden, das Wasser war an diesen Stellen meist nur wenige Meter tief. Mittlerweile stoßen die Firmen bei der Erschließung in immer größere Tiefen vor und haben beispielsweise auch die Gewässer der Arktis fernab jeder Küste ins Visier genommen, wo große Öl- und Gasvorkommen vermutet werden. Durch das Schmelzen des arktischen Meereises infolge des Klimawandels sind diese Gebiete auf einmal zugänglich. Aber auch vor der Küste Brasiliens sowie vor Westafrika wurden in den vergangenen Jahren bedeutende Ölvorkommen in Wassertiefen von mehr als 400 Metern entdeckt. Größere neue Erdgasfelder fand man unter anderem vor der Küste Australiens und Mosambiks.
Dabei werden Öl und Gas längst nicht mehr nur mittels der bekannten Plattformen gefördert – unabhängig davon, ob diese nun schwimmen oder fest auf den Grund installiert sind. Alternativ werden zunehmend auch Anlagen verwendet, die direkt auf dem Meeresgrund abgesetzt werden. An der Oberfläche ist dann nicht mehr zu erkennen, dass darunter Öl und Gas gefördert werden. Der größte Vorteil ist aber ein anderer: Weil die Pumpen näher an der Quelle liegen, kommt man insgesamt mit weniger Fördertechnik aus. Auf der anderen Seite sind die unterseeischen Anlagen jedoch schwerer zugänglich, was ihre Wartung und die Reparatur im Schadensfall komplizierter macht.
Während Erdöl und Erdgas seit Langem als Energieträger bekannt sind, steht die Förderung von Methanhydrat noch ganz am Anfang. Erst seit Kurzem wird die Substanz ernsthaft diskutiert, die den Energiebedarf der Menschheit auf Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte decken könnte. Viele Menschen dürften überhaupt erst durch Frank Schätzings Roman „Der Schwarm" das erste Mal davon gehört haben, in dem Methanhydrat eine wichtige Rolle spielt. Insbesondere Japan und Südkorea sowie weitere asiatische Länder nehmen bei dessen Erforschung derzeit eine Vorreiterrolle ein.
Methan ist ein starkes Treibhausgas
Hydrate sind Gemische aus Wassereis und Methan – daher auch der Name Methaneis oder brennendes Eis. Sie brauchen allerdings tiefe Temperaturen und hohen Druck, um stabil zu bleiben; an der Erdoberfläche zerfallen sie sonst schnell in ihre Bestandteile Wasser und Gas. Unter Wasser lagert dagegen ein wahrer Schatz: Experten schätzen, dass im Methanhydrat weltweit mehr als doppelt so viel Kohlenstoff gebunden ist wie in allen Erdöl-, Erdgas- und Kohlevorräten zusammen. Bislang fehlt es aber noch an der passenden Fördertechnik. Zudem warnen Kritiker vor den Gefahren des Methanhydratabbaus für das weltweite Klima. Denn: Methan ist ein sehr starkes Treibhausgas – die Wirkung ist ungefähr 20-mal so groß wie bei Kohlendioxid. Es verhindert, dass die langwellige Wärmestrahlung, die von der Erde zurückgeworfen wird, wieder in den Weltraum entweicht, sodass sich die Erde immer weiter aufheizt. Das wiederum könnte dazu führen, dass das restliche Methanhydrat am Meeresboden instabil wird und ebenfalls entweicht – der Klimawandel würde sich dadurch dramatisch beschleunigen.
Mit dem zunehmenden Vordringen in immer größere Tiefen fernab der Küsten wird zudem eine weitere Frage aufgeworfen: Wem gehören die Rohstoffe auf hoher See eigentlich? Für die sogenannte ausschließliche Wirtschaftszone, auch als 200-Seemeilen-Grenze bekannt, ist die Antwort eindeutig – dort kann allein der jeweilige Staat über die natürlichen Ressourcen verfügen und dessen wirtschaftliche Nutzung steuern. Alle Gebiete jenseits dieser Grenze gelten gemäß dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) als „gemeinsames Erbe der Menschheit". Eine Förderung vor allem von Öl und Gas ist dort also nicht so ohne Weiteres möglich. Einige Länder wie etwa die USA haben das Abkommen bislang jedoch nicht unterschrieben und fühlen sich demnach auch nicht daran gebunden. Speziell für die mineralischen Rohstoffe existiert seit 1992 die Internationale Meeresbodenbehörde mit Sitz in Kingston (Jamaika). Diese vergibt die Lizenzen für den Abbau der Rohstoffe an Staaten, Firmen oder Forschungsinstitute.
Auch Deutschland erwarb 2006 eine für 15 Jahre gültige Explorationslizenz in der sogenannten Clarion-Clipperton-Zone im Pazifischen Ozean, einer besonders rohstoffreichen Region. „Erst in den vergangenen Jahren haben die zuständigen Behörden und Ministerien in Deutschland angefangen, sich stärker mit dem Thema zu beschäftigen", sagt Matthias Haeckel vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Deutschland ist demnach momentan vor allem daran gelegen, die ökologischen Folgen des Unterseetagebaus herauszufinden. International werden jedoch noch ganz andere Dinge diskutiert. So fordern etwa einige afrikanische Staaten Ausgleichszahlungen, falls durch den Tagebau am Meeresgrund die Preise für ihre an Land gewonnenen Rohstoffe sinken.
Manganknollen für Smartphones
Konkret geht es beim Unterseetagebau vor allem um Erze in Form von Manganknollen, Kobaltkrusten und Massivsulfiden. Manganknollen sind Mineralanreicherungen, die vor allem Eisen, Kupfer Nickel, Kobalt sowie das namensgebende Mangan enthalten, aber auch Zink und Lithium – alles Metalle, die zum Beispiel für den Bau von Smartphones, Tablets oder anderen elektronischen Geräten benötigt werden. Die Knollen entstehen, indem sich im Meerwasser gelöste Metallverbindungen an einem Muschelsplitter, Haifischzahn oder einem anderen Keim ablagern und dann um diesen herum wachsen. Sie liegen quer über den Meeresboden verstreut. Dagegen bilden sich Kobaltkrusten ausschließlich an den Flanken unterseeischer Gebirgszüge durch die Ablagerung der im Wasser gelösten Mineralien. Die Krusten enthalten ebenfalls Mangan, Eisen, Kobalt und Nickel sowie darüber hinaus Platin und weitere der sogenannten Seltenen Erden.
Genau wie bei den Manganknollen liegen die bedeutendsten Vorkommen auch hier im Pazifik. Laut „World Ocean Review" aus dem Jahr 2014 liegt der Kobaltgehalt dort um das Vier- bis Sechsfache über den weltweiten Lagerstätten an Land. Massivsulfide wiederum kommen überall dort vor, wo tektonische Platten aufeinandertreffen. Sie entstehen an Hydrothermalquellen, an denen mit Mineralien angereichertes heißes Wasser aus dem Untergrund ins Meer strömt. Dort kühlt es sich ab und die gelösten Metalle – vor allem Kupfer und Zink, aber auch Gold und Silber – fallen als Niederschlag zu Boden und lagern sich am Meeresgrund ab. Gerade die Konzentration von Gold und Silber fällt dabei zum Teil deutlich höher aus als in den Lagerstätten an Land: Beim Gold liegt sie laut „World Ocean Review" etwa dreimal so hoch. Beim Silber ist der Gehalt in Spitzenwerten sogar vier- bis sechsmal so hoch.