Der IG Metall im Saarland ist klar, dass Klimaschutz eine entscheidende Rolle für die Zukunft spielt. Timo Ahr, Jahrgang 1993, ist Industriekaufmann bei der Saarstahl AG. Für ihn ist das Thema Alltag im Stahlkonzern.
Herr Ahr, welche Rolle spielt das Thema Klimaschutz in einer Industriegewerkschaft wie der IG Metall?
Auf jeden Fall eine große Rolle. Die Gewerkschaft hat ja auch eine große sozial- und gesellschaftspolitische Verantwortung gegenüber ihren Mitgliedern und der Gesellschaft. Deswegen ist Klimaschutz natürlich auch in unserer Satzung und unseren täglichen Aktivitäten fest verankert.
Schon 2016 haben wir die Debatte um die Zukunft von Stahl geführt, bei der es natürlich auch um globalen Klimaschutz ging. Unser Ziel ist, dass man jetzt nicht nur in Europa solche Klimaschutzabkommen umsetzt, sondern global.
Wir von der IG Metall setzen uns täglich mit Klimaschutz auseinander und mit der Frage, wie man diese ganzen Herausforderungen gestalten kann. Da gibt es auch ganz viele Experten vom Fach, die sich mit den technologischen Rahmenbedingungen auskennen und tagtäglich damit beschäftigen. Für uns ist es wichtig zu sagen, wenn man etwas wie Dekarbonisierung diskutiert, wenn man fordert, dass man bestimmte CO₂-Ziele erreichen will, dass wir das nicht nur im Saarland, in Deutschland oder in Europa machen, sondern weltweit. Dabei spielen viele Aspekte eine Rolle. Für die IG Metall natürlich auch das Thema, wie der Klimawandel sozialverträglich gestaltet werden kann.
Wie kann man den Klimawandel im Saarland sozialverträglich gestalten? Sich also für den Klimawandel einsetzen und an der Industrie, wie zum Beispiel Saarstahl, festhalten?
Da spielt die zeitliche Planung eine große Rolle. Wir haben ja schon viele Millionen Euro in Klimaschutz investiert. Wir haben bei Saarstahl und Dillinger eigene Abteilungen, die sich mit Umweltschutz beschäftigen und wir haben eine Abteilung, die sich mit Energie und Medien, also quasi der ganzen Gas-, Wasser- und Stromversorgung auseinandersetzt. Da haben wir schon viel gemacht und das wollen wir auch weiterhin tun. Es wäre natürlich schön, wenn wir von der Politik mehr Unterstützung bekämen und die Zeitspanne auch realistisch ist, wir also genug Zeit haben, um Forschung zu betreiben und an der Prozessoptimierung zu arbeiten, so dass wir weitere CO₂-Einsparungen umsetzen können.
Gibt es auch Gegenstimmen in den Gewerkschaften und in den Betrieben zum Thema Klimaschutz, gerade in Bezug auf die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes?
Man hat ja gesehen, das Fridays for Future und die ganze Klimaszene sehr schnell gewachsen ist. Das finden die IG Metall und ihre Jugendorganisation auch sehr gut. Das junge Leute sich für Politik engagieren, ist ja auch das, was wir mit unserer Bildungsarbeit bei der IG Metall erreichen wollen. Es ist, glaube ich, aber auch sehr wichtig, dass man sachlich diskutiert. Jemand der aus der Klimabewegung kommt, muss sich natürlich auch mal anhören, dass es da noch eine andere Seite und weitere Faktoren beim Thema Klimaschutz gibt. Deswegen hat die Kommunikationsabteilung der Stahl-Holding-Saar, kurz SHS, auch Debatten mit Mitgliedern von Fridays for Future geführt. Zusätzlich haben wir auch Betriebsräte, die das Gespräch mit Fridays for Future suchen. Dieser Dialog ist unwahrscheinlich wichtig, damit man am Ende ein Ergebnis erzielt, das beide Seiten befriedigt. Jörg Hofmann, der erste Vorsitzende der IG Metall hat neulich erst noch mal bekräftigt, dass wir Klimaschutz unterstützen und auch aktiv gestalten.
Klar ist aber auch, dass manche Leute Angst haben, wenn radikale Forderungen geäußert werden. Es herrscht auch etwas Unverständnis, wenn Fridays for Future die Aussage trifft, wir müssen halt mal anfangen und als gutes Vorbild vorangehen. Die Mitarbeiter hier in der Stahlindustrie wissen, dass wir das schon seit Jahrzehnten tun, wir investieren in die Umwelt, selbst, wenn andere das nicht tun. Dadurch fehlt dann auch ab und an ein wenig das Verständnis für diese Bewegung, glaube ich. Aber wir als IG Metall gehen damit offen um und versuchen den Dialog zu führen, was bisher auch ganz gut geklappt hat. Bei gemeinsamen Veranstaltungen haben wir schon gemerkt: Eigentlich gibt es gar nicht so viele Unterschiede, was die Ziele betrifft. Nur der Weg zum Ziel, da gibt es noch Unterschiede.
Wenn man über Klimaschutz redet, dann geht es ja nicht nur um die Wirtschaft, sondern auch um die Frage: Was können wir als Einzelne tun? Kann man ein Umdenken in Umweltthemen feststellen, etwa dass zunehmend mehr Angestellte mit dem ÖPNV oder dem Fahrrad zum Betrieb fahren?
Ich weiß nicht, ob sich da etwas seit der derzeitigen Debatte verändert hat. Was man bei uns in Völklingen natürlich feststellen kann, ist, dass viele Mitarbeiter den Bahnhof nutzen. In Dillingen ist das ähnlich, auch wenn da der Weg vom Bahnhof noch etwas weiter ist. Aber das liegt ja nicht nur an jedem Einzelnen, sondern auch an der Frage, wie der ÖPNV im Saarland, grade im ländlichen Raum, ausgebaut ist.
Wir versuchen schon immer, wenn wir irgendwo Versammlungen haben, Shuttlebusse zu organisieren, damit nicht jeder mit seinem eigenen Auto hin- und herfahren muss. Wir haben in diesem Jahr auch wieder versucht bei dem Thema Klimaschutz direkt bei den Auszubildenden anzusetzen. Auch in der Zukunft wollen wir noch mehr in die Richtung Klima und Umwelt in der Ausbildung unternehmen. Da geht es dann natürlich auch um allgemeine Themen, wie den Wasserhahn zuzudrehen und das Licht auszuschalten, damit Wasser und Strom gespart werden. Außerdem wollen wir es fördern, sich im Betrieb zu fragen, was wir denn noch besser machen können, um energieeffizienter zu arbeiten? Das passiert alles. Grundsätzlich gibt es aber, gerade bei den Jüngeren, schon ein Umdenken, denke ich.
Gibt es noch weitere Forderungen und laufende Projekte im Bereich Klimaschutz, an denen gerade gearbeitet wird?
Uns ist zurzeit vor allem wichtig, dass der Betriebsrat gemeinsam mit der Gewerkschaft dafür kämpft, dass in Berlin und Brüssel jetzt gemeinsam an umfassenden Gesetzesentwürfen gearbeitet wird. Das hängt zurzeit alles etwas in der Luft. Es wird oft von Politikern gesagt, dass man sich für das Klima einsetzt, aber am Ende passiert dann nichts. Wir kämpfen seit 2016 dafür, dass jetzt endlich mal etwas zu Papier gebracht wird, im besten Fall auch mit der Unterschrift eines EU-Kommissars darunter, aber da kommt momentan nichts. Am Ende zählt schließlich nur, was politisch beschlossen wird.
Es ist sehr wichtig, dass wir alle, also auch die ganze Belegschaft, sich weiterhin beteiligt und am Ball bleibt. Es spielt nämlich eine ganz entscheidende Rolle, was man ja jetzt auch bei Fridays for Future sieht, je mehr Leute sich für die eine Sache engagieren, umso mehr sprechen da auch Politiker und die Medien darüber. Deshalb müssen wir weiterhin für unsere Arbeitsplätze und für einen fairen und globalen Klimaschutz kämpfen.