Ein gepflegter Internet-auftritt, Werbung vor Ort und Pressemitteilungen reichen längst nicht mehr, um im Kampf um die Gunst des Wählers zu bestehen. Ohne Facebook, Instagram, Twitter und andere geht nichts mehr. Auch nicht bei den Saar-Parteien.
Von den knapp 83 Millionen Einwohnern in Deutschland benutzt mehr als ein Drittel, nämlich 32 Millionen, mindestens einmal im Monat Facebook, davon 23 Millionen sogar täglich. Auch wenn andere Netzwerke wie Linked In oder Twitter nicht mit derselben Häufigkeit besucht werden oder über annähernd so viele Benutzerkonten verfügen, zeigt sich: Social Media hat eine enorme Relevanz für Werbetreibende. Klar also, dass neben Unternehmen auch Parteien diese neuen Plattformen für sich entdecken, um für die eigenen Inhalte und Personen Werbung zu machen. Gerade bei den letzten Wahlen hat der Onlinewahlkampf eine zunehmend wichtige Rolle für die Parteien gespielt. Die aktivste Partei ist dabei die Alternative für Deutschland (AfD), die, nach Forschungen des amerikanischen Medienwissenschaftlers Trevor Davis, auf ihren 1.500 Facebook-Seiten nicht nur die meisten Beiträge erstellt hat. Auch die Beiträge der Partei wurden am häufigsten geteilt. Nicht nur Kommunal-, Landes- oder Bundestagswahlen, auch interne Entscheidungsprozesse spielen sich bei den Parteien mehr und mehr im Internet ab. So konnte man bei der SPD auf Bundesebene vor Kurzem auf Facebook live miterleben, wer es im Wettstreit um die Parteiführung eine Runde weiter geschafft hat. Die Bundes-CDU versuchte sich am 14. Oktober mit einem eigenen Interview zwischen Angela Merkel und Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus, veröffentlicht wurde es auf Youtube. Ein weiteres aktuelles Projekt ist der Vorstoß der CSU, mit dem Format „CSYOU" selbst Nachrichten im Internet zu verbreiten und dabei besonders junge Bürgerinnen und Bürger ansprechen zu wollen.
Interaktion mit den Bürgern schaffen
Auf Landesebene gab es im Saarland noch keine vergleichbaren digitalen Projekte, aber auch hier spielt Social Media eine immer bedeutendere Rolle. Mit ein Vorreiter ist die FDP, die neben Facebook auch noch auf Instagram, Twitter und Youtube vertreten ist. „Social Media macht mittlerweile mehr als die Hälfte der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aus, wobei die konventionellen Kanäle auch immer noch wichtig sind", sagt dazu Christoph Kleinz, Landesgeschäftsführer der FDP Saar. Auf welchen Netzwerken sie aktiv sind, hängt bei ihnen davon ab, wie geeignet sie dafür sind, mit möglichst vielen Nutzern in Interaktion zu treten und mit ihnen über die Inhalte der Partei zu diskutieren. „Es geht auch nicht darum, einfach auf jeder Plattform einen Account zu haben, sondern diese mit entsprechendem Content zu bespielen und in die Interaktion mit den Menschen zu kommen. Dazu eignet sich nicht jede Plattform", so Christoph Kleinz weiter. Obwohl die Partei per Social Media mittlerweile so aktiv ist, ist es ihr aber wichtig, weiterhin auch mit den Menschen vor Ort zu sprechen. Kleinz: „Der persönliche Kontakt darf dabei nicht wegfallen, Social Media ist immer nur eine Ergänzung."
Zielgerichtete Kommunikation nach Kanal oder anzusprechender Gruppe steht für die CDU Saar im Vordergrund ihrer digitalen Öffentlichkeitsarbeit. Zusätzlich spielt die Auseinandersetzung mit den Anregungen und dem Feedback, das die Christdemokraten im Netz erhalten, eine wichtige Rolle. „Neben der reinen Information sind die neuen Medien für uns auch wichtig, um Impulse und Reaktionen aufzunehmen, die wir in unsere Arbeit einfließen lassen können", meint Pressesprecher Manuel Kerber. „Im Rahmen des Machbaren führen wir auch den Dialog und versuchen, alle ernstgemeinten Fragen zu beantworten." Wie die Freien Demokraten sind auch die Christdemokraten auf Facebook, Instagram, Twitter und Youtube unterwegs und setzen zusätzlich auf ein breites Netz an Kanälen von Politikern oder Untergliederungen der Partei.
Die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen versuchen, über ihre Kanäle auf Facebook, Instagram und Twitter auf der einen Seite Bürgerinnen und Bürger anzusprechen. Andererseits möchten sie aber auch mit den Parteifreunden in Kontakt treten. Gern würde man auch mehr in den Dialog mit den Seitenbesuchern treten. Jedoch stellt die Partei fest, dass nur eine sehr begrenzte Zahl von Nutzern über Kommentare in Kontakt tritt. Wichtiger als auf jeder Plattform vertreten zu sein ist für die Grünen aber das Gesamtkonzept der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. „Diese Plattformen müssen in eine Kommunikationsstrategie ebenso eingebettet sein wie Presseveröffentlichungen, inhaltliche Veranstaltungen oder auch der direkte Kontakt zum Wähler an Infoständen auf der Straßen und Plätzen", sagt Landesgeschäftsführer Thomas Tressel.
Hetze und Fake News als Gefahr
Bei der Partei Die Linke ist man da etwas zurückhaltender. Neben Facebook verwendet die Partei keine andere Plattform. Während es im Bundestagswahlkampf noch darum ging, im Internet den Dialog mit möglichen Wählern zu suchen, geht es heute primär um die Darstellung der eigenen Idee für ein möglichst großes Publikum. Das liegt auch daran, dass Kommunikation über solche Kanäle sehr zeitintensiv ist. „Ein Dialog ist schwierig, da dies personell umgesetzt werden müsste", meint Thomas Lutze, Landesvorsitzender der Partei. Trotzdem spielt die Nutzung von Facebook auch hier eine zentrale Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit, auch wenn sie nicht nur positiv gesehen wird. „Zum einen sind die Kosten fast gleich null, zum anderen ist die Wirksamkeit, die Nachhaltigkeit, auch sehr gering, da das Medium Facebook sehr kurzlebig ist", so der Landesvorsitzende weiter.
Die SPD setzt im Netz auf ein Zusammenspiel von Social Media und der eigentlichen Webseite: Zugespitzte Botschaften werden so auf den Kanälen der Partei geteilt und durch zusätzliche Informationen auf der Internetpräsenz ergänzt. Außerdem wird auf eine rege Beteiligung der einzelnen Unterbezirke und von Personen gesetzt. Etwa bei Anke Rehlinger, die als Landesvorsitzende mit ihrer eigenen Seite auf Facebook mit 16.804 mehr als doppelt so viele Likes hat wie die Seite des Landesverbandes. Von der klassischen Pressearbeit möchte man sich aber auch bei der SPD nicht trennen. „Facebook ist aber eher ein Medium für den Dialog mit der allgemeinen Öffentlichkeit. Und zwar nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu dem, was Journalisten und Journalistinnen der klassischen Medien transportieren", sagt dazu Wolfgang Kerkhoff, Pressesprecher der SPD Saar. Die Partei ist mit der Fraktion im Landtag auf Facebook, Instagram und Twitter vertreten.
Ein Problem, das alle Parteien sehen, ist die zunehmende Hetze und Desinformation auf den Social-Media-Plattformen, die sich auch nur schwer bekämpfen lassen. „Wir haben klare Regeln aufgestellt. Beispielsweise werden rassistische, fremdenfeindliche, sexistische, verleumderische oder beleidigende Inhalte von uns gelöscht, die Userin oder der User werden von uns gesperrt und bei Facebook gemeldet", erklärt Thomas Tressel von den Grünen den Ansatz seiner Partei. Für die SPD resultiert daraus der Auftrag, dass die demokratischen Akteure sich diesem Phänomen gemeinsam entgegenstellen müssen.