Schauspieler Hannes Jaenicke engagiert sich seit Jahren für Umweltschutz und Klimarettung. Sein gemeinsam mit Biologin Ina Knobloch verfasstes Buch „Aufschrei der Meere" ist ein Weckruf.
Freibeuter der Meere" hieß in den 70er-Jahren ein legendärer Piratenfilm mit Terence Hill und Bud Spencer. Auf den aktuellen Zustand der Ozeane und uns bezogen müsste es vielmehr „Ausbeuter der Meere" heißen. Wir vermüllen und vergiften die See, ohne mit der Wimper zu zucken. Nur wenige machen sich einen Kopf um den Umgang mit Wasser. Kreuzfahrtschiffe verpesten die Ozeane, Fischkonsum und Plastikabfall steigen stetig.
Schauspieler Hannes Jaenicke prangert Wasserverschmutzung und Überfischung seit über 30 Jahren an. Sein Buch „Aufschrei der Meere", das er zusammen mit der Biologin Dr. Ina Knobloch schrieb, ist ein eindringlicher Appell, umzuschalten. Wenn das nicht gelinge, würden wir auf eine Katastrophe zusteuern. „Sterben die Meere, stirbt auch der Mensch", so die Mahnung des Schauspielers. Wie wir dabei sind, uns quasi selbst abzuschaffen, machen beide Autoren Punkt für Punkt am Beispiel unserer Ozeane deutlich.
Wale und Delfine würden durch Plastikmüll sterben und der Klimawandel Korallenriffe vernichten. Pestizide vergiften zudem die Gewässer. Über die Nahrungskette, auch durch den Verzehr von Fisch, gelange Plastik in unsere Körper. Jeder verspeise im Jahr Plastik in der Menge einer Kreditkarte, verweisen die Autoren auf eine Studie der World Wide Fund For Nature (WWF), eine der größten internationalen Natur- und Umweltschutzorganisationen. Jaenickes und Knoblochs Fazit: „Es ist nie zu spät, etwas zu tun – für niemanden von uns." Guten Vorsätzen müssten allerdings Taten folgen. Im Buch zeigen beide Autoren, wie das gelingen kann. Gleichzeitig berichten die Umweltschützer, was sie antreibt, sich unermüdlich für unsere Weltmeere einzusetzen.
Hannes Jaenicke („Tatort", „Männertag") erklärt, wie ein Umschalten gelingen kann. „Jeder kann etwas beitragen – beispielsweise durch Verzicht auf Plastik, das im Meer landet und Fische tötet. Fischkonsum zu reduzieren, ist ebenfalls ein Leichtes. Wenn man Fisch essen möchte, dann möglichst Arten, die nicht schon hoffnungslos überfischt sind." Auf Zuchtlachs sollte man nach Ansicht des Mimen komplett verzichten. Co-Autorin Ina Knobloch empfiehlt, keine Produkte mit Mikroplastik (etwa in Kosmetik) zu verwenden. „Aufschrei der Meere" enthält neben aufrüttelnden Reportagen und Bildern auch 99 Tipps für konkreten Meeresschutz. Die Hälfte richtet sich an Verbraucher, die andere Hälfte an die Politik.
„Es ist nie zu spät, etwas zu tun"
„Unser überkommenes, altes Wirtschaftsmodell ist für mich das größte Übel, denn es betrachtet grenzenloses Wirtschaftswachstum als Heilsbringer", moniert Jaenicke. Eine CO²-Steuer, die sauberes und nachhaltiges Produzieren und Konsumieren belohnt, könne Profitgier bändigen. Ina Knobloch wird noch deutlicher: „Die Politik muss sich gründlich ändern, entschlacken, die Lobbyisten rauswerfen und für diese Probleme auch Ökologen als Berater heranziehen und nicht nur profitgierige Berater. Sonst ist das ein Teufelskreis, wie der Ablasshandel der Kirche im Mittelalter", so die 56-Jährige.
Beide Autoren verbindet aber nicht nur ihr Umweltengagement. Beide lieben den bayerischen Ammersee, erklären sie etwas unvermittelt. Hannes Jaenicke wohnt bis heute in einem Dorf in der Nähe des Gewässers. Ina Knobloch, die bereits über 100 Dokus und Fernsehbeiträge realisierte (unter anderem „Die Meeresschützer" im ZDF), verbrachte dort den eigenen Worten nach ihre halbe Kindheit. Als aktuelle Wohnsitze gibt sie Frankfurt am Main und Costa Rica an. Von Berlin und Brandenburg haben beide schon einiges gesehen. „Ich bin des Öfteren auf dem Berliner Wannsee sowie auf dem Scharmützelsee und Werbellinsee im Märkischen gesegelt", erklärt der Darsteller und Buchautor („Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche"). „Wenn ich in Berlin zu tun habe, wohne ich meistens in Charlottenburg, weil dort die meisten meiner Freunde leben." Ina Knobloch zählt Berlin-Mitte zu ihren Lieblingsorten in der Bundeshauptstadt.
Dass Hannes Jaenicke auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft hat, dürften nur wenige wissen. 1960 in Frankfurt am Main geboren, zogen seine Eltern mit ihm in die Vereinigten Staaten, weil der Vater, ein Biochemiker, einen Forschungsauftrag an der Universität Pittsburgh (Pennsylvania) annahm. 1969 kehrte die Familie nach Deutschland zurück.
Dem Mann, der mehrere Jahre mit Schauspielerin Tina Bordihn liiert war, Privates zu entlocken, ist nicht einfach. Da kehrt er lieber zu seiner Mission, dem Umweltschutz, zurück. Hannes Jaenicke erzürnt sich etwa über Coca-Cola. Der Konzern produziert laut Jaenickes und Knoblochs Buch 200.000 Plastikflaschen pro Minute – „ohne sich um die Folgen für die Umwelt zu kümmern". Nestlé verdiene Milliarden mit Nespresso-Kapseln und in Einwegplastik verpacktem Junkfood. „Die ehemalige Weinkönigin und derzeitige Agrarministerin Julia Klöckner lässt sich grinsend als Werbepüppchen vor den Nestlé-Karren spannen", heißt es in „Aufschrei der Meere".
Delfinarien und Zirkusse sind ein rotes Tuch
Warum es Ruanda schon 2009 schaffte, Plastiktüten zu verbieten und Deutschland bis heute nicht, sei ihm ebenso ein Rätsel. „Auch Bangladesch und Marokko haben die Plastiktüte abgeschafft, und in Costa Rica gibt es Plastikbecher nur noch aus kompostierbarem Material. Warum wird Einwegplastik nicht entweder verboten oder so hoch besteuert, dass es sich für die Verpackungs- und Konsumgüterindustrie nicht mehr rechnet? Warum verbieten andere Länder wie Dänemark primäres Mikroplastik in Kosmetikprodukten und wir nicht? Warum haben diese Konzerne in Deutschland scheinbar eine größere Macht als in Dänemark?", fragt Jaenicke im Buch.
Dahinter vermutet er die Verpackungsindustrie, große Discounter, die Lebensmittelindustrie sowie internationale Multis. Coca-Cola sponsere seinen Recherchen nach „besonders gern und großzügig Zusammenkünfte und Veranstaltungen der EU und unserer Regierung". Jeder sollte sich seinen Reim darauf machen, so der 59-Jährige.
Aufregen kann sich der Mime aber auch über Zirkusse und Delfinarien, in denen Tiere seiner Ansicht nach nicht artgerecht gehalten werden. Warum Millionen zahlender Besucher diese Freizeitstätten überhaupt erst möglich machen, begreife er nicht. Hannes Jaenicke spricht von missverstandener Tierliebe. Auch im Buch redet beziehungsweise schreibt er Klartext: „Warum schafft es ein hochentwickeltes Land wie Deutschland nicht, Delfinarien zu verbieten oder endlich ein Wildtier-Verbot für Zirkusse zu erlassen? Deutsche bezeichnen sich als ausgesprochen tierlieb, sorgen aber im Nürnberger Zoo, in Duisburg, im Loro Parque, in türkischen und spanischen Delfinarien für volle Ränge und Kassen. Und machen den Circus Krone mit seinen Raubkatzen, Elefanten und Wildtieren zu Europas größtem Zirkus. So weit kann es mit der Tierliebe nicht her sein."
Auch an Delfintouren und -exkursionen, etwa in Ägypten, lässt der Umweltaktivist und Tierfilmer im Buch kein gutes Haar. Auch hier handele es sich um nichts anderes als „pervertierte Tierliebe".
Doch es gebe noch Hoffnung. Als erster Konzern bewerbe beispielsweise das Reiseunternehmen FTI in Ägypten keine Delfin-Touren mehr. Für Hannes Jaenicke ist das ein kleiner Fortschritt.
Publikationen sorgen für Aufsehen
Schon seit Jahrzehnten sorgt er mit diversen Publikationen für Aufsehen. Seine Bücher „Wut allein reicht nicht" (2010) sowie „Die große Volksverarsche" (2013) schafften es auf die Spiegel-Bestsellerlisten. Für sein Engagement erhielt der Wahl-Bayer zahlreiche Preise. In der ZDF-Doku-Reihe „Hannes Jaenicke: Im Einsatz für …" setzt er sich gegen Artensterben und Umweltzerstörung ein. 2018 erhielt Jaenicke den Hans-Carl-von-Carlowitz-Nachhaltigkeitspreis.
Buch-Co-Autorin Ina Knobloch gründete bereits 1989 den Tropenschutzverein Tropicaverde und widmet sich seitdem Naturschutz und Filmarbeit. Darüber hinaus schreibt sie Romane und Sachbücher. 2018 erhielt sie für „Die Akte Oppenheimer" den Hessischen Filmpreis.
Zum Schluss geht es noch mal um Meeresschildkröten, Seepferdchen und Haie, die unter der vom Menschen verursachten Verseuchung der Meere leiden und bei einigen Arten vom Aussterben bedroht sind. Hannes Jaenickes eindringlicher Aufruf: „Rettet die Meere – jetzt!"