Facebook und Instagram sind aus der Politik nicht mehr wegzudenken. Auch nicht aus der Kommunalpolitik, wie der Ottweiler Bürgermeister Holger Schäfer aus eigener Erfahrung berichtet.
Zwar ist Holger Schäfer Bürgermeister der saarländischen Stadt Ottweiler und Mitglied der CDU. Im Gespräch mit FORUM betont er jedoch, dass er sich selbst nicht als Politiker betrachte und als Bürgermeister zur Amtsneutralität verpflichtet sei. Er habe zwar mit jeder Menge politischen Themen zu tun. Wie sich seine Partei organisiert und welche Parteiarbeit sie unter anderem auch auf Facebook leistet, gehöre jedoch nicht zu seinem Job. Daher führt er seinen Facebook-Account auch nicht als Bürgermeister von Ottweiler, sondern als Privatperson Holger Schäfer. Und er ist täglich auf Facebook und Instagram aktiv.
Blickt man auf seine Accounts, fällt auf: Er postet alles Mögliche. Von Informationen über sein Leben und seines Tagesablaufs, seinem Sport bis hin zu Konferenzen oder Gästen, die Ottweiler besuchen. Parteiarbeit mache er über Social Media aber selten, fügt er hinzu. Wichtig sind dem Bürgermeister die sozialen Medien vor allem „wegen des Informationsbedarfs" der Bürger. Er tut es aus gutem Willen und weil man so relativ einfach auf sie zukommen kann. „Ich bin eben nur ein gewählter Bürgermeister. Die Leute sollen die Gewissheit haben, dass sie nah an mir dran sind und relativ schnell mit mir in Verbindung treten können." Jedoch betont er, dass man die Menschen dahingehend auch erziehen müsse. „Also ich bin nicht der Bürgermeister, der nachts um ein Uhr auf irgendeinen Beitrag reagiert. Ganz anders sieht das aus, wenn mich jemand so kontaktiert und es einen Notfall gibt. Selbstverständlich bin ich dann für die Leute da, aber dann muss man abwägen, um was es geht", erklärt Holger Schäfer. Grundsätzlich, sagt er, bekomme bei ihm jeder, der ihm eine Nachricht sendet, auch eine Antwort.
„Mache nichts, was anderen schadet"
Social Media ist für Holger Schäfer ein guter Weg, schnell einfache Fragen zu beantworten, die er über diesen Weg auch von der Verwaltung fernhalten kann. Er verweist jedoch auch immer wieder darauf, dass er in komplexen Fragen seine Mitarbeiter in der Verwaltung brauche und der Kontaktweg über E-Mail dann wesentlich sinnvoller sei. „Es geht ja nur, weil man mich persönlich kontaktiert, nicht zwingend schneller", erklärt er. „Sobald es komplex wird, kann man Social Media vergessen. Da fehlen dann auch einfach Mimik und Gestik." Holger Schäfer empfindet es so, dass er durch Social Media wesentlich näher an Bürgerinnen und Bürgern dran ist und zwischen Amtsinhaber und Informationsbüro so ziemlich alles sei. „Es ist einfach meine Art, mit den Menschen umzugehen. Aber dann muss man auch akzeptieren, wenn man als Bürgermeister in den sozialen Medien mal nicht erreichbar sein kann, will oder es einfach nicht ist", betont Holger Schäfer. Für ihn schwinge bei dem Begriff Social Media immer auch die Tatsache mit, ständig erreichbar sein zu müssen.
„Man muss heutzutage als politische Partei oder politischer Amtsträger Social Media nutzen, um überhaupt noch bei den Gewinnern zu sein", erklärt das CDU-Mitglied. „Social Media im Wahlkampf hat eine Wahnsinns-Rolle. Sowohl mit einfachsten Textbeiträgen, Fotos oder Videos. Ich selbst habe auch zwei Videos im Wahlkampf benutzt, um mich selbst darzustellen." Allerdings bergen soziale Medien seiner Meinung nach auch jede Menge Gefahren. Holger Schäfer: „Social Media hat wahnsinnig viel Kraft, Massen zu bewegen. Und wenn man Massen falsch informiert, geht das natürlich in die negative Richtung. Aber wenn man Massen sachlich mit Wahrheit informiert, dann ist es für eine Demokratie ein relativ gutes Mittel." Hierfür sei es von großer Bedeutung, die Quelle seiner Information zu kennen und auch einschätzen zu können, ob diese vertrauenswürdig sei.
Das Problem sei jedoch, dass sich viele nur temporär für Politik interessieren, meistens kurz vor einer anstehenden Wahl. Dann ginge es vor allem darum, möglichst schnell viele Informationen zu bekommen, weshalb dann auch verstärkt Beiträge aus sozialen Medien hinzugezogen würden. Nach der Wahl sinke die Zahl dann jedoch wieder ab, was sich bei den Leserzahlen der Beiträge bestätige. „Politische Information ist sicherlich wichtig. Die Frage ist, wie oft man sie sendet. Ich bin der Meinung, dass nicht jeder Mensch täglich, wöchentlich oder monatlich einen Post einer Partei sehen will." Holger Schäfer selbst hat in den sozialen Medien vor allem große Presse-Blätter abonniert und bezieht daraus seine Informationen. Einen Beitrag mit einer Schlagzeile, die er keiner Quelle zuordnen könne, beginne er jedoch gar nicht erst zu lesen, erklärt er.
Mit Blick auf die Zukunft stellt sich auch ihm die Frage, wie soziale Medien weiterhin unser Leben und die Politik verändern werden. Hier ist der Bürgermeister der Meinung, dass elektronische Medien mit Sicherheit immer mehr Einzug in unser Leben halten werden und früher oder später die klassischen Print-medien verdrängen. „Die Frage ist, ob wir das irgendwie auf den Weg bringen können, das Problem mit den Quellen und auch der Sicherheit in den Griff zu bekommen", erklärt er. „Also auf Social Media wirklich vertrauenswürdige Quellen anzubieten, um sich eine Meinung zu bilden. Wenn das gewährleistet ist, dann kann von mir aus in Zukunft auch alles über Social Media laufen", erläutert er. Allerdings spricht er ebenfalls die Problematik an, dass der Zugriff dann auch für Menschen geeignet sein muss, die unter 18 Jahre alt sind. Grundsätzlich sei es ein Problem, dass auch Social Media nicht barrierefrei sei. Bevölkerungsgruppen wie Senioren und beeinträchtigte Personen mit beispielsweise einer Sehbehinderung hätten nur begrenzten Zugriff auf diese. „Wenn dann wirklich allen Menschen der Zugriff gewährleistet wäre, dann wäre das meiner Meinung nach schon stark zukunftsfähig", fügt Holger Schäfer hinzu.
Social Media ist nicht barrierefrei
Trotz allem sei Social Media „Chance und Risiko zugleich". Alles, was Extremismus angeht, sei aus Holger Schäfers persönlicher Sicht schlecht. Dabei ist für ihn gleichwertig, ob es um religiösen oder politischen Extremismus geht. Social Media stelle natürlich gerade für rechtsextreme Gruppierungen eine Art der Kommunikation dar, die vielen Menschen hinreichend Möglichkeit zur „falschen" Kommunikation biete. Hier lägen eindeutige Gefahren.
Daher betrachtet es der Bürgermeister auch als sehr wichtig, Aufklärung für den Konsumenten zu leisten. „Die Aufklärung beginnt im Elternhaus, so wie meiner Meinung nach alles im Elternhaus beginnt, was mit Erziehung zu tun hat. Dann geht es weiter in der Schule und später auch im Beruf", erklärt Holger Schäfer.
Trotzdem trage auch die Politik eine gewisse Mitverantwortung bei der Aufklärung um Social Media, genauso wie der Konsument selbst. Die Politik könne hierbei jedoch nur Rahmenbedingungen schaffen, da sie selbst keinen Erziehungsauftrag habe.
Bei der Frage nach seiner Risikobereitschaft in den sozialen Medien gibt der Bürgermeister ein klares Statement ab: „Ich mache nichts, was einem anderen irgendwie schadet. Ich bringe mich also nicht medial in einen Vorteil, aber ich wehre mich." Er selbst empfinde es als extrem ungerecht, wenn die Presse Sachverhalte verdreht darstelle oder Dinge behaupte, die ihm schaden. „Ich nehme da kein Blatt vor den Mund, und dazu nutze ich auch die Medien", fügt er hinzu.
Mit seinen Bürgern über Facebook-Profile zu sprechen sei zwar nichts Amtliches, jedoch gebe er sich Mühe, ihrem Bedürfnis nach Information nachzukommen. Der Bürgermeister von Ottweiler will über seine Arbeit schreiben, sein Leben und dabei wahrheitsgetreue Informationen übermitteln – soweit es seine Zeit erlaube. Und die Reaktionen? Grundsätzlich sehr positiv, sagt er. Deshalb freut sich Holger Schäfer auch über eine höflich gestellte Freundschaftsanfrage. Selbst wenn diese nur über den Facebook-Messenger erfolgt.