Welche Möglichkeiten habe ich eigentlich, mich mal nach Herzenslust als Krösus zu fühlen? Klar, ich kann mir einen Lottoschein kaufen – diese „Baugenehmigung für Luftschlösser". Oder ich lege mir ein Monopoly-Spiel zu.
Natürlich ist es nur Spielgeld. Natürlich ändert es nichts an meinem realen Kontostand. Aber wer ein paarmal Monopoly gespielt hat, der kennt den Moment, wenn es anfängt zu kippen. Das ist oft der Moment, in dem man das erste Hotel baut und ein Mitspieler zum zweiten Mal darauf landet. Ein untrügliches Zeichen, dass jemand eine Partie verliert ist hingegen, wenn er anfängt, seine Häuser abzubauen und Straßen mit Hypotheken zu belegen, um sich noch über Wasser zu halten.
Woher ich das alles weiß? Ich hatte im Studium einen Mitbewohner. Mit Tom habe ich nächtelang durchexerziert, was das Spiel hergibt. Im realen Leben ist Tom ein geliehener Zehner so recht wie ein eigener. Eine Zeit lang zog Tom ständig um, meldete sich weder an noch ab, damit die Kreditkartengesellschaften, denen er eine Menge Geld schuldete, ihn nicht finden würden. Sein Bafög hielt stets nur wenige Tage. Ausgehen konnte man mit Tom immer nur am ersten Wochenende eines Monats, danach war er pleite. Wider alle Vernunft lieh ich Tom am Ende seines Studiums Geld. Er hatte gerade mal noch Geld für Nudeln, und ich dachte, wer gerade sein Studium abschließt, sollte wenigstens gut essen.
Ohne Moos nix los – nicht nur im Spiel
Was das eine mit dem anderen zu tun hat? Tom glaubte, im richtigen Leben gehe es in finanziellen Fragen zu wie im Monopoly-Spiel. Nichts könnte falscher sein. Im echten Leben kriegt nämlich nicht jeder zu Beginn gleich viel, sondern der eine erbt ein paar Häuser, die andere kriegt nichts. Toms Eltern waren prekär beschäftigte Arbeiter. Den Umgang mit Geld beherrschte er allein deswegen nicht, weil es bei ihm daheim nie Geld gab, womit man hätte umgehen können. Die Verwaltung des Mangels hingegen beherrschte Tom bis an die Grenze der Perfektion. Wenn man von Tom etwas lernen konnte, dann das Überleben über mehrere Tage nahezu ohne Geld. Das, was im realen Leben Tom und mich unterscheidet, das ist unsere Herkunft, sowohl von der Mentalität her wie auch materiell. Ein Haus habe ich geerbt, das Haus meiner Eltern, und das leider viel zu früh. Dann hatten meine Frau und ich noch eine weitere Erbschaft, und damit haben wir ein weiteres Haus gekauft. Das vermieten wir nun, weder teuer noch billig, aber immerhin. Wir investieren auch fleißig, halten die Bude in Schwung, haben Wünsche unserer Mieter umgesetzt. Aber am Ende des Tages bezahlen sie uns dafür Geld, damit wir etwas besitzen. Sie wiederum können kein Haus besitzen, weil sie nicht genug ansparen können, um den Eigenanteil einer Finanzierung einzubringen.
Genau darin unterscheidet sich das wahre Leben vom Monopoly. Auf dem Spielfeld bekommen am Anfang alle gleich viel Spielgeld. Wer es als erster schafft, ein Hotel auf der Schlossallee zu bauen, hat fast schon gewonnen. Für die anderen wird es dann immer schwieriger hochzukommen. Im echten Leben aber genügt schon ein zusätzliches Haus – und Sie haben auf einer gewissen Ebene ausgesorgt. Ach ja, und Tom, falls Du das liest: Damals, wegen der Schlossallee, also eigentlich war das Hotel … ach, egal. Vergiss es einfach.