Außenpolitik ist ein zähes Ringen um kleine Fortschritte. Dazu muss man auch dorthin gehen, wo es wehtut, betont Außenminister Heiko Maas.
Deutsche Außenpolitik müsse „im Alltag manche Kompromisse eingehen. Unsere Grundwerte und Überzeugungen darf sie aber nie verraten". Diesen Grundsatz hat der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau in einer „Berliner Rede" festgehalten. Das war vor eineinhalb Jahrzehnten. Den Satz könnte der amtierende deutsche Außenminister Heiko Maas wohl problemlos unterschreiben. Und der Titel der damaligen Präsidentenrede klingt wie eine Vorschau auf die heutige Diskussion: „Deutschlands Verantwortung in der Welt".
Als Heiko Maas im März vergangenen Jahres sein Amt als Außenminister antrat, war gerade die Münchner Sicherheitskonferenz zu Ende, über die „Spiegel Online" titelte: „Drei Tage maximale Verunsicherung". Maas Vorgänger Sigmar Gabriel hatte die Welt „kurz vor dem Abgrund" gesehen.
Die Hauptthemen vom letzten Jahr bestimmen auch heute noch die Schlagzeilen: Das Verhältnis zu den unter Präsident Trump unberechenbar gewordenen Vereinigten Staaten, der Nahe Osten, Russland, Türkei, Iran und China. Wolfgang Ischinger, ehemals Spitzen-Diplomat und langjähriger Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, hatte die Welt schon vor mehr als einem Jahr als gefährlich nahe am Rand neuer militärischer Auseinandersetzungen gesehen. In seinem analytischen Buch „Welt in Gefahr" macht Ischinger für die deutsche Politik eine Lücke aus. Außenpolitik mit ihren unbequemen und gelegentlich moralisch nicht so einfachen Fragen sei in der Vergangenheit in der öffentlichen Diskussion eher gemieden worden. Inzwischen stehe man aber in einem „Epochenwandel".
Große Aufgaben im nächsten Jahr
Außenminister Heiko Maas konstatiert, alte Verlässlichkeiten seien brüchig geworden. „Die Weltordnung, die wir gekannt, an die wir uns gewöhnt und in der wir es uns auch manchmal bequem gemacht haben, sie besteht nicht mehr." Im FORUM-Dialog in Berlin skizzierte Maas Linien der Diskussion auf der Suche nach neuen Orientierungen. Das Bemühen um eine „Allianz der Multilateralisten" als Gegenpol zu einer Welt, in der nationale Egoismen, beginnend mit „America first", um sich greifen ist ein Ansatz, der langen Atem benötigt.
Dass Europa zu einer eigenen starken Rolle finden muss, dürfte inzwischen als Ziel Konsens sein. Der Weg dorthin ist aber noch keineswegs ausgemacht. Für Maas spielt dabei die Diskussion zwischen Deutschland und Frankreich eine zentrale Rolle. Dabei sind seine Überlegungen keineswegs deckungsgleich mit den Vorstellungen von Präsident Emmanuel Macron. Dieser macht Druck und hält notfalls ein Europa unterschiedlicher Geschwindigkeiten für notwendig. Maas erläutert, warum er – bei allen Mühseligkeiten und Zähigkeiten – darauf setzt, alle demnächst 27 Mitgliedsstaaten einzubinden. Alleine schon daran, wie oft Maas auf Macron in der einstündigen Diskussion einging, unterstreicht die Bedeutung dieser Achse aus Sicht des deutschen Außenministers.
Dies umso mehr, als das kommende Jahr für Deutschland große Verantwortungen mit sich bringt: Mitglied im UN-Sicherheitsrat und Menschenrechtsrat und zugleich die Ratspräsidentschaft in der EU stehen auf der Agenda. Dabei sind die Erwartungen an Deutschland ebenso groß wie das Vertrauen, das Deutschland entgegengebracht wird, was in Deutschland selbst oft unterschätzt wird.