Als Ergänzung zu Kleidungsstücken mit Steppmuster oder Daunenmänteln, die Assoziationen an Bettdecken wecken, haben Designer nun neuartige Handtaschen entworfen, die sogenannten Pillow- oder Puffer-Bags.
Bei Instagram haben die neuen überdimensionierten Tote Bags (Einkaufstaschen) längst einen Hype ausgelöst, weil sie mit ihrem luftig-wattiert-flauschigem Look an weiche Kopfkissen erinnern. Im Englischen werden sie als Pillow Bags bezeichnet. Kein Wunder, sind sie doch überaus selfie-tauglich, beispielsweis als anschmiegsame Unterlage für perfekt gestyltes Haar oder als cooles, lässig in der Armbeuge zusammengeknautschtes Statement-Accessoire. Dabei ist das Aufpolstern, Steppen oder Wattieren von Damenhandtaschen keineswegs etwas gänzlich Neues, sondern wurde schon 1955 durch Coco Chanel mit ihrer legendären „2.55" salonfähig gemacht.
Zwar war damals der doppelte Kettenriemen die eigentliche Sensation, doch auch das rautenförmige Steppen des Leders, angeblich inspiriert von der seinerzeit typischen Musterung der Jockey-Bekleidung, sorgte für großes Aufsehen. Die „2.55" ist längst zu einem Klassiker geworden und ist in immer neuen Abwandlungen in so gut wie jeder Chanel-Kollektion vertreten. Das kleinste Modell kostet aktuell schlappe 2.850 Euro. Aber angesichts der weltweiten Tiefzinspolitik ist das vielleicht sogar eine durchaus lohnende Investition, schließlich werden Luxus-Bags längst als lukrative Geldanlage gehandelt – und zwar nicht nur in Gestalt von neuwertiger Ware, auch für gut erhaltene Secondhand-Nobel-Bags werden inzwischen auf Auktionen regelmäßig Rekordpreise erzielt.
Die Chanel „2.55" gilt als Vorreiter
Für Chanel war der Tod von Karl Lagerfeld ein schwerer Schicksalsschlag, doch seitdem sind die Preise der noch unter der Ägide des Modezars hergestellten Bags enorm gestiegen. König Karl hatte im Jahr 2009 mit der „Coco Cocoon" die erste voluminösere Puffertasche entworfen. Vom Portal modepilot.de wurde sie jüngst als die erste „Daunenjacke unter den Designerhandtaschen" bezeichnet. Aber auch die diversen Lagerfeld-Interpretationen der „2.55" zählen zu den heißesten Tipps für Investoren, der auflagenstarke „London Evening Standard" listete eine Tweed-Variante des Chanel-Klassikers kürzlich unter den lukrativsten Bag-Geldanlagen neben der „Lady Dior", der „Baguette" von Fendi, der „Dionysus" von Gucci, der „C Double Carry Bag" von Chloé oder der „Neverfull GM" von Louis Vuitton.
Schon bei der sogenannten Cuddling Campaign für die „Coco Cocoon" hatte Lagerfeld seine langjährige Muse Vanessa Paradis im Jahr 2009 auf der Tasche kuscheln lassen. Der Verkaufserfolg animierte danach eine ganze Reihe von Top-Designern, ebenfalls wattierte Tote Bags zu kreieren, beispielsweise Alexander Wang für Balenciaga, Phoebe Philo für Céline, Miuccia Prada, Emporio Armani, Tory Burch oder John Galliano für Maison Margiela. Was gesteppte Taschen angeht, so ist das Angebot diesen Winter kaum zu übertreffen, die tollsten Exemplare haben dabei neben Chanel Marken wie Bottega Veneta, Gucci oder Saint Laurent in ihrer Kollektion.
Doch diese Modelle weisen allesamt nur eine gewisse Verwandtschaft mit den aktuell besonders gefragten Pillow-Bags auf. Der entscheidende, letztlich wegweisende Schritt kam 2014 von Alexander Wang, als er in seiner damaligen Funktion als Chefdesigner von Balenciaga einige Handtaschen-Klassiker des Traditionshauses aus wattiertem Nylon gestaltete, sogar den Bestseller „City Classic". Doch erst mit der von Phoebe Philo präsentierten Céline-Handtaschen-Kollektion vom Sommer 2016 tauchten Taschen auf, die tatsächlich große Ähnlichkeit mit Kopfkissen aufwiesen. Es gab gleich drei verschiedene Varianten, die wegen ihrer Knautschigheit theoretisch allesamt als weiche Unterlage für ein Nickerchen zwischendurch genutzt werden konnten. Genau zwei Jahre später waren dann bei Maison Margiela erstmals von John Galliano designte Pillow-Bags aus ultrafeinem gestepptem Leder zu bestaunen, die sich seitdem unter dem Etikett „Grand Slam" zum festen Bestandteil jeder Kollektion des Avantgarde-Labels entwickelt haben – in vielen Farben und allen möglichen Formaten. Die großen Modelle sind bei Instagram oder im Streetstyle besonders gefragt, vor allem die silberne Glamour-Variante. Auch Prada (mit wattierten Nylon-Bags), Dries Van Noten, Area, Giorgio Armani oder das New Yorker Label Kara setzten schon frühzeitig auf diesen neuen Trend und hatten im vergangenen Sommer bereits pfiffige Umsetzungen in ihren Kollektionen vorgestellt. Diesen Winter stammen die schönsten Exemplare von Maison Margiela (rote Riesenclutch aus Leder), Chanel, Dries Van Noten (seidig-glänzende Bag) oder Off-White (Nylon-Shopper mit weiß-schwarzem Schachbrettmuster). Natürlich hat Zara längst günstige Versionen in seinem Sortiment.