Privatversicherte haben neben vielen Vorteilen auch Nachteile gegenüber Menschen, die in gesetzlichen Kassen versichert sind. Vor allem, wenn die Pflege von Angehörigen ansteht. Ein Dienstleister wie „KVA+“ kann hier eine große Entlastung sein – ein Überblick.
Für Versicherte in der Gesetzlichen Krankenkasse (GKV) besteht das Sachleistungsprinzip. Das bedeutet: Die Kasse stellt dem Patienten medizinische Sach- und Dienstleistungen bereit, kostenlos oder gegen eine geringe Zuzahlung. Anders ist es in der Privaten Krankenversicherung (PKV). Hier gibt es das Kostenerstattungsprinzip. Nach der Behandlung stellt der Arzt dem Patienten eine Rechnung aus. In der Regel bezahlt der Patient die Rechnung aus eigener Tasche und reicht sie bei seinem Versicherer ein, der ihm die Kosten ganz oder teilweise erstattet. Die meisten Tarife der privaten Vollversicherung decken auch Leistungen ab, die die GKV nicht übernehmen darf, wie Wahlleistungen im Krankenhaus oder spezielle Behandlungsformen beim Zahnersatz.
„Privatversicherte bestimmen das Leistungsniveau ihrer Krankenversicherung selbst“, sagt „KVA+“-Geschäftsführer Thorsten Schreiner. „Dadurch stehen Privatpatienten mehrere Behandlungsoptionen offen. Sie haben Zugang zu modernen Verfahren, teuren Privatkliniken und Chefärzten mit viel Erfahrung. Der Wert dieser Leistungen lässt sich kaum in Geld bemessen.“ Im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung ist der Leistungsunterschied erheblich. Auch, wenn die GKV „ein wirklich gutes System mit wertvollen Leistungen für seine Mitglieder“ bietet. „Der Nutzen für Privatversicherte ist höchst individuell und kann für den Einzelnen gesundheitsentscheidend sein: Sie sind oft besser versichert und bezahlen in jungen Jahren weit geringere Beiträge als in der GKV.“ Die Beitragsbelastung kann im Alter aber deutlich zunehmen. Und genau das ist eines der großen Probleme der PKV. Viele Tarife vergreisen wegen des demografischen Wandels. Da weniger junge Menschen nachkommen, sind die Versicherer oft gezwungen, die Beträge der Bestandskunden zu erhöhen. Die Kosten steigen immer weiter. „Das ist ein Problem, das Privatversicherte im Alter treffen kann“, sagt Schreiner.
Schwierig wird es aber vor allem dann, wenn ein Privatpatient nicht genügend Geld auf die Seite gelegt hat. „In Pflegesituationen sind die Menschen oft finanziell und organisatorisch überfordert. Es kommt nicht selten zum Streit innerhalb der Familien“, sagt Prof. Dr. Peter Bilsdorfer, der für „KVA+“ als Berater tätig ist. „Viele Rechnungen flattern ins Haus. Diese müssen die Angehörigen im Nachgang zu den Behandlungen dann in mühsamer Kleinarbeit alleine stemmen. Das kann in einer häuslichen Pflegesituation zusätzlich zum extremen Belastungsfaktor werden.“ Ein ähnlicher Abrechnungsaufwand entsteht einem GKV-Mitglied nicht. Deshalb sei es nach heutigem Stand im Alter für gesetzlich Versicherte einfacher, zum Arzt zu gehen.
Individuell für Privatversicherte
„Beim Arzt hat man ein Zahlungsziel von vier bis sechs Wochen. Die Erstattung aller Kosten durch die PKV, die Pflegeversicherung oder Beihilfe kann bei Rückfragen aber oft viel länger dauern“, sagt Schreiner. „Insbesondere chronisch Kranke und pflegebedürftige Menschen leiden unter diesem finanziellen Druck.“
Als Beispiel berichtet Schreiner von einer Mandantin, die Rechnungen von insgesamt knapp 24.000 Euro für ihre pflegebedürftige Mutter vorlegte. „Diese Situation belastete unsere Mandantin sehr. Erfolgreich konnten wir jedoch, mit unserem Service für schnelle Hilfe sorgen, alle Formalitäten erledigen und die Erstattungsfristen einhalten.“
Die Pflege ist bei privaten Krankenversicherungen ohnehin ein Sonderfall. Anders als bei der Krankenversicherung hat der Gesetzgeber hier private Anbieter dazu verpflichtet, ihren Versicherungsnehmern den gleichen Schutz wie gesetzlich Versicherten zu bieten. Für die Einordnung in einen Pflegegrad ist ein Gutachten zuständig, das die Tochtergesellschaft des Verbandes der privaten Krankenversicherungen, Medicproof, übernimmt. Wer damit nicht einverstanden ist, muss sich direkt an sein Versicherungsunternehmen wenden. Bei begründeten Einwänden ist ein Zweitgutachten möglich. Betroffene können sich seit mittlerweile zehn Jahren kostenlos bei der privaten Pflegeberatung „Compass“ beraten lassen. Rund 200 Berater stehen bundesweit zur Verfügung und stellen den gesetzlich verankerten Anspruch auf kostenlose und unabhängige Pflegeberatung sicher.
Die Beratung schützt aber nicht davor, dass auf Pflegebedürftige spürbare Kosten zukommen. Das Bundesfamilienministerium rät deshalb auch in seinem „Wegweiser Demenz“, eine zusätzliche Pflegeversicherung abzuschließen. Je früher das passiert, desto günstiger sind die Beiträge. Grundsätzlich können Interessierte zwischen einer privaten Pflegetagegeld- oder einer Pflegekostenversicherung wählen. Wer das nie getan hat und im Alter pflegebedürftig wird, hat oft gerade als Privatpatient Probleme, das Geld vorzustrecken. Denn ein Zahlungsziel von vier Wochen wie beim Beispiel der Frau, die ihre Mutter pflegt, ist für viele nicht realistisch. Bis die privaten Versicherer die Rechnungen abgearbeitet haben, vergeht oft mehr Zeit.
Effizienter und kostengünstiger
Dienstleister wie „KVA+“ setzen an diesem Schnittpunkt an. „Das von uns erarbeitete Dienstleistungskonzept nutzt die Möglichkeiten der Digitalisierung, um die Liquidation und Erstattung privater Gesundheits- und Pflegeleistungen zu beschleunigen und für Privatversicherte und Beamte deutlich zu vereinfachen“, erklärt Schreiner. „Dadurch werden alle Abrechnungs- und Erstattungsprozesse effizienter, schneller und kostengünstiger gelöst und bieten einen wahrnehmbaren Mehrwert für alle Beteiligten des Systems.“ Das Kernelement des Konzepts der Saarbrücker Dienstleister ist ein neues cloudbasiertes IT-System, das die Gründer in den vergangenen Jahren selbst entwickelt haben. Dieses System soll perspektivisch alle technischen Möglichkeiten im Sinne maximaler Automatisierung nutzen und in der Lage sein, die gesamte Prozess- und Wertschöpfungskette der Leistungserstattung vollständig zu übernehmen. „Einzigartig ist das Lesen und Verstehen von Rechnungs- und Rezeptbelegen, die durch ein zugrunde liegendes Netzwerk analysiert werden“, sagt Schreiner. Das System lernt anhand der gesammelten Abrechnungsdaten und hilft in der Zukunft bis zu 80 Prozent der Routineaufgaben DSGVO-konform zu automatisieren. „Das Ganze nennt sich Dunkelverarbeitung“, erklärt Schreiner das System, in dem der Computer völlig automatisiert Daten erkennt und verarbeitet. Da es sich hier um personenbezogene Gesundheitsdaten handelt, werden natürlich alle Daten fortlaufend verschlüsselt und sicher auf Servern in Deutschland gespeichert. Die Rechnungen der Kunden werden so künftig durch ein System laufen, das alles erkennt, den Zahlungsfluss ebenso wie die Buchführung übernimmt und Übersichten erstellt.
Für die Privatpatienten bedeutet das: Statt die Rechnungen dem Arzt einzeln zu begleichen und sich das Geld vom Versicherer zurückzuholen, bekommt „KVA+“ die Rechnung, und der Patient oder Pflegende hat nichts mehr damit zu tun. Stattdessen kann er sich voll auf seine Pflegeaufgaben konzentrieren.
Der Markt der Krankenversicherungen ist enorm. 2014 gab es in Deutschland 131 gesetzliche Krankenkassen und 47 private Krankenversicherer. Die größten Unternehmen in der PKV sind Debeka, DKV, Allianz und Axa. Die Vollversicherung ist dabei der dominierende Versicherungszweig in der PKV. Er machte 2014 mehr als 70 Prozent der Beitragseinnahmen der Kassen aus. Im Jahr 2019 waren nach Angaben des Marktforschungsinstituts Statista in Deutschland rund 73 Millionen Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert. Davon waren rund 56,8 Millionen Personen beitragszahlende Mitglieder und 16,3 Millionen beitragsfreie Versicherte, zum Beispiel Familienangehörige. Die privaten Krankenversicherungen (PKV) zählten einen Bestand von 8,74 Millionen Vollversicherten.
Sozialministerium hat Interesse signalisiert
Derzeit hat „KVA+“ rund 200 Kunden – viel Luft nach oben ist also noch, doch bislang haben die Jungunternehmer kaum Werbung gemacht. Viel Konkurrenz haben sie nicht zu fürchten bei ihrem Service, der den Versicherungsmarkt ergänzen soll. Lediglich ein weiteres Unternehmen bietet einen ähnlichen Service an. Medirenta aus Berlin hat rund 1.000 Kunden, konzentriert sich aber vor allem auf Soldaten und Polizisten. Denn für die ist die Abwicklung der Abrechnungen noch mal komplizierter. Sie erhalten eine Beihilfe, an die sie eine weitere Version der Arztrechnung schicken müssen. Medirenta sieht sich als Beihilfeberatung, während „KVA+“ vor allem dort ansetzen will, wo es bislang kaum Hilfe gab – bei unorganisierten Menschengruppen und einfachen Leuten, die privatversichert sind. „Wir wollen diese Unterstützung bezahlbar machen“, erklärt Schreiner, der deshalb auch froh ist, dass das saarländische Sozialministerium bereits Interesse signalisiert hat. „Wir haben mit Frau Bachmann gesprochen, und sie fand das Thema gut und unterstützt uns“, erzählt Schreiner. Derzeit läuft der Antrag beim Ministerium, den Service im Pflegebereich für pflegende Angehörige und Pflegebedürftige komplett übernehmen zu lassen. Neben dem Pflegegeld und der Pflegesachleistung stehen ambulant Gepflegten Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach Paragraf 45b des Sozialgesetzbuchs in Höhe von 125 Euro im Monat zu. Unter diese finanziellen Hilfen der Pflegekasse soll der Service von „KVA+“ in Zukunft fallen, wenn alles klappt. „Das passt von der Logik her in unser Schema und im Moment läuft das Prüfverfahren“, ist Schreiner zuversichtlich, dass der Service in Zukunft für Pflegebedürftige kostenlos nutzbar sein wird. „Die erste Hürde ist genommen“, sagt er. „Sobald wir die Zulassung im Saarland haben, werden wir bundesweit die Anträge stellen“ – und damit die Arbeitsprozesse zwischen den Versicherern und den Privatpatienten nicht revolutionieren, aber sinnvoll ergänzen und vor allem: Pflegende entlasten.