Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem (Ex)-Partner getötet, jeden Tag findet ein Tötungsversuch statt. Neben Förderprogrammen des Bundes soll nun auch die Initiative von Bundesfrauenministerin Franziska Giffey „Stärker als Gewalt" den Betroffenen mehr Hilfsmöglichkeiten bieten.
In ihrem Appell auf der kürzlich eingerichteten Seite der länderübergreifenden Initiative „Stärker als Gewalt" findet Bundesfrauenministerin Dr. Franziska Giffey (SPD) ziemlich klare Worte: „Jede dritte Frau in Deutschland ist von Gewalt betroffen", betont die Ministerin. „Das ist eine erschreckend hohe Zahl, die wir nicht hinnehmen dürfen." Dabei stützt sich Giffey auf die erst kürzlich veröffentlichten Zahlen des Bundeskriminalamtes zur Partnerschaftsgewalt im Jahr 2018. Demnach sei die Anzahl der Opfer partnerschaftlicher Gewaltdelikte zum Vorjahr erneut angestiegen: von 138.893 im Jahr 2017 auf insgesamt 140.755. Zum Vergleich: Im Jahr 2014 belief sich die Anzahl der Opfer auf 126.230 Personen. Im Jahr 2018 waren mit mehr als 81 Prozent – mit einer Anzahl von 114.393 Opfern – die meisten Betroffenen weiblich.
„Gewalt an Frauen ist alltäglich und allgegenwärtig", appelliert Griffey an die Besucher ihrer Onlineplattform. Dennoch würden sich viele Frauen nicht trauen, darüber zu sprechen. „Viele Taten bleiben im Dunkeln", weiß die Ministerin. „Deswegen müssen wir auch dafür sorgen, dass Gewalt an Frauen so früh wie möglich erkannt wird und Frauen schnell Hilfe bekommen können."
Dafür rief sie vor wenigen Tagen die Initiative „Stärker als Gewalt" ins Leben. Damit verfolgt die Bundesfrauenministerin gleich drei Hauptziele: Erstens ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, das Gewalt an Frauen und Männern verurteilt und Menschen, die eingreifen und helfen wollen, unterstützt. Zweitens eine Motivation bei vielen Menschen zu erreichen, sich gegen Gewalt einzusetzen und Betroffenen zu helfen. Und drittens die bestehenden Hilfsangebote für Betroffene und ihr Umfeld bekannter zu machen. „Die Initiative informiert über einzelne Formen von Gewalt. Sie zeigt Wege zur Hilfe auf, wie jede und jeder von uns Gewalt beenden kann, und unterstützt Unternehmen dabei, Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz zu verhindern", erklärt sie ihr Vorhaben.
Frauenhäuser brauchen 20.000 Plätze
Zudem will sie mit einem Förderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen" ab 2020 bis 2023 zusätzlich insgesamt 120 Millionen Euro für Beratungsstellen und Frauenhäuser bereitstellen. Aktuell gibt es in Deutschland laut Giffey 350 Frauenhäuser mit 7.000 Plätzen. „Wir bräuchten aber 20.000 Plätze. Gewalt gegen Frauen darf niemals die Oberhand gewinnen", sagt Griffey. „Jede Frau in einer Notsituation muss schnell Hilfe und Unterstützung bekommen. Bund, Länder und Kommunen sind hier gemeinsam in der Verantwortung. Deshalb unterstützt der Bund auch ab Januar 2020 erstmalig den Ausbau von Hilfseinrichtungen mit einem Bundesinvestitionsprogram", betont sie. „120 Millionen Euro sind ein wichtiger Impuls, um Frauenhäuser und Beratungsstellen besser aufzustellen. Unser Ziel erreichen wir aber nur zusammen. Die Länder und Kommunen wissen, wo welche Ausbau-Maßnahmen sinnvoll sind und können sicherstellen, dass die Investitionen nachhaltig und vor Ort ankommen."
Ein weiteres Ziel des Förderprogramms ist es, einen besseren Zugang für Hilfseinrichtungen zu schaffen. Das gilt insbesondere für Zielgruppen, die es bislang schwer haben, Schutz und Hilfe zu bekommen. Zum Beispiel soll mit den Bundesmitteln auch der barrierefreie Ausbau von Frauenhäusern gefördert werden. Außerdem sollen neue räumliche Kapazitäten und innovative Wohnformen für Frauen geschaffen werden, die von Gewalt betroffen sind und gemeinsam mit ihren Kindern Schutz suchen. Die Weichen dafür stellt die sogenannte Istanbul-Konvention, die am 1. Februar 2018 in Deutschland in Kraft getreten ist. Dabei handelt es sich um ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Dieses Übereinkommen ist das erste völkerrechtlich verbindliche Instrument im europäischen Raum zum Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen.