Seit fünf Generationen ist die Hufschmiede Müller in Heiligenwald im Besitz der Familie Müller. Andreas (36) und Matthias Müller (28) leben ihren Beruf nicht nur aus Verantwortung dem Familienunternehmen gegenüber, sondern betreiben ihn auch mit Herzblut.
Rote Funken sprühen und Flammen in leuchtendem Orange züngeln aus einem kleinen Kohlehaufen, während Andreas Müller das Hufeisen mit der Zange wendet. Das Feuer verströmt eine angenehme Wärme in der restaurierten Hufschmiede, hier am Itzenplitzer Weiher in Heiligenwald. Andreas und Matthias Müller geben einen Einblick in die Arbeit ihres seit fünf Generationen geführten Familienunternehmens.
Im Jahre 1956 gründete ihr Ur-Ur-Großvater mütterlicherseits das Unternehmen und gab es an seinen Sohn weiter. Über Jahre hinweg wurde die Hufschmiede dann weitergeführt, bis irgendwann der Großvater väterlicherseits der beiden Brüder, Eduard Müller, die Hufschmiede übernahm. Auf ihn folgte sein Sohn Nikolaus, der zwar auf Wunsch seines Vaters eine Ausbildung in einer Schlosserei machte, sich jedoch nicht davon abbringen ließ, seinen Traumberuf zu leben: das Handwerk des Hufschmieds.
So wurde auch Andreas und Matthias Müller der Beruf in die Wiege gelegt, die heute zusammen die Hufschmiede führen.
Beim Eintreten in die Schmiede fällt neben dem hellen Handwerksraum zur Linken direkt der gegenüberliegende Raum mit einigen Glasvitrinen auf. Dort befindet sich die große Besonderheit: In Deutschland ist das Unternehmen das einzige mit angegliedertem, hauseigenem Hufschmiede-Museum. Weltweit gehört es neben England und den Vereinigten Staaten zu den einzigen Ländern, die so etwas zu bieten haben. Es wird kein Eintritt verlangt, denn es soll vor allem die Leidenschaft der Familie zu diesem Handwerksberuf unterstrichen werden. Zum Teil wurden hier über fünf Generationen hinweg Werkzeuge, Hufeisenbeschläge und vieles mehr gesammelt. „Wir wollen damit kein Geld verdienen. Wir machen es einfach nur, weil wir es gut finden und weil wir den Kunden auch zeigen wollen, dass wir mehr sind als vier Eisen und 27 Nägel", erklärt Andreas Müller. Das größte Schmuckstück stellt ein mit Swarovski-Steinen besetztes Carbon-Hufeisen von einem Schweizer Hersteller dar.
Der Weg zum Hufschmied umfasst lange Ausbildung
Das Museum ist allerdings nicht das einzige Merkmal, das die Müller-Brüder von anderen Hufschmieden unterscheidet. Beide sind im Besitz des Lehrschmiedetitels, was sie dazu ermächtigt, eine Lehrschule zu eröffnen. Das bedeutet, dass beide nicht nur ausbilden, sondern auch lehren dürfen. Der Hintergrund ist, dass der Beruf zum Bereich der Erwachsenenbildung gehört. Während man früher als Basis eine Ausbildung in der klassischen Metallverarbeitung benötigte, reicht heute ein staatlich anerkannter, abgeschlossener Beruf aus, um sich anschließend zum Hufschmied weiterbilden zu lassen. Das erfolgt durch die Absolvierung einer Hufschmied-Schule, anschließende zwei Jahre Praxis bei einem entsprechenden Unternehmen und weiteren vier Monaten Schule bis zur Abschlussprüfung zum Hufbeschlagschmied. Nach der Prüfung ist auch noch ein Studium möglich, das Inhalte wie Personalführung, Ausbildung und Orthopädie vertieft. Andreas Müller gibt zu: „Der Lehrschmiedetitel ist in unserem Beruf immer noch sehr hoch angesehen, aber mein Meisterbrief war weitaus härter als der Schmiedetitel, ohne das schlechtreden zu wollen."
Mit der Lehrschule wollen sich die Brüder absichern, falls einer von beiden durch beispielsweise einen Arbeitsunfall arbeitsunfähig würde. Da der Beruf nicht gerade knochenschonend ist, schadet es nicht, einen Plan B zu haben. Denn im Durchschnitt betrage die Lebensarbeitszeit in diesem Beruf gerade mal zwölf Jahre, erzählt Andreas Müller. Daneben sind die Weiterbildungsmöglichkeiten im Umkreis dünn gesät, und durch den Schulungsraum kann sich die Müller-Hufschmiede Firmen, Hersteller, Züchter und Tierärzte einladen.
Was die Wahl ihres Berufes angeht, sind trotzdem beide glücklich. Die jungen Männer erklären, dass das Hineinwachsen in einen solchen Betrieb von klein auf eine einmalige Gelegenheit ist. „Man nimmt Sachen von klein auf mit, die man sich in einem anderen Fall viel härter erarbeiten müsste, zum Beispiel, wenn man erst mit Mitte 20 eine Ausbildung anfängt", erklärt Matthias Müller, „allerdings hat man in so einem traditionellen Unternehmen dann auch einen wesentlich höheren Erwartungsdruck von der Kundschaft." Die Brüder lieben ihre Arbeit mit Pferden an der frischen Luft und schätzen auch den lockeren Umgang mit ihrer Kundschaft. „Die kennt mich zum Teil länger, als ich sie kenne. Das ist schon ein schönes Gefühl", fügt er hinzu.
Die Brüder lieben ihre Arbeit mit Pferden an der frischen Luft
Auch die Geschichte des Unternehmens und des Berufs liegt ihnen am Herzen. Das Museum setzt den Schwerpunkt ab dem Zweiten Weltkrieg, als sich der Hufbeschlag entwickelte, so wie er heute noch ist. Nachdem der Krieg dann zunächst ein Tief verursachte, erlebte der Beruf ab den 80er-Jahren wieder eine Hochphase.
Heutzutage werden laut Andreas Müller immer weniger Hufschmiede ausgebildet, sodass sich die Zahl in einem relativ kleinen Kreis bewege: bei circa 2.500 Schmieden in ganz Deutschland. Das sei der Grund, warum Kunden zum Teil von sehr weit hierher kämen. Auch die vielen verschiedenen Expertenbereiche, die mittlerweile existieren, verunsichern die Leute. „Sie wissen dann nicht: Soll ich jetzt mit meinem Pferd zum Huforthopäden, zum Huftechniker oder doch zum Hufschmied", erklärt Matthias Müller. Untereinander sind die Hufschmiede gut vernetzt. „Wenn man ein bisschen bemüht ist, sich auszubreiten, dann trifft man relativ schnell die halbe Welt. Wir haben Freunde von Neuseeland bis Kanada, auch von Afrika bis Stockholm", erzählt Andreas Müller, „also man kommt wirklich viel herum." In dem Schulungsraum der Hufschmiede Müller dürfen sich alle Besucher auf den weißen Wänden verewigen, damit Nachkommende sehen, „dass mehr oder weniger die halbe Welt zu Gast war", fügt er hinzu.
Aus technischer Sicht hat sich der Beruf des Hufschmieds kaum verändert. Matthias Müller erklärt, dass zwar immer mal wieder neue Ideen aufpoppen, diese dann jedoch in Altbekanntem enden. „Hersteller bringen dann häufig neue Produkte heraus, deren Patent bereits abgelaufen ist, und nehmen nur kleine Veränderungen vor", verrät er. Neu ist allerdings, dass das Feuermachen nicht mehr mit Kohle passiert, sondern mittlerweile mit Gas. Das erspart jede Menge Dreck und Kosten.
Trotz moderner Möglichkeiten bleibt das Handwerk traditionell
In der Elektrotechnik gibt es sogar Entwicklungen Richtung Induktion mit Elektro-Öfen. Auch das würde kosten- und gefahrentechnisch eine Verbesserung darstellen, der Transport gestaltet sich bei der ganzen Technik jedoch schwieriger. Auch erste Experimente mit 3D-Druckern werden vorgenommen. Trotzdem bleibt das Handwerk an sich aber eher traditionell.
Finanziell hat sich jedoch über die Jahre immer mal wieder etwas verändert. Da früher jedes Hufeisen von Hand hergestellt werden musste, war der Beschlag auch dementsprechend teuer. Durch die vereinfachte Herstellung heute ist der Beschlag günstiger, jedoch steigen die Preise durch den Mangel an Hufschmieden aktuell wieder an. Auch regional gibt es diesbezüglich große Unterschiede – als Hufschmied in Großstädten wie München oder Hamburg könnte man wesentlich mehr verdienen.
Diese Perspektiven reizen die Brüder schon ein wenig, geben sie zu. Sie schätzen allerdings ihre regionale Kundschaft und gestehen, dass ihre Hufschmied-Herzen am Ende doch für ihr Familienunternehmen in Heiligenwald schlagen. In Bezug auf nachfolgende Generationen sind noch keine Pläne gemacht, jedoch betonen beide, dass das am Ende jedem selbst überlassen bleibt. Und bis dahin werden Andreas und Matthias Müller ihrer Sache mit Herzblut nachgehen. •
Celine Koch