Prostitution ist ein heikles Thema, mit dem sich niemand wirklich auseinandersetzen will. Daher verdienen Ärzte und Krankenschwestern, die sich mit diesem „Abgrund" der Gesellschaft auseinandersetzen, Respekt. Der historische Roman „Die Hafenschwester. Als wir zu träumen wagten" schildert die Geschichte eines jungen Mädchens im Jahr 1892, das sich im von Cholera geplagten Hamburg allen Widerständen zum Trotz zur OP-Krankenschwester hocharbeitet. Sie möchte nicht so enden wie ihre beste Freundin Milli, die zur Prostitution gezwungen wurde.
Was früher aber insbesondere hygienische Gründe hatte, ist heute eine Frage der Menschenrechte. Damals blieben vielen Frauen nicht viele Alternativen, ein halbwegs normales Leben zu führen. Entweder sie heirateten oder wurden Lehrerinnen. Nicht umsonst räumt die Autorin in Marthas Entwicklung daher deren Einsatz für die Frauenrechte ein. Als Kind schwieriger Lebensverhältnisse blieb Milli die Chance auf einen „normalen" Job verwehrt.
Martha befindet sich ebenfalls in schwierigen Lebensverhältnissen: Die Mutter ist verstorben und der Vater ertränkt seinen Kummer im Alkohol. Hinzu kommt der kleine Bruder, um den sich Martha ebenso kümmern muss. Doch gerade diese Herkunft bestärkt Martha darin, Menschen zu helfen und sich zu emanzipieren.
Der Roman ist zeitlos, wenn auch historisch, gerade in Anbetracht vieler zur Prostitution gezwungenen Frauen aus Osteuropa oder Thailand. Einmal in der Spirale der Misshandlung gelandet, ist es kaum möglich, ein normales Leben zu führen. Sie gelten als „Abschaum" der Gesellschaft – und wer dies bestreitet, lügt. Hilfe sieht anders aus. Die Figur Milli jedoch durchbricht diesen Teufelskreis irgendwann …
Melanie Metzenthin lebt als Fachärztin für Psychiatrie in Hamburg. Mit ihrer Heimatstadt und der Medizin fühlt sie sich eng verbunden. Bei der Entwicklung ihrer Figuren kann sie auf ihre berufliche Erfahrung zurückgreifen. Sie behandelt unter anderem auch Traumatisierte und Straftäter.