Glücksmomente sind oft simpel und nicht selten magisch. Es bedarf keiner Statussymbole, keiner Weltreise oder der großen Karriere, damit der Himmel voller Geigen hängt. Dies Menschen zu vermitteln, ist die Mission von Amrita Torosa.
Mit meinen Bildern und Briefen, aber auch mit Vorträgen und speziellen Atemtechniken möchte ich Glücksmomente bescheren", lächelt Amrita Torosa, die eine Art Glücksfee der Bundeshauptstadt ist. Man könnte sie und ihre Glücksarbeit belächeln oder gar die Nase rümpfen. Doch damit würde man ihr und ihrer Lebensaufgabe nicht gerecht. Seit 30 Jahren befasst sich die gebürtige Freiburgerin mit der Materie. Immer mehr Ratsuchende kommen zu ihr, um dem eigenen Glück auf die Sprünge zu helfen. Eine der Botschaften: immer schön locker bleiben. „Krampfhaft Dinge erzwingen zu wollen, läuft meist ins Leere. Das Gegenteil ist die Lösung: Je mehr du loslässt, desto eher kommen die Dinge auf dich zu", lautet ein Tipp von Amrita Torosa.
Auf diesen Nenner bringen es auch viele ihrer Glücksbriefe. Dabei handelt es sich nicht um klassische Briefe, die sie im Auftrag schreibt, sondern um Kurzgeschichten mit Lebensstrategien, Weisheiten und Tipps. „Glücksgefühle sind unsere stärkste Kraftquelle. Wir sollten sie pflegen und ausbauen. Glück ist wie ein guter Schuh, der dich trägt, schützt und puffert", sinniert die Wahlberlinerin über das Leben.
Ihre Glücksbriefe sollen Mutmacher, Seelentröster und Ratgeber sein. Amrita Torosa schreibt über Liebe, Nähe und Tod, aber auch Geschichten aus ihrem Treptower Kiez. Zur Kundschaft zählen unter anderem Künstler, Seniorenheimbewohner sowie Nachbarn. „Es sind fast immer Menschen, die ihr Dasein reflektieren, aber auch Personen, die im Zeitalter von Whatsapp, Mail und Facebook gern mal wieder einen Papierbrief in den Händen halten", erklärt die Breisgauerin. Ihre kleinen Schriften sieht sie als „Glück zum Anfassen". „Ich möchte mit den Briefen aber auch an Dinge erinnern, die glücklich machen, die in unserem hektischen Alltag jedoch viel zu schnell aus dem Blick geraten."
Immer schön locker bleiben
Den eigenen Worten nach schreibt Amrita Torosa, seitdem sie Buchstaben kennt und malt, also seitdem sie Stifte halten kann. Neben Briefen und Bildern gehört auch das Glücksatmen zu ihrem Portfolio. Ihre Botschaften zieren oft Zeichnungen in den schönsten Farben. Schmetterlinge und Sonnenblumen sind häufige Motive. Ist die zierliche Frau beim Malen und Schreiben Autodidaktin, so lernte sie Atemtechniken im Berliner Institut für Entspannungstechniken und Kommunikation. „Dass gestresste Menschen mal wieder durchatmen sollen, hat wohl jeder schon gehört. Dass wir oft unbewusst zu flach atmen, ist aber weitgehend unbekannt. Sanftes und tiefes Atmen kann jeder lernen und dann auch zu Hause oder am Arbeitsplatz praktizieren", betont die gelernte Atempädagogin. Gestresste können bei Amrita Torosa Atemkurse belegen. Dann gibt’s den Glücksbrief – ab 14,90 Euro – auf Wunsch gleich dazu. Insofern scheint Glück doch käuflich zu sein. Dass das irdische Glück dennoch selten mit Geld und Luxus zu tun hat, dafür ist Amrita Torosa der beste Beweis.
Seit 2009 lebt sie mit ihrem Partner relativ bescheiden in einer Mietwohnung im Treptower Bezirksteil Baumschulenweg. Wenig Pfründe verteidigen zu müssen, schafft offenbar auch Lebensqualität. Im Berliner Osten fand die kleine Frau mit den großen wachen Augen scheinbar ihr Glück. Gentrifizierung macht auch um den Baumschulenweg keinen Bogen, doch noch stimmt der Einwohner-Mix. „Die Gegend hier ist für mich perfekt, denn hier kann ich sein wie ich bin. Mit der Vielzahl an Kiezen empfinde ich Berlin ohnehin als bundesweit einmalig", sagt sie, die nach ihrem Umzug in die Weltmetropole zunächst im Stadtbezirk Charlottenburg-Wilmersdorf lebte.
Ursprünglich zog sie die Liebe nach Berlin, wie die Glücksfee beim Gespräch im Café „Pauline" unweit des S-Bahnhofs Baumschulenweg erklärt. „Nie wäre ich auf die Idee gekommen, nach Berlin zu ziehen. Ich kannte diese spannende Metropole einfach nicht. Heute ist die Stadt für mich der ideale Lebensmittelpunkt." Beim anschließenden Kiezspaziergang zeigt Amrita Torosa die nahe Spree, die Späthsche Baumschule (Namensgeber des Bezirksteils), Teile des Plänterwalds und das wegen seiner Architektur überregional bekannte Krematorium an der Südostallee.
Gestresste können bei ihr auch Atemkurse belegen
„Ich bin am Tag mindestens eine Stunde draußen, nehme die Natur bewusst auf und umarme beispielsweise Bäume. Sie sind meine Kraftquelle", sagt die 54-Jährige. So sei es kein Wunder, dass sie ausgerechnet im Baumschulenweg gelandet sei, scherzt die Baum-Liebhaberin. Sie schätzt nach eigenen Worten auch das Berliner Umland, beispielsweise den Fläming mit Bad Belzig oder Burg Rabenstein. Natürlich kennt sie auch Ribbeck im Havelland mit dem Birnbaum, den Theodor Fontane in seinem berühmten Gedicht verewigte. Weiter entfernte Reiseziele steuere sie selten an. „Ich fahre vor allem zu Freunden und erkunde deren Wohnumfeld. Australien oder Afrika müssen es nicht unbedingt sein." Die Ostsee mag die Treptowerin dem eigenen Bekunden nach aber sehr.
Ihr Glück beziehungsweise ihr Lebensthema fand Amrita Torosa durch die eigene eher unglückliche Kindheit, sagt die Frau, die in einem Dorf aufwuchs. Details möchte sie nicht nennen, nur, dass ihre frühen Lebensjahre auch Grund für eine amtlich vorgenommene Namensänderung waren: „Ich bin ein sehr feinfühliger Mensch, und mein Name drückte für mich immer die Enge aus, die mich in meiner Kindheit umgab." Ihren ersten bürgerlichen Namen würden nur enge Familienmitglieder sowie eine bundesdeutsche Behörde kennen.
Die Vergangenheit hinter sich zu lassen, habe Mut und Überwindung gekostet. „Ich hatte nur zwei Möglichkeiten: zu jammern und mich selbst zu bemitleiden oder mich zu verändern. Ich entschied mich fürs Glücklichsein", schmunzelt sie gutgelaunt. Die neue Lebenskraft, die sie schöpfte, gibt sie heute an andere ab.
Ein Bericht über die Glücksbringerin wäre nicht komplett, ohne ihren kurzen Draht zum Glücksministerium zu erwähnen. „Um ganz genau zu sein, handelt es sich um das Ministerium für Glück und Wohlbefinden, eine Kunstinitiative aus Mannheim", erklärt Amrita Torosa. „Glück ist um uns. Wir müssen es nur abholen und mit offenen Augen durch die Welt gehen. Diese Botschaft des Glücksministeriums kann ich voll unterschreiben."
Die Glücksbringerin hat einen guten Draht zum Glücksministerium
Kein Wunder, dass Glückministerin Gina Schöler und die Berliner Glücksfee in engem Kontakt stehen. Beide möchten Menschen animieren, darüber nachzudenken, was im Leben wirklich zählt. Mutig sein, Chancen erkennen, Falten aus der Stirn nehmen und Wandel zulassen – das sei die Devise. Hier bekommt das Anliegen, das kürzlich sogar Bundesaußenminister Heiko Maas unterstützte, schnell politische Dimensionen. Denn das Glück der Menschheit hänge letztlich auch an politischen Entscheidungen. Aus sozialer und ökologischer Sicht dürfe man das stete „Höher, schneller, weiter" nicht auf die Spitze treiben, mahnt Amrita Torosa. „Misst sich Wohlstand wirklich am Wohlbefinden der Bevölkerung? Oder wessen Wohlstand ist gemeint?", fragt die Berlinerin. Im ostasiatischen Königreich Bhutan würde hierzu ein „Brutto-Nationalglück" ermittelt. Es gelte sozusagen als Gegenentwurf zu unserem Bruttoinlandsprodukt, das sich an höherem Profit, Produktivität und stetig steigender Effizienz bemisst. Alle politischen Entscheidungen Bhutans würden dagegen auch daran gekoppelt, wie sie sich auf Wohlbefinden, Lebensstandard, Gesundheit und Bildung der Einwohner auswirken, erklärt die frühere Damenschneiderin, die mit zwei Freundinnen auch mal ein Café betrieb.
Dann kommt Amrita Torosa, übrigens ein aus Spanien stammender Name, noch auf den „Internationalen Tag des Glücks" am 20. März zu sprechen. Die Planungen für Aktionen, Lesungen und Seminare liefen längst. Glück müsse schließlich gut organisiert werden, lächelt die Glücksbotin. Die wolle am Ende ihrer Tage sagen können, dass sie an Gutem mitwirkte. Ihr Vorbild: eine Pflanze, die durch Beton wächst.
Infos: www.glueckskunst.de