Ab dem 29. Januar spielen die Hochkaräter des Billard-Sports Snooker in Deutschland. Bei dem Weltranglistenturnier German Masters tritt auch die derzeitige Nummer eins an.
Irgendwann zählt man nicht mehr", sagt Thomas Cesal. Er ist Geschäftsführer der Dragonstars Eventmanagement GmbH mit Sitz in Fürth und unter der Marke Snookerstars auch Ausrichter der German Masters im Billardsport Snooker – zum siebten oder achten Mal, wie er sagt. Das Turnier findet von Mittwoch bis Sonntag, 29. Januar, bis 2. Februar, in Berlin statt. Es ist bereits das zehnte Mal, dass die German Masters im Tempodrom über die Bühne gehen. Nach einer anfänglichen Unruhephase, in der das Turnier zuerst in Frankfurt, dann in Osnabrück und zweimal in Bingen am Rhein veranstaltet wurde, ist es zur Saison 2010/2011 in die Hauptstadt gezogen.
Seitdem zählt es als Ranglistenturnier – und gehört somit auch zur World Snooker Tour oder kurz Main Tour. Diese wird in einigen Ländern in Europa und in Asien gespielt. Immerhin ist Snooker beispielsweise in China eine der populärsten Sportarten überhaupt – allein in Peking sollen sich mehr als 300 Vereine dem Gentleman-Sport verschrieben haben. Von dieser Zahl kann man in Deutschland zwar nur träumen, doch Thomas Cesal zeigt sich zumindest mit dem Besucherstrom während der Turnierphase sehr zufrieden. Zu den beiden Halbfinal-Sessions am Samstag ziehe es mehr als 2.000 Besucher ins Tempodrom. Sonntags zum Finale seien es erstaunlicherweise oft weniger Zuschauer, da ja viele extra für das Turnier weit anreisen und am nächsten Tag wieder arbeiten würden.
Insgesamt werden für die 13 Sessions rund 15.000 Tickets verkauft, wie er sagt. Trotz des Erfolges zählt Snooker in Deutschland immer noch als Randsport. Übertragen werden die German Masters wieder auf Eurosport. Eine Anfrage nach dem Sendeplan wurde vom Sender bis Redaktionsschluss nicht beantwortet. Es ist aber davon auszugehen, dass wieder viele, viele Stunden auf Eurosport 1 und weitere Sessions auf Eurosport 2 und alles in Gänze im Eurosport Player übertragen werden. Als Kommentator und als „MC" vor Ort dürfte Rolf Kalb wieder ins Rennen gehen. Der Moderator überzeugt seit rund 20 Jahren mit höchster Sachkompetenz und extrem zugänglichen Erläuterungen über Taktik und persönliche Hintergründe zu den Spielern. Hochprofessionell sei auch sein persönliches Auftreten, für das Thomas Cesal nur lobende Worte findet: „Super, klasse, immer gut."
Mehr als 2.000 Besucher
Etwas anders verhält es sich da bei den Spielern. Während man mit dem einen oder anderen durchaus auch mal ein Bierchen trinken könne, seien andere schlechtere Verlierer als bei „Mensch ärgere Dich nicht", wie er mit einem Schmunzeln erzählt. Andere wiederum begleite man quasi durch die gesamte Karriere. So erzählt Cesal von seinem ersten Treffen mit Shaun Murphy, den er als „15-jährigen Pimpf" bei einem Turnier in Hannover Ende der 90er-Jahre zum ersten Mal traf. Der Engländer – Spitzname „The Magician" – wurde 2005 Weltmeister. Er war erst der zweite Spieler überhaupt, dem das als Teilnehmer gelang, der sein WM-Ticket erst über die Qualifikation ziehen musste.
2015 stand Murphy im Finale der German Masters, unterlag jedoch Mark Selby, der in dem Jahr auch Weltmeister wurde. Wer auch immer am Ende des diesjährigen Turniers den Pokal in die Höhe streckt und das Preisgeld von 80.000 Euro einstreichen wird – Mark Selby wird es nicht sein. Der verlor in der Qualifikation Ende Dezember gegen den 25-jährigen Waliser Jamie Rhys Clarke. Weitere Top-16-Spieler, die die Reise nach Berlin auslassen werden, sind Mark Allen (Platz 7), Kyren Wilson (8), David Gilbert (11), Barry Hawkins (12), Jack Lisowski (13), Stuart Bingham (14) und Stephen Maguire (15). Der derzeitige Weltranglistendritte, die Snooker-Legende Ronnie O’Sullivan, wird ebenfalls nicht dabei sein. Der German-Masters-Sieger von 2012 nimmt allgemein nicht mehr an jedem Turnier teil.
Natürlich werden trotzdem einige Hochkaräter um den Finaleinzug am Sonntag kämpfen. Der amtierende Weltmeister, Weltranglistenerste und Masters-Finalist von 2014 beispielsweise: Judd Trump. Der 30-Jährige ist in bestechender Form. Er ging im Laufe der Saison bereits bei den International Championship im August, den World Open sowie den Northern Ireland Open – jeweils im November – als Sieger hervor. Trump hat sein Spiel in den vergangenen Jahren immer weiter verfeinert und verbessert und hat das Zeug, mit seiner aggressiven Spielweise die Snookerwelt zu dominieren wie einst Stephen Hendry in den 90er- oder Steve Davis in den 80er-Jahren. In der ersten Runde trifft Trump auf den Thailänder Noppon Saengkham – eine durchaus lösbare Aufgabe.
Ronnie O’Sullivan nicht dabei
Mark Williams muss gegen den Chinesen Yuan Sijun ran. Für den Weltmeister von 2018 dürfte alles andere als ein Weiterkommen keine Option sein. Der Australier Neil Robertson, Weltmeister von 2010, trifft in der ersten Runde auf den Engländer Ian Burns. Der „Thunder from Down Under" gewann im November noch das Champion of Champions, hat ansonsten bei Ranglistenturnieren aber schon länger eine Durststrecke. Ebenfalls lösbar ist für den Schotten John Higgins, den vielleicht komplettesten Allrounder der Main Tour, sein Match gegen den Weltranglisten-60. Robbie Williams (nicht zu verwechseln mit dem Sänger). Der 44-jährige „Wizard of Wishaw" schaffte in der Saison bei den World Open und den Northern Ireland Open immerhin jeweils den Einzug ins Halbfinale.
Konstant weit unter seinen Möglichkeiten spielt der Chinese Ding Junhui. Doch immerhin schaffte er Anfang Dezember den Sieg in der UK Championship, einem der wichtigsten Turniere auf der Main Tour. Trotzdem wird das Erstrunden-Match des German-Masters-Siegers von 2014 gegen den Schotten Scott Donaldson (derzeit Rang 26) kein Selbstläufer. Ebenfalls schwer dürfte es der Engländer Joe Perry (Rang 16) haben, der zum Auftakt auf den Belgier Luca Brecel trifft. Der wiederum ist auf Rang 36 zurückgefallen, hat aber das Zeug dazu, erster Kontinentaleuropäer zu sein, der ein Weltranglistenturnier gewinnt. Bleibt aus der Top 16 noch Shaun Murphy. Der 37-Jährige hat in Tom Ford ein schweres, aber lösbares Los. Der Engländer zog bei den English Open Mitte Oktober ins Halbfinale ein, verlor jedoch gegen David Gilbert.
Ein deutscher Spieler ist bei den German Masters wieder nicht dabei. Moderator Rolf Kalb machte dafür in der Vergangenheit bereits fehlende Nachwuchsförderung und, damit zusammenhängend, fehlende Wettkampferfahrung verantwortlich. Für Thomas Cesal wiederum ist derzeit Lukas Kleckers der beste Spieler des Landes. Der aus Essen stammende Ruhrpotter wird im Mai 24 Jahre alt und verlor seinen Profistatus auf der Main Tour. Nicht viel besser steht es um den gerade 22 Jahre gewordenen Simon Lichtenberg. Der Berliner belegt den 117. Platz.
German Masters ohne deutschen Spieler
Cesal spielt übrigens selbst den Sport mit den 15 roten und sechs bunten Bällen. Er ist beim SC Fürth Vorstandsmitglied, belegte Rang neun bei den Seniorenmeisterschaften und spielt mit seinem Verein in der 2. Bundesliga. Über einen belgischen Queue-Verkäufer kam er zum Turnier Paul Hunter Classic, benannt nach dem 2006 verstorbenen britischen Snooker-Spieler. 16 Spieler kämpfen bei dem Einladungsturnier auch dieses Jahr im August wieder um den Sieg und 20.000 Pfund. Ausgerichtet wird es ebenfalls von der Dragonstars Eventmanagement GmbH, findet aber in Fürth selbst statt. Auf ganz anderem Terrain startete das European Masters, das bereits seit dem 22. Januar läuft und ebenfalls von Thomas Cesal ausgerichtet wird. Das Finale wird am 26. Januar stattfinden und auf dem Messegelände der zehntgrößten Stadt Österreichs, Dornbirn, ausgetragen. Damit ist das Nachbarland erstmals Austragungsort des Weltranglistenturniers, das vorher in Bukarest und Lommel in Belgien über die Bühne ging. Das European Masters suchte kurzfristig einen neuen Ort, weswegen sich Cesal ordentlich ins Zeug legen musste. Das sei „sehr, sehr schwer" gewesen, wie er sich erinnert.
Im Laufe des Jahres möchte er auch eine Exhibition, also ein Showmatch, organisieren, bei dem Mark Selby und Ronnie O’Sullivan gegeneinander antreten. Bis dahin muss er sich jedoch noch um den Ablauf des German Masters kümmern. Das sei strapaziös, mache aber Spaß. „Es kommt einem vor, als wäre es nicht nur Arbeit." Dass dem so ist, ist unter anderem einem Team von Helfern, die meisten davon ehrenamtlich, zu verdanken. Das mache es „ein bisschen familiär", wie er erzählt. Da er mit seinem Unternehmen lediglich Ausrichter ist – Veranstalter ist der Verband World Snooker – dürfe er als Spieler nicht einfach so auf den Tischen spielen, auf denen die Profi-Matches stattfinden. „Das habe ich einmal gemacht – das gab gleich einen Rüffel", sagt er lachend.