Moon Boots
Winterschuh-Klassiker und Kunstwerk
Im Jahr 2016 wurden die legendären Winterschuhe aus der Astronauten-Abteilung ganz offiziell von einem Mailänder Gericht in den Rang eines Kunstwerks erhoben, das daher seitdem nicht mehr so ohne Weiteres imitiert werden darf. Eine eminent wichtige juristische Entscheidung zugunsten des italienischen Labels Tecnica, das im Laufe eines halben Jahrhunderts rund 25 Millionen Exemplare seines Klassikers verkaufen konnte, aber bezüglich seines Bestsellers zunehmend von der in der Fashion-Welt üblichen Kopierpraxis betroffen war. Im Zuge des immer stärkeren Trends zu Ugly-Shoes gab es ähnliche Modelle plötzlich auch bei Marken wie Gucci oder Louis Vuitton.
Seit dem Mailänder Urteil müssen Brands, die Schuhe auf den Markt bringen wollen, die den Moon Boots ähneln, vorab Rücksprache mit Tecnica halten und eine Art Kooperation mit dem in Montebelluna in Venetien ansässigen Betrieb eingehen.
Ohnehin ist es schwer nachzuvollziehen, warum Fashinonistas unbedingt Tausende von Euros für Adaptionen der Schneestiefel aus Häusern wie Moncler oder Jeremy Scott auszugeben bereit sind, wo das Original mit dem unübersehbaren Buchstaben-Logo in Amelia-Schrift doch für kleines Geld, sprich für weniger als 100 Euro, zu haben ist. Die Materialkosten dürften mehr als überschaubar sein, bestehen die Moon Boots außen doch aus wasserabweisendem Kunststoff, sind innen mit Schaumstoff dick wattiert und haben eine angeschweißte Kunststoffsohle. Es gibt sie in allen Farben und vielen Deko-Varianten. Doch viel wichtiger dürfte sein, dass sie wohl die wärmsten Winterschuhe überhaupt sind, die zudem bereits in zwei der berühmtesten Museen der Welt ausgestellt wurden. Im Pariser Louvre wurden die Moon Boots im Jahr 2000 unter die 100 wichtigsten Design-Objekte des 20. Jahrhunderts eingereiht. Im New Yorker Museum of Modern Art wurden die Stiefel 2018 zu den 111 bedeutendsten, die moderne Welt prägenden Exponaten aus Mode und Design gezählt.
Erfinder der Kultschuhe war ein gewisser Giancarlo Zanatta, seines Zeichens Mit-Inhaber eines damals noch bescheidenen Schuhmacher-Familienunternehmens. Anlässlich einer Geschäftsreise in die USA hatte er 1969 wie gebannt vor einem an der New Yorker Central Station angebrachten Plakat gestanden, das den Astronauten Neil Armstrong im Moment der ersten Mondschritte gezeigt hatte. Sein Blick wurde wie magisch von den wuchtigen silikonbesohlten Stiefeln angezogen.
Nach der Rückkehr nach Italien fasste er den einsamen und in seiner Familie heftig umstrittenen Beschluss, ähnliche Schuhe wie die der Apollo-11-Crew zu entwerfen. Dabei kam ihm zu Hilfe, dass futuristische Mode aus Kunstfasern, PVC oder Plastik damals dank Designern wie Paco Rabanne oder André Courrèges gerade der letzte Schrei war. Schon bald zierten die Moon Boots Füße von Stars und Sternchen beim Après-Ski in den mondänsten Wintersportorten.
Daran hat sich bis heute wenig geändert, auch wenn Zanattas Schneestiefel immer mal wieder zwischendurch etwas vom modischen Bildschirm abgetaucht waren. Um anschließend umso triumphaler zurückzukehren. Im Vergleich zu den UGG-Boots wirken die klobigen, weichen und meist grellbunten Moon Boots fast schon elegant.