Betrachtungen zum Filmfestival Max Ophüls Preis 2020
Das Film-Herz pulsierte. Das Rathaus leuchtete nachts blau. Das 41. Filmfestival Max Ophüls Preis war ein Erfolg. Für die Filmfans. Für unsere Stadt. Für unsere Gäste. Für den Filmnachwuchs aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sechzehn Preise wurden vergeben. Einige Gewinner seien benannt.
Über den Max Ophüls Preis Bester Spielfilm, den mit 36.000 Euro höchstdotiertesten Preis, freut sich der Trierer Johannes Maria Schmit, dem mit seinem ersten Spielfilm „Neubau" eine Punktlandung gelang. Die Gewinnsumme wird gedrittelt, neben Regisseur und Produzent erhält der Verleih, der den Film innerhalb von zwölf Monaten ins Kino bringt einen Anteil. Dem „Erstling" ist somit der Kinostart sicher.
Der Max Ophüls Preis Beste Regie, von Ministerpräsident Tobias Hans mit 11.000 Euro ausgestattet, ging an Johanna Moder für „Waren einmal Revoluzzer". Die österreichische Filmemacherin zeigt zwei Paare, die sich für einen Menschen, der in Not gerät, einsetzen. Pavel wird von Moskau nach Wien geholt. Aber er bringt Frau und Kind mit. Nicht nur das bringt Aufregung mit sich. Helene und Jakob, Tina und Volker lernen einander und sich selbst durch das von ihnen initiierte Engagement erst wirklich kennen. „Die Russen oder ich", schreit Jakob einmal. Das Delegieren von humanitärer Hilfe an Staat und Wohlfahrtsverbände bedeutet für den Steuerzahler eben etwas anderes, denn als Person dafür einzutreten. In der Theorie ist manches einfach.
Den Publikumspreis Spielfilm erhielt „Ein bisschen bleiben wir noch", Saarland Sporttoto gab dafür 5.000 Euro. „Ein bisschen bleiben wir noch" basiert auf der Romanvorlage „Oskar und Lilli". Das Politische habe ihm in dem Roman gefehlt, erzählte Arash T. Riahi nach der Uraufführung des Films. Autorin Monika Helfer befand, nach Fertigstellung seines Drehbuches: „Du hast mein Buch vergoldet." Erzählt wird die Geschichte von tschetschenischen Geschwistern, die getrennt bei Pflegefamilien untergebracht werden, weil ihre Mutter bei einem Abschiebeversuch einen Selbstmordversuch unternommen hatte und ins Krankenhaus kommt. Das klingt dramatisch und ist es auch, aber die poetische Erzählweise von Arash T. Riahi, als auch die hervorragenden Darsteller machen den Film zu etwas Besonderem und nicht zum Sozialkitsch. Trotzdem bleiben Texte, Kindern in den Mund gelegt, Texte eines Erwachsenen. Und freilich erobern schön-schlaue Kinder die Herzen des Publikums, das den Film mit lang anhaltendem Applaus bedachte. Meine Herzen für den Publikumspreis Spielfilm erhielt „Waren einmal Revoluzzer". Für den Dokumentarfilm gab ich sie an die Schweiz für „Tscharniblues II" – leider ging er leer aus.
Als Bester Dokumentarfilm erhielt „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit" 7.500 Euro von der Saarland Medien GmbH. Filmemacherin Yulia Lokshia betrachtet Missstände und Auswirkungen von Leiharbeit und Arbeitsmigration. Die Idee, eine Schulklasse zudem bei Proben zu „Die heilige Johanna der Schlachthöfe" mit der Kamera zu beobachten, ist genial, geht es doch in dem Brecht-Stück um Marktmacht und deren Auswüchse. Wer verantwortet die Erfindung von „Leiharbeitern"? Einen Menschen kann man nicht verleihen wie ein Buch. Vielleicht springt der Dokumentarfilm zu kurz, denn nicht nur osteuropäische Zuwanderer werden von skrupellosen Geschäftemachern ausgenutzt. Die Tatsache, dass der Euro in den Ländern unterschiedlichen Wert besitzt, als auch, dass der Euroraum nicht gleichzusetzen ist mit der Eurozone, heizt die Ungleichheit an oder macht das Verlassen der Heimat womöglich sogar erstrebenswert. Der Film sollte all jenen vor Augen geführt werden, die politische Weichenstellungen gesetzt und zu kurz gedacht haben oder womöglich absichtlich zu kurz denken. Filme, die infrage stellen, was ungefragt hingenommen wird, sind gesellschaftlich relevant. „Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit" zählt dazu. Das 41. Filmfestival Max Ophüls Preis bot mehrere Filme dieser Klasse – ein starker Jahrgang!