Das weltgrößte Leichtathletik-Hallenmeeting Istaf Indoor geht am 14. Februar in die siebte Runde. Neben dem Auftritt von Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo steht besonders das Duell der Geschlechter im Diskusring im Mittelpunkt, bei dem zuletzt sogar ein Weltrekord erzielt wurde.
Als Diskuswerfer hat man es wahrlich nicht leicht. Das große Geld lässt sich in dieser Disziplin nicht verdienen, die auch früher schon stets im Schatten der Sprint- und Laufdisziplinen stand. Doch nun ist der Leichtathletik-Weltverband IAAF noch einen Schritt weiter gegangen und hat das Diskuswerfen – neben weiteren Disziplinen – kurzerhand aus dem Programm der Diamond League, der welthöchsten Wettkampfserie, gestrichen. „Darunter leiden wir definitiv", sagt Nadine Müller, die EM-Zweite von 2018. Noch mehr dürfte sich die deutsche Meisterin Kristin Pudenz über die Entscheidung geärgert haben, die sich im vergangenen Jahr erstmals in den Kreis der Diamond-League-Werferinnen vorgekämpft hatte. Auch bei ihr sitzt der Frust tief, dass ihre Disziplin gerade jetzt, wo sie endlich in der Weltspitze angekommen ist, aus der Diamond League verbannt wurde. Mit der Enttäuschung wuchs aber gleichzeitig ihre Vorfreude auf das Internationale Stadionfest (Istaf) Indoor. Denn dort gilt: Mittendrin statt nicht dabei. Während die Diskuswerfer in der Diamond League künftig nicht einmal mehr eine Nebenrolle bekommen, stellen sie beim Meeting am 14. Februar in Berlin erneut den Hauptact. Traditionell geht das Diskuswerfen dort als letzte Disziplin über die Bühne, wenn alle anderen Wettkämpfe bereits beendet sind und den Werfern die volle Aufmerksamkeit des Publikums gewiss ist. Für Kristin Pudenz wird es das erste Mal sein, dass sie beim Istaf Indoor in den Ring tritt. „Ich freue mich schon sehr auf diese Premiere", sagt sie.
Bis zu 12.500 Zuschauer
Für Pudenz und die anderen Teilnehmer ist der Auftritt in Berlin zudem eine willkommene Abwechslung vom ansonsten oft monotonen Wintertraining. Hallenwettkämpfe sind im Diskuswerfen immer noch eine absolute Rarität. Olympiasieger Robert Harting hatte einst die Idee dazu gehabt, die Disken beim Istaf Indoor durch die Mercedes-Benz Arena fliegen zu lassen. Jahrelang war er das Aushängeschild der Veranstaltung und das von ihm erdachte Konzept derart erfolgreich, dass die Organisatoren auch nach Hartings Rücktritt vom Leistungssport 2018 daran festhielten, wenngleich mit einem leicht geänderten Modus. Im vergangenen Jahr kam es deshalb erstmals zum Diskusduell der Geschlechter zwischen Männern und Frauen, wobei das vermeintlich schwächere Geschlecht am Ende knapp die Nase vorn hatte. Vor allem Nadine Müller lief in Berlin zu Höchstform auf und warf die Scheibe mit 63,89 Metern so weit wie noch nie eine Frau vor ihr unter dem Hallendach. „Das war ein absolutes Highlight für mich, ein toller Schlagabtausch. Und wann wirft man schon mal einen Weltrekord?", so die 34-Jährige. „Ich freue mich auf die zweite Auflage des Diskus-Duells. Das Istaf Indoor verbreitet einfach Gänsehaut-Feeling – das kann man mit keinem anderen Meeting vergleichen."
Mit bis zu 12.500 Zuschauern ist die Veranstaltung nicht nur Deutschlands größtes Leichtathletik-Meeting in der Halle, sondern auch weltweit die Nummer eins und zudem ein echter Innovator: Schon vieles von dem, was in Berlin erfolgreich erprobt wurde, kommt mittlerweile auch an anderen Orten zum Einsatz. Auch in diesem Jahr werden bei der Präsentation der Athleten alle technischen und räumlichen Möglichkeiten der modernen Arena genutzt: Pyrotechnik, Musik, Licht- und Feuereffekte. Im Zieleinlauf der Sprints und bei besonderen Leistungen in den Wurf- und Sprungdisziplinen kommen Feuerfontänen zum Einsatz.
„Wir wollen Stars und Vorbilder zum Anfassen"
Zudem haben die Organisatoren die bereits im Vorjahr erfolgreich getestete Idee einer Fan-Zone aufgegriffen und erweitert. „Das Istaf Indoor steht für ‚Spitzensport hautnah‘. Wir wollen in der Leichtathletik Stars und Vorbilder zum Anfassen", sagt Meetingdirektor Martin Seeber. „Wir schaffen in der Arena wieder einen Platz, wo sich kleine und große Fans mit ihren Idolen treffen, Autogramme und Selfies bekommen können. Diese Innovation ist bei den Fans und bei den Athleten sehr gut angekommen. Wir werden das Angebot 2020 noch einmal ausweiten und noch mehr Zuschauern die Möglichkeit geben, ihre Stars zu treffen." Davon gibt es auch in diesem Jahr einige. Insgesamt sieben Disziplinen stehen bei der siebten Auflage des Istaf Indoor auf dem Programm – neben dem schon erwähnten Diskuswurf-Duell noch der Weitsprung der Frauen, der Stabhochsprung der Männer sowie die Wettbewerbe über 60 Meter und 60 Meter Hürden bei beiden Geschlechtern. Vor allem die beiden Sprungwettbewerbe versprechen hochklassigen Sport, was insbesondere bei den Stabhochspringern durchaus wörtlich gemeint ist. Mit dem Weltrekordhalter Renaud Lavillenie aus Frankreich, Olympiasieger Thiago Braz aus Brasilien sowie dem zweimaligen WM-Dritten Piotr Lisek aus Polen sind gleich drei Sechs-Meter-Springer gemeldet. Aus dem Kreis der aktiven Springer haben überhaupt nur sechs diese magische Marke gemeistert – die Hälfte von ihnen ist in Berlin vertreten.
„Toll, dass so viele Ausnahme-Springer nach Berlin kommen. Unsere Fans können sich zum Auftakt ins Olympiajahr auf eine spektakuläre Stabhochsprung-Show freuen", sagt Seeber. Aus deutscher Sicht hoffen der WM-Vierte Bo Kanda Lita Baehre sowie der nationale Champion Torben Blech auf einen erfolgreichen Abend.
Bei Weitspringerin Malaika Mihambo scheint dieser fast schon garantiert. Mit einer beeindruckenden Konstanz dominierte die 26-Jährige die vergangene Saison und kam insgesamt sechsmal über sieben Meter. Bei den Weltmeisterschaften in Doha (Katar) sprang sie mit persönlicher Bestleistung von 7,30 Metern zum Titel und wurde dafür im Dezember mit großer Mehrheit zu Deutschlands Sportlerin des Jahres gewählt. Als sie im Kurhaus von Baden-Baden auf die Bühne stieg, um den Preis entgegenzunehmen, glänzte ihr Kleid so golden wie zuvor ihre Medaille.
Beim Istaf Indoor macht Mihambo nun ihren ersten Sprung nach dem WM-Sieg. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie in Berlin triumphiert. Mit einer Siegesweite von 6,99 Metern fehlte schon damals nur ein Zentimeter zur magischen Sieben-Meter-Marke – ein erster Fingerzeig, was im weiteren Saisonverlauf noch folgen würde. In diesem Jahr will Malaika Mihambo sowohl bei der Hallen-WM in Nanjing (China) als auch bei Olympia erneut ganz vorn landen. Ein guter Einstieg beim Meeting wäre gleich ein deutliches Signal an die Konkurrenz, dass die Deutsche noch lange nicht satt ist. Die Zielvorgabe ist klar: „Die Sieben soll auch in der Halle vorn stehen", sagt Mihambo.
Malaika Mihambo ist Deutschlands Sportlerin des Jahres
Das schaffte im vergangenen Jahr auch Pamela Dutkiewicz, allerdings in einer ganz anderen Disziplin. Die Bronzemedaillen-Gewinnerin der WM 2017 war über 60 Meter Hürden nicht zu schlagen und erzielte mit 7,89 Sekunden sogar eine Weltjahresbestzeit. Die Wattenscheiderin hat bislang an allen sechs Auflagen des Berliner Meetings teilgenommen und musste auch für 2020 nicht lang mit ihrer Startzusage überlegen. Nachdem sie im Sommer wegen einer Verletzung auf die WM verzichten musste, kann sie das erneute Aufeinandertreffen mit der Weltelite kaum erwarten.
„Nach der Auszeit ist die Hallensaison für mich eine gute Möglichkeit, um wieder reinzukommen in den Wettkampf-Modus. Das Istaf Indoor wird mein vierter Wettkampf sein – dann bin ich bereit für das Highlight. Am 14. Februar will ich unbedingt wieder siegen und mit Rückenwind ins Olympiajahr starten", sagt sie.
Gleiches gilt für Lokalmatadorin Lisa-Marie Kwayie über die 60 Meter ohne Hürden. Nach einem langen Sommer 2019 macht sie sich in diesem Winter rar und plant in der Halle lediglich mit zwei Rennen. Der Fokus liegt voll auf den Olympischen Spielen in Tokio. „Mein Heimspiel beim Istaf Indoor will ich aber auf keinen Fall auslassen", sagt die schnelle Berlinerin, die auf dieser Strecke als amtierende deutsche Hallenmeisterin an den Start geht. Sie meint: „Die Nähe zum Publikum ist einfach außergewöhnlich – so nah dran ist man nirgendwo sonst. Wer einmal dabei war, will deshalb unbedingt wiederkommen." Das gilt für die Sprinter genauso wie für die Diskuswerferinnen.