Durch die Heimniederlage gegen Mainz hat Hertha BSC den Schritt aus der Abstiegszone verpasst. Danach die Überraschung: Jürgen Klinsmann tritt als Cheftrainer zurück.
Es war schon bezeichnend: das erste Tor von Hertha BSC im heimischen Olympiastadion seit über fünf Stunden Spielzeit, es erzielte am vergangenen Samstag ein Mainzer. Beim Stande von 0:2 durften die Hausherren so noch mal hoffen, als 05-Verteidiger Jeffrey Bruma nach einem Eckstoß den Ball ins eigene Tor beförderte. Doch wie bereits in den vorangegangenen 85 Minuten vermochten es die Berliner nicht, größere Gefahr vor dem gegnerischen Tor zu verbreiten. Marius Wolf handelte sich sogar noch eine Gelb-Rote Karte ein, und Dedryck Boyata verursachte bei einem Konter der Gäste obendrein einen Foulelfmeter, den diese zum entscheidenden 1:3 nutzten. Es war das Ende eines aus Hertha-Sicht enttäuschenden Nachmittags, an dem man sich fehlerhaft und ohne Durchschlagskraft präsentierte.
Dabei hatte das Sturmduo bestehend aus Pascal Köpke und Krzysztof Piatek im Pokalspiel bei Schalke 04 (3:2-Auswärtsniederlage nach Verlängerung) nicht nur wegen seiner Tore noch einen guten Eindruck gemacht. Kein Wunder also, dass Jürgen Klinsmann auch gegen Mainz mit dieser Doppelspitze aufwartete – es sollte eben wie im Pokal forscher aufgetreten und nicht wie bisher unter Klinsmann zuallererst kompakt gestanden werden. „Wir haben unser Repertoire erweitert", hatte Klinsmanns Assistent Alexander Nouri dann auch auf der Pressekonferenz vor dem Punktspiel erklärt. Was aber in den 90 Minuten folgte, blieb weit hinter den taktischen Erwartungen zurück. Auch Klinsmanns Doppelwechsel zur Pause inklusive Systemumstellung von 3-5-2 auf 4-4-2 brachte kaum Besserung. Verteidiger Niklas Stark, beim 0:1 nicht aufmerksam im Zweikampf, und Mittelfeldspieler Marko Grujic blieben in der Kabine – Javairo Dilrosun und Dodi Lukebakio sollten dafür auf den Außenbahnen frischen Wind entfachen. Doch über Ansätze kamen die Blau-Weißen an diesem Nachmittag nicht hinaus. Es mag an mangelnder Frische nach den 120 Pokalminuten von Gelsenkirchen sowie der emotionalen Belastung durch die Aufarbeitung der rassistischen Anfeindungen gegen Jordan Torunarigha gelegen haben, wie Jürgen Klinsmann anschließend urteilte. Der erhoffte, wenn nicht gar erwartete Befreiungsschlag der Blau-Weißen in Sachen Abstiegskampf ging gegen den Tabellen-15. jedenfalls nach hinten los.
Herthas mittlerweile Ex-Coach gab seinen Schützlingen dann auch trotz der Pleite zwei Tage frei. Möglicherweise aber bereits mit Gedanken an die Bombe, die er am Dienstagsmorgen platzen ließ: Nach nur zehn Wochen beendet Klinsmann seine Trainertätigkeit bei Hertha BSC schon wieder. Auf Facebook begründete der Europameister von 1996 seine Entscheidung mit fehlender Rückendeckung. „Als Cheftrainer benötige ich für diese Aufgabe, die noch nicht erledigt ist, auch das Vertrauen der handelnden Personen. Gerade im Abstiegskampf sind Einheit, Zusammenhalt und Konzentration auf das Wesentliche die wichtigsten Elemente. Sind die nicht garantiert, kann ich mein Potenzial als Trainer nicht ausschöpfen und kann meiner Verantwortung somit auch nicht gerecht werden", so Klinsmann. „Deshalb bin ich nach langer Überlegung zum Schluss gekommen, mein Amt als Cheftrainer der Hertha zur Verfügung zu stellen und mich wieder auf meine ursprüngliche langfristig angelegte Aufgabe als Aufsichtsratsmitglied zurückzuziehen." Mit welchem Cheftrainer es künftig bei der Hertha weitergeht, stand bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest. Vorerst einmal soll Assistent Nouri übernehmen.
Fakt ist: Am Sonnabend (15.30 Uhr) geht es beim SC Paderborn erneut um wichtige Zähler. Sollten die Hauptstädter beim Schlusslicht – oder in den folgenden Partien gegen den 1. FC Köln, bei Fortuna Düsseldorf und gegen Werder Bremen – noch den einen oder anderen Auftritt wie gegen Mainz abliefern, wäre mit Hertha BSC die Mannschaft mittendrin im Abstiegskampf, die vielleicht am wenigsten damit umzugehen weiß.