Union Berlin gewinnt das Schlüsselspiel in Bremen, weil der Plan des Aufsteigers komplett aufgeht. Aus dem Kollektiv ragt einer heraus, der bis vor Kurzem noch in der Vierten Liga gespielt hat.
Auf die Tabelle schaut Marius Bülter in diesen Tagen gern. „Neun Punkte vor dem ersten Abstiegsrang – das liest sich ganz gut", sagt der Offensivspieler von Union Berlin, der mit einem Doppelpack beim 2:0-Sieg bei Werder Bremen groß aufgetrumpft hatte. Doch auch die Tabelle der Regionalliga Nord zaubert dem 26-Jährigen ein Lächeln ins Gesicht, denn sein Ex-Club SV Rödinghausen ist Spitzenreiter und hat gute Chancen auf den Aufstieg in Liga Drei. „Ich drücke Rödinghausen die Daumen", sagt Bülter. „Natürlich verfolge ich die Regionalliga nicht mehr so intensiv, aber ich bekomme schon noch mit, dass die da oben mitspielen." Von 2013 bis 2018 kickte Bülter selbst noch für die Ostwestfalen, während er nebenbei sein Studium zum Maschinenbauer abschloss. Über den Zwischenschritt 1. FC Magdeburg läuft Bülter nun in der höchsten deutschen Fußballliga auf – und macht sich hier einen Namen. Nach dem Doppelpack gegen Borussia Dortmund (3:1) und dem Führungstreffer bei RB Leipzig (3:1-Niederlage) gab es in Bremen den nächsten großen Auftritt des einstigen Viertliga-Torjägers. „Das ist natürlich geil für mich", sagt Bülter, doch schon am nächsten Wochenende würde es „niemanden mehr interessieren".
„Mit 26 Punkten steigen wir ab"
Am Samstag (15. Februar/15.30 Uhr) gastiert Bayer Leverkusen in der Alten Försterei. Der Werksclub präsentierte sich beim 4:3 gegen Dortmund offensiv zwar herausragend, doch die Defensive zeigte auch große Lücken. Und in die will der schnelle Bülter mit seinem enormen Zug zum Tor stoßen – so wie gegen Bremen. Trainer Urs Fischer tat sich dennoch schwer, ein Extra-Lob für Bülter auszusprechen. „Wenn du auswärts in Bremen zwei Tore schießt, muss die Leistung gut gewesen sein", sagte der Schweizer lediglich. „Ich empfinde es aber nicht als richtig, nur einen Spieler zu erwähnen. Die Mannschaft hat es wirklich hervorragend gemacht." In der Tat zeigte der Bundesliga-Neuling eine reife Leistung, die Bremer kamen im Vergleich zum Pokalcoup wenige Tage zuvor gegen Dortmund kaum zur Entfaltung. „Unser Ziel war es, den Bremern die Räume nicht zu geben, die sie gegen Dortmund noch hatten", sagte Fischer. Dieser Plan sei „hervorragend aufgegangen", zudem sei man in der zweiten Halbzeit in Sachen Balleroberung und Umschaltspiel „sehr effizient" gewesen. Werder-Trainer Florian Kohfeldt klang ein wenig ratlos, als er resümierte: „Wir haben uns von der sehr cleveren Spielweise der Unioner bremsen lassen."
Auf dem Neun-Punkte-Polster bis zu den Abstiegsrängen wollen sich die Unioner aber nicht ausruhen. „Mit 26 Punkten steigen wir ab", warnt Mittelfeldspieler Christian Genter. Doch auch der Routinier gibt zu, dass die Art und Weise, wie Union in Bremen aufgetreten ist, „schon ziemlich erwachsen" ausgesehen habe. Soll heißen: sehr abgebrüht für einen Aufsteiger. Das gilt vor allem für Bülter. „Es ging für ihn nur steil nach oben", sagt Fischer. Sorge, dass Unions Shootingstar die Bodenhaftung verliert, hat der Trainer keine: „Er ist ein ruhiger Typ, der auch mal reflektiert in den Spiegel schaut, auf dem Boden bleibt, auf der anderen Seite aber auf dem Feld explodiert." Bülter ist nur bis zum Saisonende von Magdeburg ausgeliehen, doch die Eisernen besitzen eine Kaufoption, die bei einer Million Euro liegen soll. Alles andere als eine feste Verpflichtung wäre eine große Überraschung.