So gut wie jeder dürfte schon einmal mit unangenehmen Kreislaufproblemen Bekanntschaft gemacht haben. Sie lassen sich meist auf einen zu niedrigen Blutdruck zurückführen und sind gesundheitlich in der Regel wenig bedenklich. Abhilfe können diverse nicht-medikamentöse Maßnahmen schaffen.
Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Ohrensausen, Wetterfühligkeit, Frühjahrsmüdigkeit, Schweißausbrüche, Zittern, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Schwarzwerden vor den Augen oder Ohnmachtsanfälle zählen zu den bekanntesten Beschwerden, die sich unter dem Oberbegriff Kreislaufprobleme oder auch Kreislaufschwäche zusammenfassen lassen. Diese können entstehen, wenn das Gehirn nicht ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt wird. Kreislaufprobleme stellen aber keine Erkrankung dar, sondern in der Regel nur ein Symptom für einen temporären oder auch dauerhaft zu niedrigen Blutdruck, was in der medizinischen Fachsprache als (arterielle) Hypotonie bezeichnet wird. Im Unterschied zu Bluthochdruck (Hypertonie), mit dem bekanntermaßen ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall verbunden ist, gilt niedriger Blutdruck bislang als vergleichsweise ungefährlich, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind bei ihm deutlich weniger wahrscheinlich.
Wenig verwunderlich daher, dass sich die internationale medizinische Forschung kaum mit dem Thema Hypotonie beschäftigt. Nur in Deutschland haben Wissenschaftler darauf aufmerksam gemacht, dass bei Menschen mit niedrigem Blutdruck das Gehirn, zumindest kurzzeitig, weniger gut durchblutet werden kann, was durchaus negative Auswirkungen auf die Arbeitskraft oder Konzentrationsfähigkeit haben könnte. Forscher aus dem englischsprachigen Raum fanden das Interesse ihrer deutschen Kollegen an der Hypotonie ziemlich übertrieben und gaben ihr daher spöttelnd den Namen „German Disease" (Deutsche Krankheit). Konkrete aktuelle Zahlen darüber, wie viele Menschen über einen dauerhaft niedrigen Blutdruck verfügen, gibt es nicht. 1998 hatte das Berliner Robert-Koch-Institut ermittelt, dass dies wohl bei drei Prozent der Deutschen der Fall sein könnte.
Laut der verbindlichen Definition der Weltgesundheitsbehörde WHO wird von niedrigem Blutdruck gesprochen, wenn bei Frauen der obere Wert unter 100 Millimeter Quecksilbersäule liegt, bei Männern unter 110. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein niedriger Blutdruck an sich keinen Krankheitswert besitzt, vielmehr ist die Lebenserwartung von Hypotonikern laut der „Deutschen Apothekerzeitung" sogar etwas höher als bei Menschen mit idealen Blutdruckwerten. Vor allem bei Personen im jüngeren und mittleren Alter sind daher ein niedriger Blutdruck und damit verbundene gelegentliche Kreislaufprobleme meist als harmlos einzustufen. Für junge, gesunde Menschen gilt sogar, dass ein niedriger Blutdruck, der den Organismus kaum belastet, für eine exzellente gesundheitliche Prognose steht.
Drei Formen der Hypotonie werden unterschieden
Eine Therapie wird vor allem dann als sinnvoll angesehen, wenn der oder die Betroffene sich von den Kreislaufbeschwerden stark eingeschränkt fühlt oder einer Risikogruppe wie Schwangere (wenn ein niedriger Blutdruck auch noch nach dem sechsten Monat anhält) oder ältere herzkranke Personen (wegen erhöhter Sturzgefahr bei Schwindelanfällen) angehört. Bei dauerhaften Kreislaufproblemen sollte durch einen Arztbesuch dringend überprüft werden, ob Erkrankungen wie Schilddrüsenfunktionsstörungen, neurogene Störungen, Herzrhythmusstörungen oder Blutarmut ursächlich für den niedrigen Blutdruck sein könnten. Auch unvorhergesehene Nebenwirkungen von Medikamenten können dafür zuweilen verantwortlich sein.
Nicht immer muss ein niedriger Blutdruck Kreislaufbeschwerden auslösen. Aber besonders bei einem akuten, raschen Blutdruckabfall können Betroffene unter Schwindel, Augenflimmern, Schweißausbrüchen, Kopfschmerzen, Zittern, Übelkeit, Herzrasen, Ohrensausen oder auch kurzen Ohnmachtsanfällen leiden. Bei dauerhaft niedrigem Blutdruck können zusätzlich noch folgende Symptome hinzukommen: Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit, Benommenheit, Appetitlosigkeit, kalte Hände und Füße, depressive Verstimmung.
Was die Ursachen für die diversen Kreislaufprobleme betrifft, so werden in der Medizin im Wesentlichen drei Formen von Hypotonie unterschieden: primäre, essenzielle oder auch konstitutionelle Hypotonie, sekundäre Hypotonie und orthostatische Hypotonie.
Bei der primären Hypotonie lässt sich kein eindeutiger Auslöser feststellen. Sie ist wenig erforscht, viel spricht dafür, dass eine genetische Veranlagung dafür ausschlaggebend sein könnte. Sie zählt zu den verbreitetsten Formen der Hypotonie und ist auffällig häufig bei jungen, schlanken, gesunden Menschen, vor allem bei Frauen, anzutreffen.
Bei der sekundären Hypotonie wird der niedrige Blutdruck als Folge einer Grunderkrankung, als Nebenwirkung bestimmter Medikamente (wie Psychopharmaka, Koronarmittel, Vasodilatatoren oder Antiarrhythmika) oder als Resultat von Flüssigkeitsmangel (durch starkes Schwitzen bei Hitze, heftigem Durchfall oder häufigem Erbrechen) sowie altersbedingten körperlichen Veränderungen gedeutet.
Mögliche Grunderkrankungen können dabei sein: Schilddrüsenunterfunktion, Herzerkrankungen, Diabetes, Venenschwächen (Krampfadern), Unterfunktion der Hirnanhangdrüse, Niereninsuffizienz, Salzmangel, Infektionen oder Verletzungen mit starkem Blutverlust.
Bei der orthostatischen Hypotonie, die so gut wie jeder kennen dürfte, stellen sich Kreislaufprobleme beim zu schnellen Übergang von der liegenden Position in den Stand ein. Die aufrechte Körperhaltung wird in der Medizin als Orthostase bezeichnet. Durch den schnellen Positionswechsel kann das Blut kurzfristig in die Beine sacken, worauf der Körper nicht ausreichend schnell reagieren kann. Erst nach und nach kann das Blut wieder nach oben gepumpt werden, wodurch kurzfristige Kreislaufschwäche-Symptome wie Blässe, Benommenheit oder Schwindel wieder verschwinden sollten. Ob ein niedriger Blutdruck durch die fehlende orthostatische Regulation bedingt ist, kann der Hausarzt durch den sogenannten Schellong-Test leicht feststellen. Niedriger Blutdruck aufgrund einer sekundären Hypotonie, neurologische Erkrankungen, Blutvolumenmangel, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hormonelle Störungen und Nervenzellstörungen im Gehirn können Ursachen für eine orthostatische Hypotonie sein.
Bei einem Arztbesuch wird es in der Regel darum gehen, die Diagnose „niedriger Blutdruck" für die Kreislaufprobleme erstellt zu bekommen und zusätzlich Grunderkrankungen oder Medikamente als Auslöser auszuschließen. Auch wenn der Arzt natürlich die persönlichen Belastungen des Patienten durch ständige Kreislaufprobleme ernst nehmen wird, so ist es doch seine Aufgabe, dem Betroffenen nach Konstatierung eines gesundheitlich nicht weiter bedenklichen niedrigen Blutdrucks die Harmlosigkeit des Befunds mitzuteilen und damit mögliche Sorgen zu nehmen. Es wird in der Regel nicht nötig sein, eine medikamentöse Therapie einzuleiten (wobei meist sogenannte Alpha-Sympathomimetika zum Einsatz kommen, aber auch schon mal sogenannte Antihypotonika), weil es ein breites Spektrum von Hausmitteln, homöopathisch-pflanzlichen Mitteln (Rosmarin-Vollbad, Kampferöl, Menthol, Pflanzenstoffe namens Saponine in Lakritz, Hafer oder Hülsenfrüchten, Pfefferminz-Milch-Trunk, Salbei- oder Rosmarin-Tee, Weißdorn-Tee) und einfachen Selbsthilfemaßnahmen gibt, mit denen die Beschwerden gelindert werden können. Wobei jeder die ersten Therapie-Maßnahmen bei einer akuten, bedrohlichen Kreislaufschwäche im Hinterkopf haben sollte: den Betroffenen sofort hinlegen und die Beine hochlagern. Sollte sich der Zustand des Betroffenen nach wenigen Minuten nicht bessern, Krämpfe oder Ohnmacht eintreten, muss sofort ein Arzt verständigt oder das nächste Krankenhaus angefahren werden.