Die Fettleber ist die häufigste chronische Lebererkrankung in Deutschland. Prof. Dr. med. Frank Lammert, Direktor der Klinik für Innere Medizin II am Universitätsklinikum des Saarlandes, erklärt, wie man eine Fettleber behandeln kann und was man präventiv tun kann.
Prof. Lammert, was ist eine Fettleber überhaupt?
Eine Fettleber ist die übermäßige Speicherung von Fetten in der zunächst noch gesunden Leber. Im weiteren Verlauf kann sich die Leber entzünden und vernarben. Deshalb ist eine Fettlebererkrankung gefürchtet: Sie kann eine Vorstufe einer fortschreitenden Lebervernarbung bis hin zur Leberzirrhose, also der Schrumpfleber, sein.
Es gibt verschiedene Schweregrade einer Fettleber. Welche sind das?
Die Leberverfettung kann man mithilfe von Ultraschall oder auch speziellen Sonographie-Methoden einteilen. Früher hat man dafür eine Leberbiopsie durchführen müssen, heute geht das aber mittels nicht-invasiver Ultraschallverfahren, Stichwort Elastographie. So kann man die Verfettung in Schweregrade – 1 bis 3 – einteilen. Aber noch interessanter ist es, letztlich den genauen Anteil der Leberzellen zu kennen, die verfettet sind. Mithilfe dieser nicht gefährlichen Methoden kann man die Leberverfettung stufenlos zwischen 0 und 400 Einheiten (Dezibel Schallabschwächung pro Meter, db/m) messen: 400 ist eine sehr ausgeprägte Verfettung, kleiner als 100 ist sozusagen praktisch kein Leberfett. Werte um 200 sind noch ganz gut, alles was über 250 bis 280 liegt, spricht für eine zunehmende Verfettung, die dann mit negativen Gesundheitsfolgen einhergehen kann. Die Verfettung der Leber zeigt einerseits ein Risiko für die Leber an, andererseits ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Fettleber ist ein Gradmesser für die Gesundheit und insbesondere für die Lebergesundheit.
Wie verfettet ist die Leber der Deutschen durchschnittlich?
Die meisten von uns haben eine gewisse Leberverfettung. Das ist einerseits auf die gute Ernährung zurückzuführen, andererseits haben viele Menschen einfach eine Veranlagung, relativ rasch Fett zu speichern und auch zu entspeichern.
Das Fett wird aber auch nicht dauerhaft in der Leber abgelagert. Die Leber ist ein sehr dynamischer Speicher. Man kann Leberfett mithilfe einer Diät innerhalb von vier Wochen wieder entspeichern. Spezielle Diäten sind dabei nicht nötig, es reicht, den Kalorien-, Fett- und Zuckergehalt der Nahrung zu reduzieren. Das Problematische ist also nicht eine kurzfristige Verfettung, sondern eine Verfettung über Jahre und Jahrzehnte. Das kann die Leber schwer schädigen.
Welche Ursachen gibt es denn genau für eine Leberverfettung?
Die Leberverfettung ist per se keine einzelne Erkrankung, sondern eine Gruppe von Erkrankungen. Bei vielen Menschen ist das wie beim hohen Blutdruck, es kommen mehrere Faktoren zusammen: Ernährung, Bewegungsmangel, sitzende Tätigkeit. Das führt zum Kalorienüberschuss und zur Leberverfettung. Die Leberverfettung ist auch ganz eng mit Übergewicht beziehungsweise Adipositas korreliert. Es gibt aber Patienten, die spezielle Formen der Erkrankung haben, die zur Leberverfettung führen. Das sind oft genetische Erkrankungen. Bei einer Fettlebererkrankung muss immer abgeklärt werden, ob eine angeborene Stoffwechselerkrankung vorliegt.
Diabetes und Alkohol sind häufig auch ursächlich, oder?
Ja, man unterscheidet grob die alkoholische Fettlebererkrankung von der nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung. Wobei das gewissermaßen eine künstliche Trennung ist. Man macht das am täglichen Alkoholkonsum fest. Nehmen Frauen weniger als 20 Gramm und Männer weniger als 30 Gramm reinen Alkohol pro Tag zu sich und haben trotzdem eine Fettleber, spricht man von einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung. Bei den Diabetikern hat über die Hälfte eine Fettleber.
Es gibt aber auch Patienten, die eine spezifische Veranlagung haben, trotz Sport und gesunder Ernährung eine Fettleber zu bekommen. Auf Englisch bezeichnet man diese Patienten als „Lean Nash". Das ist eine interessante Untergruppe, die ein besonders hohes Risiko für Lebererkrankungen hat.
Das ist aber vermutlich eine sehr kleine Gruppe …
Die häufigste Genvariante imsogenannten Adiponutrin-Gen trägt die Hälfte der Bevölkerung in sich. Das Risiko ist besonders hoch, wenn sie diese Veranlagung zur Fettleber gleich zweimal tragen. So geht es etwa fünf bis sechs Prozent der Bevölkerung, allein im Saarland wären das 50.000 Menschen. So klein ist die Gruppe also nicht.
Wer ist denn besonders häufig von einer Leberverfettung betroffen?
Die Fettleberkrankung ist bei Männern und Frauen häufig anzutreffen. Bei Männern ist sie häufig in Verbindung mit Alkoholkonsum, gerade bei älteren Frauen oft mit Diabetes oder Übergewicht verbunden.
Wann sollte man sich testen lassen?
Man sollte sich testen lassen, wenn die Leberwerte erhöht sind oder wenn man gewisse Risikofaktoren wie Übergewicht oder Diabetes hat. Das kann zunächst der Hausarzt machen. Er stellt dann fest, ob und wenn ja, wie weit die Leber geschädigt ist, und ob es Hinweise gibt, dass die Leberverfettung zu einer dauerhaften Schädigung der Leber geführt hat. Mittels ultraschallbasiertem Verfahren wird die Lebersteifigkeit gemessen. Die Lebersteifigkeit ist wie ein Integral der Leberschädigung über viele Jahre hinweg. Werte über neun Kilopascal deuten auf eine deutliche Lebervernarbung hin, über 13 auf eine Zirrhose.
Wie sieht die Behandlung aus, sollte die Leber geschädigt sein?
Die Behandlung basiert auf einer Ernährungsumstellung und vermehrter körperlicher Aktivität. Das muss nicht Leistungssport sein, es reicht wirklich, schon die Schrittzahl pro Tag zu erhöhen. Das ist die wichtigste Basis der Therapie. Ist es bereits zu einer Vernarbung gekommen, gibt es auch medikamentöse Therapieansätze. Ein Medikament ist ein Abkömmling von Gallensäuren, das wir hier in Homburg mit anderen Gruppen getestet haben und das vermutlich in Kürze zugelassen wird. Im Moment stehen medikamentöse Therapien nur im Rahmen von klinischen Studien in Mainz und Homburg zur Verfügung. Was man aber machen kann, ist vor allem auf den Vitamin-D-Spiegel zu achten. Man weiß, dass sich Vitamin D bei manchen Patienten günstig auf die Leber, also hepatoprotektiv, auswirken kann.
Bei einer leichten Fettleber reicht aber eine Ernährungs- und Gewohnheitsumstellung?
Ja, bei einer leichten Fettleber muss man sich zunächst keine Sorgen machen. Die Verlaufsinformationen über Monate und Jahre sind der wichtige Risikoparameter. Wenn man sieht, dass die Verfettung zunimmt, die Vernarbung und die Lebersteifigkeit steigen, sich eine Zirrhose entwickelt und es zu Komplikationen dieser Zirrhose wie Blutungen, Bauchwasser und dann auch Infektionen kommt, dann ist das Kind sozusagen in den Brunnen gefallen. Man muss hier viel frühzeitiger intervenieren. Aber nicht jede Fettleber entwickelt sich so ungünstig. Es gibt auch Patienten, die mit einer Fettleber 90 oder 100 Jahre alt werden.
Merkt man denn als Patient überhaupt, dass man eine Fettleber hat?
Nein, man merkt es erst sehr spät. Die Leber leidet zunächst stumm. Erst wenn die Lebererkrankung fortgeschritten ist zur Fibrose und Zirrhose, entwickelt man Komplikationen, wird müde, abgeschlagen. Dann ist es häufig auch schon sehr spät. Frühsymptome oder Warnsignale gibt es bei der Leber leider nicht. Gerade deswegen ist es so wichtig, mit dem Hausarzt über die Möglichkeit der Lebererkrankung zu sprechen und die Leberwerte im Blut bestimmen zu lassen.
Aber grundsätzlich checken sollte man sich erst ab 35 Jahren?
Ja, aber auch schon die Kinderärzte achten darauf. Diese können bestimmte genetische Formen erkennen. Die Fettlebererkrankung wird auch zunehmend im Kindes- und Jugendalter diagnostiziert und behandelt.