Die Paketzustellung in Großstädten, das klappt mit E-Mobilität bereits heute. Aber wie praktisch ist ein Elektroantrieb in einem Freizeitmobil? Ein Selbstversuch mit dem Nissan e-NV Reimo.
So richtig rund läuft es (noch) nicht mit der Elektromobilität, sie kommt nach wie vor eher schleppend in die Gänge. Aber hin und wieder erregt bereits das ein oder andere elektrisch angetriebene Reisemobil die Aufmerksamkeit interessierter und aufgeschlossener Camper. Etwa der fünfsitzige e-NV 200 Evalia, der mit einem Ausbau von Reimo aus Egelsbach zum Campingbus wird.
Erfahrene Camper wissen es längst: Für einen ausgebauten Kleintransporter á la NV 200 sprechen vor allem seine kompakten Abmessungen. Damit taugt ein solcher Camper nicht nur für den Alltagsbetrieb, sondern auch für Städtereisen oder Trips in malerische Winzerorte mit engen Durchfahrten, bei denen Lenkern eines Dickschiffs hin und wieder schon einmal der Schweiß ausbrechen kann. Der vollelektrische Nissan lockt mit 40 kWh Batterie und – nach WLTP – rund 200 Kilometer Reichweite mit einer Akkuladung. Theoretisch.
Reichweite des Akkus schmilzt wie Butter
In der Praxis zeigt der Stromer bei Abholung eine Reichweite von rund 300 Kilometer an. Also ab auf die Autobahn, das Mitschwimmen im Verkehr klappt problemlos, und der geräuschlose E-Antrieb überzeugt mit gutem Anzug. Aber die Reichweite schwindet, und zwar erheblich rascher als gedacht. Die Autobahn ist ganz eindeutig nicht das Revier des e-NV 200. Also in den Eco-Modus schalten und mit so um die 100 km/h im Verkehr mitschwimmen. Man gewöhnt sich dran, ein Rasemobil ist der e-NV mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 123 km/h ja ohnehin nicht. Die angezeigte Reichweite schmilzt auf den Höhen des Hunsrücks weiter dahin wie Butter in der Sonne, die Steigungen knabbern spürbar an der Akkuladung.
Wohlgemerkt, bei sommerlichen Temperaturen und nur mit dem Fahrer besetzt. Bei winterlichen Verhältnissen, mit eingeschaltetem Licht, Heizung und Passagieren dürfte das alles noch weniger erfreulich aussehen. Aber auch so wird auf der knapp 150 Kilometer langen Strecke bis zum Zielort – wider Erwarten – ein Zwischenstopp zum Nachladen dringend erforderlich. Mit einer Restreichweite von noch etwa 90 Kilometern wird der e-NV 200 an eine konventionelle Haushaltssteckdose angeschlossen und zeigt nach sechs Stunden Ladezeit wieder rund 200 Kilometer Reichweite an. Weiter geht’s. Mit einem Schnelllader soll – so verspricht Nissan – nach etwa 40 Minuten der Akku wieder auf 80 Prozent seiner Kapazität nachgeladen sein. Wenn denn ein Schnellader verfügbar ist. Doch auch auf Campingplätzen dürften Schnelllader derzeit noch Mangelware sein.
Eher Fahrzeug für städtischen Betrieb
Mit rund viereinhalb Meter Länge und einem Wendekreis von rund zehneinhalb Meter ist der e-NV 200 richtig wendig. Und mit dem 80 kW/109 PS starken E-Motor macht er in der Innenstadt und auf Landstraßen sogar Spaß. Der Reimo Ausbau bietet für 1.695 Euro im Heck einen Küchenauszug, eine Spüle und einen einflammigen Gaskocher. Eine Kühlbox gibt es optional. Für einen Tausender liefern die Egelsbacher zudem ein Doppelbett mit einer Größe von 195 mal 120 Zentimeter, das sich einfach und schnell aufbauen lässt. Zu einem „echten" Reisemobil fehlt dem Nissan vor allem ein Stehhöhe bietendes, aufstellbares Dach. Und Reichweite. In der aktuellen Version ist der e-NV 200 eher ein Fahrzeug für den innerstädtischen (Liefer-)Betrieb denn ein echtes Freizeit-Mobil. Eine Alternative mit Verbrennungsmotor wird es demnächst nicht mehr geben, die Lagerbestände des NV 200 mit Diesel oder Benziner werden aktuell abverkauft.