Ganz egal, ob er auf der Leinwand den rosaroten Panther gejagt hat oder in 80 Tagen um die Welt gereist war – fast immer blieb der vor 110 Jahren geborene David Niven sowohl in seiner Filmkarriere als auch als Privatmann der vorbildliche britische Mann von Welt.
Als jüngster Spross vornehmer Eltern, des britischen Berufsoffiziers William Edward Graham Niven und der aus Frankreich stammenden Henrietta Julia de Gacher, passte es ihm in späteren Jahren so gar nicht in den Kram, dass er am 1. März 1910 als James David Graham Niven in einer so wenig romantischen Stadt wie London geboren sein sollte. Aber das ließ sich ja leicht ändern, er brauchte schließlich bloß häufig genug in Hollywood von einer schottischen Herkunft aus dem Städtchen Kirriemuir zu plaudern. Und schon nahm ihm fast die gesamte Welt diese kleine persönliche Geschichtsklitterung ab. Diese ist übrigens noch immer in diversen hiesigen Publikationen über den Schauspieler nachzulesen.
Neben seinem schauspielerischen Talent verdankte er seine Leinwand-Karriere auch seinem einnehmenden Äußeren mit schlanker Statur bei einer Körpergröße von 1,83 Metern, stahlblauen Augen, markantem Oberlippenbart und einem stets gewinnenden Lächeln auf den Lippen. Die Frauenwelt lag dem als Charmeur oder Kavalier der alten Schule auftretenden britischen Gentleman regelrecht zu Füßen. Doch im Unterschied zu vielen seiner Kollegen gab es in seinem Privatleben keinerlei Gerüchte über Affären. Stattdessen blieb er seinen beiden Ehefrauen treu, die er jeweils in Windeseile vor den Traualtar geführt haben soll. Die erste Gemahlin, die Schauspielerin Primula Rollo, die ihm die beiden Söhne David und Jamie schenkte, soll er bereits 17 Tage nach dem ersten Kennenlernen geehelicht haben. Nach Primulas Unfalltod 1946 soll er dem schwedischen Model Hjördis Tersmeden im Jahr 1948 sogar schon gerade mal zehn Tage nach dem ersten Date das Ja-Wort gegeben haben. Das Paar adoptierte die beiden Mädchen Kristina und Fiona.
Der Wahrheitsgehalt der vermeintlichen Blitzheiraten lässt sich nicht überprüfen, da man diesbezüglich allein auf Nivens eigene Angaben angewiesen ist, die in gleich zwei 1972 und 1975 herausgegebenen Autobiographien nachzulesen sind: „Vielleicht ist der Mond nur ein Luftballon. Mein bewegtes Leben", von dem fünf Millionen Exemplare über den Ladentisch gingen, und „Stars, die nicht vom Himmel fielen. Hollywood und alle meine Freunde".
Auch an das Schreiben von Romanen wagte sich der Schauspieler heran. Sein erster 1951 publizierter Roman „Round the Rugged Rocks" wurde zwar im Literaturbetrieb kaum zur Kenntnis genommen, doch sein zweites 1981 erschienenes Belletristik-Werk „Go Slowly, Come Back Quickly" verkaufte sich dafür umso besser. Seinen dritten Roman konnte Niven nicht mehr fertig stellen, denn er starb am 29. Juli 1983 im Alter von 73 Jahren an den Folgen der Nervenkrankheit ALS in seinem Chalet im Schweizerischen Château-d’Oex – seinem neben der Côte d’Azur liebsten Domizil der letzten Lebensjahre.
Vom Wäscherei-Boten zum Star der Leinwand
Gut machte sich auch angesichts der erfolgreichen späteren Schauspiel-Karriere mit mehr als 100 Filmen die immer wieder kolportierte Anekdote mit einer schwierigen Schulausbildung. Frühe Leinwand-Ambitionen waren ihm damals offenbar fremd, vielmehr wollte er beruflich in die Fußstapfen seines Vaters treten. Daher trat David Niven gleich nach dem Schulabschluss in die traditionsreiche Royal Military Academy Sandhurst ein. Da das Kriegshandwerk auf Dauer nicht ganz nach seinem Geschmack war, setzte er sich im Herbst 1933 im Rang eines Oberleutnants bei einem Einsatz auf Malta eigenmächtig von der Truppe ab und floh nach Kanada, von wo aus er seinen Armeedienst telegraphisch als beendet deklarierte.
In den folgenden Jahren hielt er sich mit diversen Jobs wie Brückenbauer, Holzfäller, Wäscherei-Bote oder Whisky-Verkäufer über Wasser. Da er auch ein Talent als Kunstreiter bei sich bemerkt hatte, versuchte er sich nach einem Umzug nach New York 1934 kurzzeitig erfolglos in der Pferdebranche. Nach einem Abstecher nach Kuba gelangte er noch im gleichen Jahr nach Kalifornien. Dort witterte er seine Chance in der Traumfabrik Hollywood, doch als Nobody wurde er keineswegs mit offenen Armen empfangen. Es sollten harte Lehrjahe werden.
Seinem Können auf dem Sattel verdankte er zunächst Komparsenrollen vor allem in Wild-West-Filmen. Überlieferungen zufolge war er in 27 Streifen mit winzigen Auftritten beteiligt, bei denen er keine Silbe sprechen durfte und die daher ebenso wenig wie etwa sein Mitwirken als Seemann-Statist im Kinoklassiker „Meuterei auf der Bounty" aus dem Jahr 1935 in seiner offiziellen Filmografie berücksichtigt werden. Nachdem er wenig später seinen ersten Filmvertrag bei Samuel Goldwyn unterschrieben hatte, lernte er renommierte Regisseure wie Michael Curtiz, Ernst Lubitsch, William Wyler oder Otto Preminger kennen, die ihm bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs Nebenrollen meist in Militär-Uniform in Streifen wie „Zeit der Liebe, Zeit des Abschieds" oder „Blaubarts achte Frau" übertrugen.
1939 stieg er dann zum Hauptdarsteller im Drama „Sturmhöhe" an der Seite von Lawrence Olivier, in der Kömödie „Die Findelmutter" an der Seite von Ginger Rogers und in der Krimikomödie „Raffles" an der Seite von Olivia de Havilland auf, wobei er in letztgenanntem Film erstmals die Rolle eines eleganten Edel-Ganoven spielte, die ihm auch später wie auf den Leib geschnitten passen sollte.
Mehrere Golden Globes als Auszeichnungen
Trotz seiner früheren Fahnenflucht durfte Niven auf eigenen Wunsch in der britischen Armee am Krieg teilnehmen. Meist war er aber fern der Front als Ausbilder oder Koordinator von Truppen-Unterhaltungsprogrammen tätig und wirkte zwischendurch auch in britischen Propaganda-Filmen wie „The First of the Few" 1942 als Hauptdarsteller mit. Er kümmerte sich beispielsweise um die Auftritte von Marlene Dietrich und machte die Bekanntschaft von Glenn Miller. Peter Ustinov wurde ihm als eine Art Laufbursche zugeteilt, woraus sich eine lebenslange Freundschaft entwickeln sollte. Ustinov: „David war die Quintessenz des englischen Gentleman."
Nach Kriegsende schaffte er endgültig den Aufstieg zum Hollywood-Star, ohne dabei jemals den Drang zum Einstieg ins ernste Theaterfach verspürt zu haben. „Ich genieße", sagte Niven einmal, „mein glückliches Leben, und ich habe nicht den stillen Wunsch, den Hamlet zu spielen oder als Schauspieler ernst genommen zu werden. Man hat mich zu meinem Glück für meine Filme unverschämt überbezahlt, und das freut mich."
Mit seiner Rolle eines englischen Kriegspiloten im Melodram „Irrtum im Jenseits" nahm seine Karriere schon 1946 gehörig Fahrt auf, für seine Darstellung eines kultivierten Lebemanns in Otto Premingers Filmkomödie „Wolken sind überall" wurde er 1954 mit dem Golden Globe in der Kategorie Musical/Komödie ausgezeichnet. Nebenbei begann Niven in dieser Zeit mit seiner Arbeit für das amerikanische Fernsehen, wofür er bereits 1952 mit Kollegen eine eigene TV-Produktionsgesellschaft namens „Four Star Television" gegründet hatte. 1959 flimmerten 13 Folgen von „The David Niven Show" über die Mattscheiben, von September 1964 bis April 1965 strahlte NBC 30 Folgen der Staffel „Gauner gegen Gauner" aus, die dank ihres Hauptprotagonisten David Niven mit dem Golden Globe für die beste Fernsehserie belohnt wurde.
Pink-Panther-Filme letzte große Erfolge
Etwas unverständlich, dass David Niven ausgerechnet in seiner absoluten Paraderolle als britischer Gentleman Phileas Fogg in der 1956 produzierten und starbesetzten Jules Verne-Literaturverfilmung „In 80 Tagen um die Welt" keinen Oscar bekam. Obwohl das Werk von Michael Anderson sogar gleich fünf Goldjungen abräumte, war Niven für die Preisverleihung 1957 noch nicht einmal nominiert worden. Dafür durfte er zwei Jahre später endlich die Krönung seiner Schauspiel-Karriere feiern. Für seine Darstellung des Majors Pollock im Drama „Getrennt von Tisch und Bett" gab es 1959 nicht nur den Oscar, sondern als Zugabe auch noch den Golden Globe als bester Hauptdarsteller.
Viel gelobt wurde auch sein Mitwirken bei Streifen wie „Bonjour Tristesse" aus dem Jahr 1958, in dem Niven einen väterlichen Womanizer spielte, oder auch „Die Kanonen von Navarone" von 1961. In dem Kriegsfilm mimte Niven den Sprengstoffexperten Dusty Miller. In „Eine Leiche zum Dessert" 1976 war Niven in der Parodie als Meisterdetektiv Dick Charleston mit von der Partie, im Kriminalfilm „Tod auf dem Nil" 1978 agierte er als Colonel Johnny Race Seite an Seite mit seinem Freund Peter Ustinov, der den Detektiv Hercule Poirot gab. Keinesfalls unerwähnt bleiben darf die Zusammenarbeit zwischen Niven und Regisseur Blake Edwards bei drei Epsioden des Rosaroten Panthers. Erstmals erschien Niven in der Rolle des Meisterdiebes Sir Charles Lytton 1963 auf der Leinwand in der Krimikomödie „Der rosarote Panther". Obwohl er schon gesundheitlich schwer angeschlagen war, sollten in seinen beiden letzten Lebensjahren noch „Der rosarote Panther wird gejagt" (1982) und „Der Fluch des rosaroten Panthers" (1983) folgen.