Ein Mann kämpft gegen seine ungerechtfertigte Verurteilung durch die Medien. Clint Eastwoods neuer Film „Der Fall Richard Jewell" thematisiert den Terroranschlag bei den Olympischen Spielen in Atlanta im Jahr 1996. Kinostart am 19. März.
Helden können tief fallen – darum geht es in Clint Eastwoods neuem Film „Der Fall Richard Jewell". Er basiert auf einer wahren Geschichte, die tragischer kaum sein könnte: Ein zunächst als Held gefeierter Mensch wird einer Tat verdächtigt, die er nicht begangen hat. Und während er verzweifelt versucht, seine Unschuld zu beweisen, wird er in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr zum Schuldigen. Ein Kampf, der seine Gesundheit ruiniert.
Richard Jewell (Paul Walter Hauser) sehnt sich danach, Polizist zu werden. Und übersieht dabei, dass er dazu den meisten Menschen eher nicht geeignet erscheinen dürfte. Seinen Job als Bürohilfe in einer Anwaltskanzlei hat er aufgegeben, um seinen Traum zu realisieren. Doch bei der Universitätspolizei – einer Einrichtung, die es an amerikanischen Hochschulen gibt – scheitert er, weil er sich mit biertrinkenden Studenten anlegt und außerhalb des Campus Autos kontrolliert. Nach seiner Entlassung an der Uni arbeitet er als Sicherheitsmann bei den Olympischen Spielen in seiner Heimatstadt Atlanta im Jahr 1996. Bei Konzerten im Centennial Olympic Park muss er für Ordnung sorgen. Kurzum: Richard ist ein typischer Verlierer, einer, der vom vielen Fast Food dick geworden ist und mit Mitte 30 wieder bei seiner Mutter Bobi (Kathy Bates) wohnt.
Clint Eastwood, der in seiner Karriere nun wahrlich eine ganze Reihe von Helden gespielt hat, nimmt sich in „Der Fall Richard Jewell" einem ganz anderen Typ von amerikanischem Helden an: Dem, dem niemand Großes zutraut. Und der dadurch, dass er nicht in das Bild des schillernden Helden passt, in Schwierigkeiten gerät. Der aber trotzdem an Recht und Ordnung glaubt.
Aus dem Traumjob wird nichts
Paul Walter Hauser spielt den übergewichtigen, ein wenig schwerfällig wirkenden Richard Jewell mit Bravour. Es ist seine erste große Hauptrolle; kennen dürften ihn viele Zuschauer aus zwei Nebenrollen: Als dubioser Personenschützer in „I, Tonya" von 2017 und aus Spike Lees „BlacKkKlansman" von 2018.
Richards großer Tag kommt, als er am 27. Juli 1996 bei einem Konzert einen zurückgelassenen Rucksack entdeckt. Von Kollegen der Polizei, die keine große Lust haben, sich um ein vermeintlich vergessenes Gepäckstück zu kümmern, verlangt er, dass sie sich an die Vorschriften halten und den verdächtigen Gegenstand melden. Als sich dann herausstellt, dass der Rucksack tatsächlich eine Bombe enthält, hilft Richard bei der Evakuierung. Noch während die läuft, explodiert die Bombe, tötet eine Zuschauerin und verletzt 111 Menschen – deutlich weniger Menschen, als der Attentäter wohl beabsichtigt hatte.
Richard ist ein Held. Die Fernsehsender reißen sich um ihn. Und er genießt den Ruhm, ist es doch das, was er sich so lange ersehnt hat. Einem allerdings kommt die Sache merkwürdig vor: dem Rektor der Universität, für die Richard früher gearbeitet hat. Er vermutet, Richard könnte selbst der Attentäter sein – und teilt das dem FBI mit. Dort ist man sich schnell einig: Es hat schon Fälle gegeben, in denen Polizisten selbst ein Attentat vorgetäuscht haben, um nachher gefeiert zu werden. Und Richard passt scheinbar perfekt in dieses Muster.
TV-Sender reißen sich um Jewell
Clint Eastwood geht in seinem Film auf ein sensibles Thema ein: Die Vorverurteilung von Menschen durch Vertreter des Staats und die Medien – nur weil sie auf den ersten Blick als Täter infrage kommen und in die in den Köpfen sitzenden Klischees passen.
Einer Indiskretion geschuldet, gelangt die Information an die Medien, dass das FBI gegen Richard ermittelt. Eine Geschichte, die den Zeitungen Auflage und den Fernsehsendern Quote bringt. Und so ist Richard für die Öffentlichkeit zum Täter geworden, ohne dass überhaupt etwas Belastendes gegen ihn vorliegt. Gemeinsam mit dem Anwalt Watson Bryant (Sam Rockwell), den er noch von seinem Job in der Kanzlei kennt, nimmt er den Kampf um seine Ehre auf. Ein auf den ersten Blick hoffnungsloses Unterfangen.
Vermutlich würde sich der echte Richard Jewell freuen, dass Clint Eastwood nun einen Film über ihn gedreht hat, der die Dinge ins rechte Licht rückt. Erlebt hat er es nicht mehr; Richard Jewell starb 2007 im Alter von 44 Jahren.