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WAS MACHT EIGENTLICH...

Gunda Niemann-Stirnemann freut sich 1997 über ihren Sieg über 3.000 Meter in Berlin
Foto: picture-alliance / dpa

… Gunda Niemann-Stirnemann?

Mit drei Olympiasiegen, 19 Weltrekorden, 19 WM- und acht EM-Titeln ist die „Eisschnellläuferin des Jahrhunderts" die erfolgreichste Athletin ihrer Sportart. Sie beendete 2005 ihre Karriere und wurde 2019 in die Hall of Fame des Sports aufgenommen. Heute arbeitet die 53-Jährige als Trainerin und bereitet ihre Tochter auf Olympia vor.

In meiner Kindheit habe ich alle möglichen Sportarten ausprobiert. Nur Eisschnelllaufen war nicht dabei", bekundet Gunda Niemann-Stirnemann auf ihrer Homepage. So habe sie erst spät – mit 17 Jahren – zum Eisschnelllauf gefunden, „weil ich für Volleyball und Leichtathletik nicht gut genug war". Ihre ersten Versuche auf dem Eis waren wenig erfolgversprechend: „Nach den ersten Metern lag ich bereits auf der Nase." Ihre erste Goldmedaille holte sie 1985 bei der Kinder- und Jugend-Spartakiade in Chemnitz. Danach folgte eine bisher im Eisschnelllauf nicht wieder erreichte Karriere: 19 WM-Titel, 19 Weltrekorde und 19 Gesamtweltcupsiege ließen sie 1999 zur „Eisschnellläuferin des Jahrhunderts" werden. In den 90er-Jahren galt sie eigentlich als unbesiegbar. Ausgerechnet bei den Olympischen Spielen 1998 verpasste sie dann ihre insgesamt vierte Goldmedaille, als sie sich Claudia Pechstein über 5.000 Meter mit vier Hundertstelsekunden Rückstand geschlagen geben musste. Trotzdem kann sie mit acht olympischen Medaillen (dreimal Gold, viermal Silber, einmal Bronze), 215 Podiumsplatzierungen und 163 Siegen bei nationalen und internationalen Wettbewerben eine eindrucksvolle Bilanz vorweisen. „Bis heute freue ich mich unbändig über jeden einzelnen Sieg, jeden Titel und jeden gewonnenen Wettkampf", betont Niemann-Stirnemann. Ganz besonders stolz sei sie aber immer noch auf ihre erste olympische Goldmedaille 1992 über 3.000 Meter in Albertville und ergänzt bescheiden: „Ohne meine Familie, meine Freunde und meine vielen treuen Fans wäre ich nicht das geworden, was ich heute bin."

Heute arbeitet die 53-Jährige als Trainerin und bereitet ihre Tochter auf Olympia vor
Heute arbeitet die 53-Jährige als Trainerin und bereitet ihre Tochter auf Olympia vor - Foto: picture alliance / ZB

Galt in den 90ern als unbesiegbar

Seit 2014 ist Gunda Niemann-Stirnemann Trainerin beim Eissportclub Erfurt (ESCE) und gehörte im Januar 2020 der deutschen Eisschnelllauf-Delegation bei den olympischen Jugend-Winterspielen in St. Moritz an. Dort konnte sie miterleben, wie ihre von ihr seit knapp drei Jahren trainierte 17-jährige Tochter Victoria Stirnemann mehrfach in die Top Ten lief und nur knapp eine Bronzemedaille verpasste: „Zu Hause ist sie die Mama, in der Eishalle die Trainerin", beschreibt ihre Tochter, die im Januar erneut deutsche Junioren-Meisterin gewordene ist, den innerfamiliären Deal. Diese freute sich im Vorjahr, dass Victoria bei der ersten Teilnahme an der Junioren-WM auf einem beachtlichen Platz sieben im Mehrkampf landete. Mutter und Tochter sind sich einig, dass die Olympischen Spiele 2022 für Victoria wohl noch zu früh kommen: „2026 ist eher das Ziel, das wir in Angriff nehmen." Niemann-Stirnemann ist froh, dass auch ihre frühere Rivalin Claudia Pechstein öfters mal als Trainerin mit Victoria gearbeitet hat: „Claudia hat eine sehr gute Technik und kann ihr viele gute Tipps geben."

Gunda Niemann-Stirnemann, die wegen anhaltender Rückenbeschwerden 2005 ihre Karriere beendete, ist dem Eisschnelllauf durch ihre Trainertätigkeit immer noch sehr eng verbunden und nimmt Anteil an den aktuellen Entwicklungen. „Sorgen mach ich mir schon, dass wir wirklich endlich wieder auf die Strümpfe kommen. Dass man weiß, es geht vorwärts, dass man Licht am Ende des Tunnels sieht", kommentierte sie die Situation in der seit Ende 2019 führungslosen Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG). Niemann unterstützt die Bewerbung des Pechstein-Lebensgefährten Matthias Große für die Nachfolge der zurückgetretenen Verbandspräsidentin Stefanie Teeuwen. Außerdem hält sie eine Klärung des Verhältnisses zwischen DESG und Claudia Pechstein für überfällig: „Wichtig ist, dass man Anerkennung für eine solche Sportlerin hat, die diesen harten Weg für sich gewählt hat und das bis 50 wirklich versuchen möchte." Der Verband dürfe der 48-jährigen Pechstein bis zur angepeilten Olympia-Teilnehme 2022 nicht noch weitere Schwierigkeiten machen. 

„Der Sportler ist mündig"

Trotz ihrer großen Erfolge hat Gunda Niemann-Stirnemann finanziell nicht ausgesorgt: „Das geht mit Eisschnelllauf nicht. Ich habe zwar gut verdient, aber damals war Eisschnelllauf längst nicht so populär wie heute. Das Sponsoring war auch noch ganz am Anfang. Da braucht man schon einen Beruf zum Leben", sagte sie 2018 in einem „Stern"-Interview. Sie hat früher für Heiztechnikprodukte und Stromanbieter geworben und im Archiv des Thüringer Innenministeriums gearbeitet. Den ganzen Tag im Büro sitzen sei aber auf Dauer nicht ihr Ding gewesen: „Da arbeite ich jetzt lieber als Trainerin." Unter ihre Fittiche genommen hat die als „Gunda Gnadenlos" gefürchtete Übungsleiterin beim ESCE eine Gruppe von Jugendlichen im Alter von 16, 17 Jahren, darunter auch ihre Tochter Victoria, die gern mit ihrer prominenten Mutter arbeitet: „Niemand weiß besser, wie es geht." Gunda Niemann-Stirnemann gibt zu, dass sie sich auf die heute stark veränderten Trainingsbedingungen und die neue Generation umstellen musste: „Ich musste spuren. Heute ist es eher so: Der Sportler ist mündig und entscheidet für sich selbst." Eine Grenze setzt Niemann aber doch: Handys sind im Training tabu. Trotz der harten Arbeit und der strengen Disziplin in ihren Jahren als Aktive erinnere sie sich aber heute gern an „diese wunderschöne Zeit" zurück.

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