Gambia – das kleine Land an der afrikanischen Westküste ist ein ideales Ganzjahres-Reiseziel mit Tropenklima, Sandstränden in unberührter Natur, Strandresorts und ringsum Schwarzafrika in all seiner Farbenpracht.
Was soll’s denn sein? Bungafische, Baracudas, frisch Gepresstes aus Ananas und Mangos? „Welcome", ruft der „fisherman" aus seiner himmelblau gestrichenen Holzbude. Wir sind auf dem Fischmarkt von Tanji am Atlantik, dem wohl größten, lebhaftesten unter Afrikas Sonne.
Frühmorgens laufen die bunt angemalten Fischkutter aus, nachmittags schleppen die Fischer ihren Fang von Bord, sortieren ihn im Sand nach Qualität und Größe oder drapieren mit ihrem „Gold" die hölzernen Stände – dann nimmt der tägliche Wahnsinn seinen Lauf. Touristen und Einheimische kommen sich hier hautnah. Frauen in leuchtend bunten und glitzernden Kleidern balancieren nahezu alles, was es zu tragen gibt, auf dem Kopf: Wasserkanister, Geschirr, Körbe mit Fischen, Obst, Gemüse. Das Durcheinander der Menschen, die Fülle der Farben und Gerüche, das Geschrei der Händler, der Vögel – faszinierend.
„Ida, Ida", rufen Frauen aus allen Richtungen, strecken der hochgewachsenen, stolzen Afrikanerin laut lachend die schönsten Fische und Früchte entgegen. Ida Cham prüft genau – ihr Korb füllt sich mit Makrelen und Jandori-Fisch, Okra, Kassava, Chili, frischen roten und grünen Tomaten. Regelmäßig zieht sie mit kleinen Touristengruppen über den Markt am langen Sandstrand. Anschließend kocht sie zusammen mit den Gästen in ihrem Haus den viel gerühmten Eintopf „Domada".
Der mächtige Gambia-Fluss fließt 600 Kilometer weit
Die lächelnde Küste Afrikas, wie Gambia genannt wird, ist halb so groß wie Hessen – ein Fleckchen Erde, von dem die Welt noch kaum etwas weiß. Zwei schmale Landstreifen ziehen sich nördlich und südlich des mächtigen Gambia-Flusses entlang, der sich über 600 Kilometer durchs Land nach Westen in den Atlantik wälzt. Im Westen öffnet sich Gambia zum Meer, zu Lande ist es gänzlich vom Senegal umschlossen. Gambia ist arm, ohne Bodenschätze, seine 1,7 Millionen Einwohner leben von der Landwirtschaft, dem Fischfang, dem Export von Erdnüssen und dem Tourismus. Im Mündungstrichter liegt die etwas schläfrige Hauptstadt Banjul. Betriebsam ist es nur auf dem zentralen Albert Market, dem Holzschnitzermarkt Brikama gegenüber dem Ziegenmarkt und im Hafen, wo der Fährverkehr mit dem Senegal stattfindet. Der Reisende findet ein Sammelsurium von niedrigen Häusern und Hütten vor, ein paar bescheidene Kolonialbauten mit Veranden. Heraus ragt ein protziger „Triumpfbogen", der „Arch 22", den sich der damalige Präsident Yammeh in den 90er-Jahren bauen ließ. Schmuck herausgeputzt ist die Residenz des britischen Gouverneurs, heute Sitz der Regierung. 1965 gaben die Briten ihre Kolonie auf, Gambia wurde unabhängig. Eine Konföderation mit dem Senegal scheiterte nach sieben Jahren, obwohl die Ethnien der Mandinka, Woolofs, Jola und Fula und anderer in beiden Ländern zu Hause sind. Langsam entwickelte sich Tourismus – die Voraussetzungen sind günstig: Gerade zwischen November und Mai bietet Gambia Sonne im Überfluss, jeden Tag das volle Touristenprogramm unter Palmen, am Strand, am Pool. Nur sechs Flugstunden von uns entfernt, ohne nennenswerte Zeitverschiebung! Und die Preise liegen weit unter denen in Ostafrikas Touristenhochburgen. So sind in den vergangenen Jahren neue, schöne, flach gebaute Strandresorts entstanden – vor allem an den Stränden von Koto und Kololi, wo der berühmte „Senegambia strip" mit Bars und Restaurants für beste Laune sorgt. Die südliche Küstenregion rund um Kartong hingegen ist zur offiziellen Ökotourismus-Region deklariert worden. Gemeindebasierter Tourismus mit Trommelkursen, Vogelbeobachtung, Kanutouren oder dem Besuch bei einer einheimischen Familie in Kartong sowie Yoga-Stunden stehen hier auf dem Urlaubsprogramm. Von besonderem Reiz sind Bootsfahrten auf dem Gambia-River. An den Ufern dehnen sich uralte, rote und weiße Mangrovensümpfe aus, die Fischen und Austern ausgiebig Lebensraum bieten. Die Boote können hineinfahren in die Bolongs, mäandernde Seitenarme, die Refugium zahlreicher Vogelarten sind. Im 1960 gegründeten Vogel-Nationalpark Abuko kann man seltene Spezies beobachten, auch Affen und Nil-Krokodile. Wer Schimpansen in freier Natur erleben will, muss sich flussaufwärts in den River Gambia Nationalpark zu den Baboon Islands bewegen.
Vorbildliches Ökokultur-Projekt
Es war in den 60er-Jahren, als sich zwei Engländer – Ingenieur der eine, Architekt der andere – mit dem Kauf des 1.000 Hektar großen „Makasutu"-Refugiums einen Lebenstraum erfüllten. Im Nirgendwo des „heiligen" Palmenwaldes, an den Ufern eines Arms des Gambias, schufen sie im Einklang mit der Natur ein touristisches Ökokultur-Projekt, das in hohem Maße Einheimische beteiligt. 15.000 Bäume wurden gepflanzt, eine Bühne und neun wunderschöne Lodges, teils im Wasser auf Stelzen gebaut. Guides wurden ausgebildet, die den Touristen althergebrachte Zeremonien und die Wirkung von Heilkräutern erklären. Der Griot, der Geschichtenerzähler, zupft unter einer Kokospalme die Kora, eine 21-saitige Harfenlaute, und singt mit weicher Stimme von „Mama Africa" – unter den Gästen kreist der Palmwein, den sie hier „Jungle Juice" nennen. Makasutu ist in Gambia zur Attraktion geworden.
Erinnerung an die Sklavengeschichte
„Ndakanka" – easy going", ruft der Bootsführer immer wieder in der Sprache der Woolof. Nach zwei Stunden kommt der staubige Ort Juffureh in Sicht; weltweit bekannt durch den Roman „Roots" von Alex Haley (1921 bis 1992) und dem danach hier gedrehten Film. Erzählt wird von der Verschleppung und Versklavung des Mandingo-Jungen Kunta Kinte, der zum Volkshelden wurde. Auch für den heutigen Besucher schwer erträglich ist die Geschichte der Sklavenverschleppung und -verschiffung auf James Island, der vorgelagerten „isle of no return", der Insel ohne Wiederkehr. Im Mai ist Gambia im Festivalfieber. Zum Roots Festival strömen Besucher aus aller Welt, um gemeinsam mit den Ethnien unter der Sonne Afrikas zu tanzen, zu singen, zu feiern. Trommel- und Koramusik begleiten die Karnevalsumzüge, Maskeraden und Bootsrennen. Männer stolzieren in edlen Kaftanen und bestickten Käppis; die Frauen in prächtigen Kleidern mit Schmuck und üppigen Hutfantasien schreiten in Würde.