Mit seinem neuen Album „Nur für mich" meldet EstA sich zurück. Wer den Rapper einmal ehrlich und privat hören will, hat ab jetzt die Chance – denn sein neues Werk bezeichnet er selbst als „kleine Autobiografie".
Es klingt wie eine Reise durch eine bewegte Vergangenheit. Die Melodien bleiben im Kopf, die Texte regen zum Nachdenken an. „Das ist mein mit Abstand persönlichstes und ehrlichstes Album", sagt Eike Staab – vielen besser bekannt als EstA. „Nur für mich" heißt das dritte Album des Saarbrücker Rappers, der durch seine Teilnahme beim Videobattleturnier (VBT) in den Jahren 2011 und 2014 Bekanntheit erlangte. In 16 Songs teilt der junge Rap-Musiker eine Seite mit seinen Fans, die zuvor kaum jemand kannte. „Das ist schon eine kleine Autobiografie darüber, was in den letzten vier Jahren abgegangen ist", erklärt er stolz. Vier Jahre, in denen es teilweise sehr still um ihn geworden ist.
„Eigentlich könnte das hier gefühlt mein fünftes Album sein", sagt er selbst. „Aber da wurden mir einige Steine in den Weg gelegt." Einen Weg, den er insbesondere im Song „Allein gegen alle Part 2" aufarbeitet. 2013 war Baba Saad, Labelchef der „Halunkenbande" auf das Nachwuchstalent aufmerksam geworden und nahm ihn unter Vertrag. „Der Name ist dort definitiv Programm", prangert er an. Insgesamt habe Baba Saad ihn um 30.000 bis 40.000 Euro betrogen, sagt er. „Er hat mich ziemlich krass abgezogen. Falsche Abrechnungen, ziemlich viele Lügen. Damit habe ich ihn irgendwann konfrontiert." Die Folge seien massive Bedrohungen gewesen. „Ich habe mehr als ein Jahr gekämpft bis ich aus dem Vertrag rauskam. Er hat das immer weiter verzögert", erzählt EstA. Besonders spannend: Der erste Song, den er damals über Baba Saads Label veröffentlicht hatte, hieß ebenfalls „Allein gegen alle" und auch der Refrain des aktuellen Songs ist an das Stück von damals angelehnt.
2015 wurde sein Vertrag aufgelöst. „Es war eine schwierige Zeit, wenn du genau weißt, du wartest nur auf den nächsten Anwaltsbrief", erinnert er sich. Während er wartete, konnte EstA auch keine Songs veröffentlichen – schließlich war der Vertrag noch nicht aufgelöst. „Ich war damals in der Produktion zu meinem zweiten Album „BestA". Mein erstes Album war auf elf gechartet – das zweite kam aber meiner Meinung nach ein Jahr zu spät." Zwar landete es trotzdem auf Platz 34 der deutschen Albumcharts, doch ist EstA sich sicher: „Da wäre mehr drin gewesen."
Untätig war er in den vergangenen Jahren aber dennoch nicht. Einige Songs, sogenannte „Freetracks", also Songs, die keinen finanziellen Nutzen bringen, hatte er veröffentlicht. Auch arbeitet er in enger Kooperation mit dem Saarland-Marketing, für welches er Songs produzierte – darunter auch das zu Weihnachten veröffentlichte „Du bist".
Ein Song für die Ex-Freundin
Aber auf der einen Seite der Rap und auf der anderen Marketing – wie passt das zusammen? Ein Thema, das ebenfalls auf dem neuen Album behandelt wird. „Der Song heißt ‚Dazwischen‘. Er beschreibt diesen Kampf damit, hin- und hergerissen zu sein zwischen dieser konservativen Welt und dem Rap-Business. Das ist ein Zwiespalt", erzählt EstA. „Aber das bin so komplett ich."
Komplett möchte er in jedem der Tracks sein. So geht es einmal um den Support seiner Familie – besonders der Großeltern („Ein bewegtes Leben"), einmal um eine beendete Freundschaft („Verbrannte Erde"). Besonders am Herzen liegt dem Musiker aber ein Song, der sich an seine Ex-Freundin richtet („Dein Herz"): „Das ist definitiv einer der besten Songs, die ich bisher geschrieben habe. Der geht komplett unter die Haut. Der bringt mich immer wieder in eine melancholische Stimmung. Aber es ist ein schöner Song – ein sehr schöner Song."
Die Ehrlichkeit in seinen Zeilen hört man – genauso wie man auch die Arbeit, die in ihnen steckt, spürt. Eigentlich war bereits vor geraumer Zeit ein komplettes Album fertiggestellt gewesen. „Das habe ich fast komplett wieder verworfen, weil ich den Sound nicht mehr gefühlt habe. Damals war das der Weg, den ich musikalisch gehen wollte, aber dann habe ich gemerkt: Nein, das bin ich nicht mehr", so der Musiker. „Man merkt schon, dass ich erwachsen geworden bin. Ich bin 31, ich muss mir nichts mehr vormachen – das ist ein ganz normaler Entwicklungsprozess. Man bekommt irgendwann auch eine reflektiertere Sicht auf die Dinge. Anfangs habe ich recht unreflektiert die Songs geschrieben und teilweise wild Leute beleidigt – das war eine coole Zeit, ich stehe zu jedem Song, den ich damals geschrieben habe, aber ich bin das nicht mehr." Einige Songs, erzählt er, stünden schon seit einiger Zeit, ein paar andere wurden lediglich teilweise übernommen. „Viele Songs sind erst in den letzten paar Wochen entstanden. Teilweise haben wir bis vier Uhr morgens im Studio verbracht." Wir – das sind er und die Produzenten Marvin Gate und Eric Philippi, die an der Produktion von „Nur für mich" beteiligt waren. Philippi selbst ist in einigen Songs zu hören. Neben ihm sind Sänger Jona und die Sängerinnen Ruiny und All Things Eve auf dem Album vertreten. „Mit Features bin ich immer sehr sparsam. Das muss einfach zu dem Song passen", so EstA.
Doch etwas ganz anderes muss für den jungen Mann ebenfalls passen. „Ich weiß nicht, ob meine Art zu rappen noch in die aktuelle Zeit passt", sagt er etwas nachdenklich. Das thematisiert er auch im Outro des neuen Albums („Mehr als Ok"). „Ich hänge da dran – ich mache das jetzt seit 15 Jahren. Aber es ist einfach meine Art und auch mein Anspruch an mich selbst was den Rap angeht – das ist ein anderer als der vieler anderer Künstler. Sei es die Textstruktur, der Text, der Inhalt – einfach der Vibe", sagt er. Den Gedanken, dass das aktuelle Album sein letztes sein könnte, trägt er bereits seit einem halben Jahr mit sich herum. „Ich habe keine Ahnung wohin die Reise geht – vielleicht ist es das Ende, vielleicht der Anfang von etwas Neuem. Das halte ich mir noch offen."