Steuern stunden, Kredite erleichtern, Fördermittel ausschütten – angesichts der Corona-Epidemie läuft die Debatte über Hilfen für Firmen, Kleinunternehmen und Solo-Selbstständige. Experten warnen vor einem schärferen Einbruch als 2009 nach der Finanzkrise.
Die Corona-Epidemie verursacht möglicherweise größere wirtschaftliche Probleme als bisher gedacht. Das kann beispielsweise Restaurants betreffen, die monatelang auf einen Teil ihrer Kundschaft verzichten müssen, weil die Leute vorsichtshalber zu Hause bleiben. Als wesentliche ökonomische Gegenmaßnahme hat die Bundesregierung bisher Erleichterungen bei der Kurzarbeit beschlossen. Welche weiteren Instrumente werden diskutiert, um Firmen und Beschäftigte zu unterstützen?
Stundung von Steuern
Den Firmen, die Probleme bekommen, könnten die Finanzämter auf Antrag die Vorauszahlungen zur Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer stunden, und zwar zinslos. Das schlugen am Mittwoch sieben führende Ökonomen vor, darunter die ehemaligen Wirtschaftsweisen Beatrice Weder di Mauro und Peter Bofinger. Normalerweise werden die Vorauszahlungen auf die Steuerschuld monatlich oder vierteljährlich eingezogen. Das könnte manchen Betrieb in die Bredouille bringen, wenn die Umsätze in den nächsten Monaten einbrechen und sich die Geschäftskonten leeren. Stundungen mögen helfen, Insolvenzen zu vermeiden.
Weniger Einkommensteuer?
Die Forscherinnen und Forscher regten außerdem an, über die „temporäre Herabsetzung der Einkommen- und Körperschaftsteuer" nachzudenken, die das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz erlaube. Dabei handelte es sich nicht um eine dauerhafte Senkung der Steuersätze, sondern um eine vorübergehende Notmaßnahme. Für ein Jahr würden die Firmen bis zu zehn Prozent weniger an die Finanzämter entrichten.
Auch die Mehrwertsteuer?
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), rät, die Mehrwertsteuer vorübergehend zu reduzieren. Dies würde die Nachfrage in den Geschäften ankurbeln, dadurch den Firmen und ihren Beschäftigten dienen. Die sieben Ökonomen halten davon jedoch nichts. Begründung: Es fehle augenblicklich kein Geld für Nachfrage. Die Bevölkerung würde es nur nicht ausgeben, weil viele zu Hause blieben. Eine Politik, die Nachfrage stimuliere, sei deshalb nicht das richtige Instrument. Ein bisschen inkonsistent erscheint jedoch, dass Bofinger und Co. empfehlen, die Teilabschaffung des Solidarzuschlags auf Juli dieses Jahres vorzuziehen – auch das ist eine nachfrageorientierte Maßnahme.
Finanzspritzen für Betriebe
Notleidende Firmen oder solche, die größere Ausfälle befürchten, können schon jetzt auf die bestehenden Programme der öffentlichen KfW-Bankengruppe zurückgreifen. Damit handelt es sich um Kredite zu günstigen Konditionen, die Geschäftsbanken mit Rückendeckung der KfW vergeben. Fratzscher vom DIW geht noch einen Schritt weiter: Er empfiehlt gezielt und passgenau Fördermittel für Kleinstbetriebe und Solo-Selbstständige als nicht-rückzahlbare Gelder auszuschütten. Der Deutsche Kulturrat hat vorgeschlagen, Künstler, denen die Gagen wegbrechen, mit 1.000 Euro monatlich zu unterstützen.
Vielleicht reicht dieser Ansatz aber nicht. Denn Kredite müssen irgendwann zurückgezahlt werden, was möglicherweise manchem Betrieb schwerfällt. Bei Zuschüssen wäre das anders, wobei diese auf europarechtliche Probleme stoßen. Die sieben Ökonomen empfehlen nun immerhin, über „neuartige Instrumente" nachzudenken. Und sie schreiben: „Als letzte Möglichkeit wäre daran zu denken, dass sich der Staat mit Eigenkapital an Unternehmen beteiligt." Wenn überhaupt dürfte diese Variante jedoch nur für größere Firmen infrage kommen.
Geld- und Fiskalpolitik
Wenn aus einem wirtschaftlichen Einbruch von mehreren Monaten eine ausgewachsene europäische Rezession wird, viele Unternehmen in Schwierigkeiten geraten und Kredite nicht mehr bedienen können, mag das auch wieder die Frage nach der Stabilität von Banken aufwerfen. Besonders in Italien ist das Problem relevant. Dann muss möglicherweise die Europäische Zentralbank ran und Geldinstitute stabilisieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte zudem an, den europäischen Maastricht-Vertrag „flexibel" handhaben zu wollen – soll heißen, dass vor allem das besonders betroffene Italien mehr Schulden aufnehmen könnte. Auch für Deutschland deutete die Kanzlerin an, dass die Regierung vielleicht zusätzliche Kredite in Anspruch nehmen wird.