In Befürchtung einer Infektion mit dem Coronavirus werden derzeit medial reichlich Tipps zur Stärkung des eigenen Immunsystems lanciert. Obwohl überreagierende Abwehrkräfte genauso schädlich sein können wie ein zu schwaches Immunsystem.
Derzeit sind die Massenmedien und zahlreiche Gesundheits-Webseiten hierzulande voll von Tipps, wie sich das körpereigene Immunsystem am besten im Kampf gegen das grassierende Coronavirus wappnen und stärken lassen kann. Dabei sind die meisten Ratschläge mehr oder weniger identisch mit den vorbeugenden Schutzmaßnahmen, die alljährlich vor Ausbruch der großen Grippewellen lanciert werden. Ein „starkes Immunsystem", wie die „Neue Zürcher Zeitung" („NZZ") unlängst völlig zu Recht kritisch kommentiert hatte, sollte dabei gar nicht unbedingt wünschenswert sein, und es gebe ein solches eigentlich auch gar nicht: „Wichtig ist, dass die Immunabwehr ausgeglichen und angemessen reagiert; zu wenig Aktivität ist nicht gut, zu viel aber auch nicht", so die „NZZ". Viel sinnvoller sei es daher, von einem schwachen, einem normalen oder einem falsch reagierenden Immunsystem zu sprechen.
Speziell eine zu exzessive Immunreaktion kann bei Ernstfällen der Lungenkrankheit Covid-19 durch die starke Ausschüttung von für die Lungenzellen toxischen Abwehrstoffen sogar mehr Schäden anrichten als das Coronavirus selbst. Um genau diesem Szenario vorzubeugen, werden derzeit sogenannte Immunmodulatoren getestet, mit denen überschießende Abwehrreaktionen bei schwer erkrankten Corona-Patienten gedämpft werden sollen. Ein schwaches Immunsystem, wie es bei Babys oder älteren Menschen anzutreffen ist, ist allerdings im Kampf gegen das Virus fast ebenso bedenklich. Auch wenn gottlob die Abwehrzellen der Allerkleinsten die Erreger aus noch nicht gänzlich geklärten Gründen offenbar ausschalten können. Bei den Älteren sieht das gänzlich anders aus, weil mit fortschreitenden Lebensjahren die Aktivität der Immunabwehr nachlässt und dabei die Menge an Antikörpern und Immunzellen abnimmt.
Am besten ist man daher gegen das Coronavirus mit einem normalen, funktionstüchtigen Immunsystem gewappnet, das auf einen Angriff des Erregers angemessen reagiert. Erst vor diesem Hintergrund sollte man sich dann mit Faktoren beschäftigen, die die körpereigene Immunabwehr stärken oder auch schwächen können. Kurz gesagt sollten Schlafmangel, Stress, Nikotin- oder Alkoholkonsum möglichst vermieden und der Körper ausreichend mit gesunder Kost samt Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien versorgt werden. Wobei vorab schon mal darauf hingewiesen werden sollte, dass derzeit in den Medien kursierenden Schnellhilfen wie die massenhafte Zuführung von Nahrungsergänzungsmitteln (falls kein echter Mangel besteht), Vitaminbomben oder den derzeit besonders trendigen Ingwer-Shots (gegebenenfalls auch noch mit Kurkuma aufgepeppt) gegen das Coronavirus kaum etwas bringen können.
Was stärkt
Die einfachste und naheliegendste Formel für ein normales und gutes Immunsystem ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung. Frisches Obst und Gemüse sind dabei das A und O, allerdings sollten auf jeden Fall auch gezielt gutes Fleisch, Fisch, Eier und Milch auf den Tisch kommen. Darin sind Vitalstoffe enthalten, die in rein pflanzlichen Lebensmitteln häufig fehlen. Wichtig für das Immunsystem sind jedenfalls ausreichende Mengen an Vitaminen, Mineralien oder Spurenelementen wie Vitamin A, Vitamin B6 und B12, Vitamin C, Vitamin E sowie Zink, Selen, Eisen und Kupfer. Dass Ballaststoffe für den Darm, in dem ein Großteil aller Immunzellen ansässig ist, sehr hilfreich sind, dürfte längst Allgemeinwissen sein.
Ebenso, dass sich eine ausgewogene Ernährung durch den Verzehr von möglichst wenig Zucker, einen geringen Fleischkonsum und wenig tierische Fette auszeichnet. Die trendigen Superfoods können allenfalls als Ergänzung einer gesunden, möglichst vollwertigen Mischkost angesehen werden.
Reichlich trinken ist nicht zu vergessen, weil dadurch auch die Schleimhäute vorm Austrocknen bewahrt werden können. Der Bedarf am lebensnotwendigen Vitamin D kann durch die Nahrungsaufnahme nicht in ausreichender Menge gedeckt werden, weshalb Sonnetanken zur Vitamin-D-Bildung empfehlenswert ist. Frische Luft tut dem Immunsystem ebenso gut wie ein Saunabesuch, der die Durchblutung anregt und die Abwehrzellen aktiviert. Und schließlich bringen Bewegung und Sport unser körperliches Immunsystem gehörig in Schwung, weil dabei die Bildung von Antikörpern und Abwehrzellen regelrecht angekurbelt wird.
Was schwächt
Es lässt sich inzwischen wissenschaftlich belegen, dass starker Stress die körperliche Immunabwehr schwächen und daher die Anfälligkeit für Viren wie Corona steigern kann. Genauso schädlich wie die stressmäßige Überanstrengung ist ein dauerhafter Schlafmangel. Denn bei einer perfekten Nachtruhe gelingt dem Körper gewissermaßen ein ständiges Reset des Immunsystems, während durch häufige Schlaflosigkeit laut diverser Studien die Zahl der Abwehrzellen sinken kann – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf das Immunsystem. Sportliche Betätigung ist zwar grundsätzlich gut, aber wenn sie in übermäßige Anstrengung umschlägt, ist davon in Corona-Zeiten dringend abzuraten. Dabei kommt es nämlich zu extremen Schwankungen der Zahl der Abwehrzellen im Blut, was für den Körper enorm belastend sein und ihn dadurch für Virenattacken anfällig machen kann.
Rauchen belastet das Immunsystem
Auch die Luftverschmutzung kann sich negativ auf das Immunsystem auswirken, daher sollte man das Einatmen von Schadstoffen im Freien möglichst reduzieren und zusätzlich im eigenen Wohnbereich für eine ausreichende Sauerstoffzufuhr sorgen. Rauchen ist bekanntermaßen extrem gesundheitsschädlich, die im Tabak enthaltenen Giftstoffe belasten aber auch das Immunsystem stark, weil durch den Glimmstängel beispielsweise die Schleimhäute schnell austrocknen und dadurch zu einem perfekten Nährboden für das Coronavirus werden können. Dass Alkohol die körpereigenen Abwehrzellen schwächen kann, konnte durch Studien schon hinreichend belegt werden. Nicht zuletzt sollten Kälte und daraus resultierendes Frieren vermieden werden, weil Kälte die Durchblutung verlangsamt und dadurch die Abwehrzellen gewissermaßen ausgebremst werden können. Dass ungesundes Essen, übermäßiger Zuckerkonsum oder ausgeprägter Bewegungsmangel Gift für unser Immunsystem darstellen, sollte sich von selbst verstehen.