„Das fleißige Lieschen": Im ersten Fall geraten die neuen Tatort-Kommissare Adam Schürk (Daniel Sträßer) und Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) sehr bald in
eine Spirale von Gewalt. Obendrein verbindet das Duo ein dunkles Geheimnis.
Die gewohnte Arbeitsaufteilung „guter Bulle, böser Bulle" sucht man bei dem neuen Tatort-Gespann vergebens. „Wir sind beide gute Bullen", erzählt Daniel Sträßer, der den Saarbrücker Kommissar Adam Schürk verkörpert. „Nur haben wir einen unterschiedlichen Angang. Meine Figur beispielsweise ist etwas schroffer im Ton und in der Handhabe, was man übrigens schon in den ersten Minuten des Films zu sehen bekommt." Sein Partner, der Saarbrücker Kommissar Leo Hölzer, verkörpert von Vladimir Burlakov, geht dagegen wesentlich feiner an die Kriminalfälle heran. „Leo ist jemand, der ganz genau zuhört, beobachtet und analysiert. Er hat einen sehr psychologischen und reflektierenden Ansatz und möchte sein Gegenüber durchleuchten, verstehen und den Kern dieser Person erfühlen."
„Das fleißige Lieschen" – der Titel des neuen Tatorts – beginnt mit einem Konflikt. Der Partner von Leo Hölzer möchte nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten. Denn Leo hat ein Ermittlungsverfahren am Hals. Er hat sich geweigert, an entscheidender Stelle von seiner Schusswaffe Gebrauch zu machen und sich damit nach Ansicht des Disziplinarbeamten wegen unterlassener Amtshilfe strafbar gemacht. Wie es der Zufall will, kehrt Adam gerade nach 15 Jahren zurück ins Saarland. Natürlich braucht der neue Kommissar auch einen Partner. Doch diese scheinbar perfekte Zusammenkunft der beiden wird von einem dunklen Geheimnis überschattet.
„Adam wurde früh vom Leben gezeichnet", schildert Sträßer den Hintergrund seiner Figur. „Diejenigen, die für ihn sorgten, die ihn hätten schützen sollen, haben ihn im Stich gelassen und buchstäblich mit Füßen getreten. Das hinterlässt dicke Flecken auf der Seele und eine gewisse Kälte in seinen Augen." Mit der Zeit fand Adam schließlich die Kraft, sein Schicksal in die Hand zu nehmen und das Saarland hinter sich zu lassen. Auch Leo musste viel Leid in seiner Kindheit erfahren. Auch er wurde Opfer von Gewalt. „Leo hat sehr viel durchgemacht, was ihn bis heute nicht loslässt", erzählt Burlakov. So wie Adam musste Leo lernen, mit den traumatischen Erfahrungen seiner Kindheit leben zu müssen. Im Gegensatz zu Adam konnte sich Leo allerdings nicht aus diesem toxischen Umfeld befreien. Er blieb im Saarland.
Ihr erster gemeinsamer Fall führt die beiden mitten in das Geflecht einer völlig verfeindeten Industrieellenfamilie, in der jeder jeden hasst. Ermordet wurde der jüngere zweier Brüder, der das Familienunternehmen übernehmen sollte. Schnell wird klar, dass die Hintergründe, die zum Mord führten, weit in die Vergangenheit reichen. Bereits der Vater der beiden Brüder ist unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen. Während des Zweiten Weltkrieges beschäftigte das spätere Familienunternehmen – wie so viele damals – Zwangsarbeiter. Schnell kämpfen die Kommissare an zwei Fronten: zum einen, der ihrer eigenen Vergangenheit und zum anderen an der der einflussreichen Saarbrücker Familie.
„Flecken auf der Seele und eine gewisse Kälte in seinen Augen"
Das ist für die beiden Hauptdarsteller auch die Besonderheit ihrer ersten gemeinsamen Tatort-Folge. „Es ist ein wunderbares Gewebe aus Geschichten, die parallel laufen und sich doch zum Verwechseln ähneln", lobt Sträßer die Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor Hendrik Hölzemann. „Für mich hat das Drehbuch einen philosophischen Anspruch, der weit über die klassische Krimi-Dramaturgie hinausgeht." Im Zentrum des Stoffs steht die Vererbung von Gewalt. Wir sehen eine perfide Großvaterfigur, traumatisiert vom Zweiten Weltkrieg. Einen industriellen Profiteur des NS-Regimes, der auch nach dem Ende des Krieges tief im Nationalsozialismus verwurzelt bleibt. Diesen Hass und die Gewalt, was er erlebt hat, was in ihm lodert und was er in seinem Herzen trägt, vererbt er auch an seine Nachkommen weiter. Und so geht es dann von Generation zu Generation. Deutlich werden diese Erfahrungen in der Vielschichtigkeit der Rollen, die den Protagonisten keine Wünsche offenließ. „Wir haben eine sehr präzise geschriebene Figurenbibel – eine Vorgeschichte zur Rolle, in der die Lebensgeschichte und die Charakteristik der Figur geschildert wird – an die Hand bekommen", erzählt Vladimir Burlakov. „Das war natürlich eine hervorragende Vorlage um die Figuren entwickeln zu können." In der gemeinsamen Arbeit mit dem Tatort-Regisseur Christian Theede und dem Drehbuchautor Hendrik Hölzemann entstanden so die tiefen, lebendigen Figuren, gezeichnet von ihrer schwerer Vergangenheit und den dramatischen Erlebnissen, die sie zu den Personen geformt haben, die sie nun geworden sind.
Insgesamt hatte das Team 22 Tage Zeit, um die Folge „Das fleißige Lieschen" abdrehen zu können. Neben dem Hauptschauplatz Saarbrücken kamen weitere spannende Drehorte wie Sulzbach, Püttlingen und Mettlach hinzu. Die Gastfreundschaft der Saarländer blieb dem Team auch nach dem Ende der Dreharbeiten nachhaltig positiv in Erinnerung. „In dieser Zeit haben wir gemerkt, wie viel Potenzial das Saarland als Filmlandschaft hat", schwärmt Burlakov. „Alle unsere Komparsen waren sehr motiviert und sehr engagiert am Set." Das ist für den Schauspieler mit russischen Wurzeln – Vladimir Burlakov wurde 1987 in Moskau geboren und siedelte erst im Alter von neun Jahren gemeinsam mit seiner Mutter, Großmutter und seiner Zwillingsschwester nach Deutschland über – keine Selbstverständlichkeit. Vor allem in Ballungszentren wie Berlin sei es schwer, Komparsen zu finden. Zumal wenn man bedenke, dass die Gagen im Komparsen-Bereich relativ überschaubar seien. Im Saarland würde es den Menschen nicht primär ums Geld gehen, betont Burlakov. „Sie wollten einfach bei dem Film dabei sein. Und diese Lust aufs Schauspielen haben wir jeden Tag am Set zu spüren bekommen."
Und so geht es dann von Generation zu Generation weiter
Neu war das Saarland für Vladimir Burlakov übrigens nicht. Der Absolvent der renommierten Otto-Falckenberg-Schule in München war bereits auf einigen Max-Ophüls-Preisverleihungen zu Gast. Er war sogar schon in der Kategorie „bester Nachwuchspreis" nominiert. „Leider ging die Auszeichnung an einen anderen Darsteller", erzählt Burlakov, „dennoch war es für mich eine große Ehre, bei diesem Filmfestival dabei sein zu dürfen."
Einen richtigen Draht zu Saarbrücken fand Burlakov allerdings erst bei den ersten „Tatort"-Aufnahmen. „Das habe ich meinem Kollegen Daniel Sträßer zu verdanken", so der neue Kommissar. Sträßer ist nämlich gebürtiger Saarländer. In Völklingen geboren, wuchs der spätere Schauspieler in Saarbrücken auf. „Somit konnte er unserem Team und mir all die schönen Plätze zeigen, die dieses kleine, aber sehr sympathische Städtchen ausmachen."
Restaurant und Szenekneipe „Tante Anna" wurde für das Team nach Feierabend zum zweiten Wohnzimmer. Es wurde getrunken, gelacht und viel Tischkicker gespielt. „Für die Saarbrücker ist es natürlich kein Geheimnis", weiß Sträßer. „Vladimir dagegen, der diese Kneipe natürlich nicht gekannt hat, war begeistert." Auch die alte Gasthausbrauerei „Stiefel Bräu" kam bei Vladimir Burlakov gut an, ganz zur Freude von Daniel Sträßer.
Kontakt halten die Schauspieler auch nach den Dreharbeiten
Auch nach dem Ende der Dreharbeiten bleiben die beiden „Tatort"-Kommissare in Kontakt. Aus der Zusammenarbeit erwuchs eine richtige Männerfreundschaft, die trotz des dichten Terminkalenders auch in Berlin – dem Wohnort der beiden Schauspieler – fortbesteht. „Wir wohnen nur ein paar Straßen voneinander entfernt", verrät Burlakov. Von dem persönlichen Kontakt profitieren natürlich nicht nur die beiden Schauspieler, sondern auch die neue Tatort-Reihe aus dem Saarland. „Das Besondere an unseren Rollen ist ja, dass sie nicht nach einem Film zu Ende gespielt sind. Es geht mit Leo und Adam weiter und das für die nächsten vier, fünf Jahre. Deswegen finde ich es auch so großartig, dass Vladimir und ich uns nicht nur beruflich prima verstehen, sondern auch privat. Somit sind wir auch ein perfektes Team."