Wer von dem Hamburger Stadtteil Blankenese hört, verbindet diesen Ort meistens mit Luxus und Reichtum. Doch das ist nur eine Seite des schmucken Elbvorortes. Ursprünglich lebten am Hang oberhalb der Elbe einfache Fischer und Kapitäne. Noch heute finden sich zwischen noblen Häusern und modernen Villen zahlreiche kleine Fischerhäuschen, die von früheren Zeiten erzählen. Für ihren neuesten Roman „Die Elbleichen" wählt Autorin Regine Seemann das ehemalige Fischerdorf als Kulisse.
Auf der Insel Neßsand, einem Naturschutzgebiet unweit des Blankeneser Elbufers, werden zwei stark verweste Leichen gefunden. Schon bald entsteht der Verdacht, dass es sich bei den Ermordeten um den Inselwart und seine Frau handelt, die seit der Sturmflut 1976 als vermisst gelten. Aber was hat es mit der tätowierten Nummer auf dem Arm der Frauenleiche auf sich? Die Spurensuche gestaltet sich äußerst schwierig. Die vermutliche Tatzeit liegt fast 40 Jahre zurück, und es leben nur noch wenige Menschen, die den Inselwart und seine Frau kannten. Erst als sich die Kommissarinnen Stella und Banu bei dem legendären Treppenfest unter die Anwohner mischen, kommt der Fall ins Rollen. Die Ermittlungen führen vom Blankeneser Treppenviertel zu der damaligen Warburg-Villa – einem jüdischen Kinderheim – und zur Gedenkstätte Bergen-Belsen. Und dann geschieht ein weiterer Mord …
Regine Seemann hat einen fesselnden Kriminalroman geschrieben, der bis zum Ende des zweiten Weltkriegs zurückreicht und die Geschichte eines dramatischen Frauenschicksals beinhaltet. Abschnitte mit Aufzeichnungen aus zurückliegenden Therapiegesprächen wecken die Neugier des Lesers und machen die überraschende Lösung des Falls schlüssig. Liebhaber des Treppenviertels können sich zudem freuen, wie ausgezeichnet die Autorin vor Ort recherchiert hat: Seemann bringt den Lesern Menschen und Atmosphäre spürbar nahe und Details sind absolut getroffen. Ein lesenswerter, spannender Krimi mit Elbblick.