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WAS MACHT EIGENTLICH...

Henning Venske moderierte Anfang der 70er-Jahre die beliebte TV-Sendung „Musik aus Studio B“
Foto: picture alliance / United Archives

… Henning Venske?

Er war stets ein unbequemer Zeitgenosse und machte jahrzehntelang mit seiner „Lästerzunge" als Kabarettist Karriere. Außerdem arbeitete er als Schauspieler, Texter, Moderator und Regisseur. 2018 hat er sich vom politischen Kabarett verabschiedet, ist weiterhin als Autor tätig und tritt auch noch mit 81 Jahren mit literarischen Lesungen auf.

Ich habe für Berufspolitiker nichts übrig und einen ziemlichen Widerwillen gegenüber Parteien", verriet Henning Venske 2019 in der Talkshow „Kölner Treff". Von „Altersmilde" will der scharfzüngige Kabarettist nichts wissen, denn seine rigorosen Einstellungen gegenüber dem Polit-Betrieb hat er sich bis heute bewahrt. Anlässlich seines 80. Geburtstags wurde er gefragt, ob es einen für ihn akzeptablen Politiker gebe. „Da fällt mir keiner ein", urteilte Venske gewohnt hart, mit der kleinen Einschränkung: „Ich habe Willy Brandt verehrt, bis er sich für den Radikalenerlass stark gemacht hat." Weil seine unbequemen Ansichten und verbalen Grenzüberschreitungen ihn in der Vergangenheit oft den Job bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gekostet hat, machte das Wort vom „meistgefeuerten deutschen Satiriker" die Runde.

Henning Venske ist weiterhin als Autor tätig und tritt auch noch mit 81 Jahren mit literarischen Lesungen auf
Henning Venske ist weiterhin als Autor tätig und tritt auch noch mit 81 Jahren mit literarischen Lesungen auf - Foto: picture alliance / dpa

Obwohl Venske immer noch meinungsstark ist, hat er sich Ende 2018 vom aktuellen Politik-Kabarett verabschiedet und mit seinem letzten Solo-Programm „Summa Summarum" ein persönliches Resümee seiner Arbeit gezogen. Diese „ultimativen satirischen Abrechnungen" wurden im Vorjahr auch als Vierer-CD-Box veröffentlicht. In den vergangenen Jahren konnte ihn sein Publikum noch auf Tourneen mit Kollege Jochen Busse erleben. Für ihre Programme wurden die beiden Alt-Stars 2010 mit dem Ehrenpreis des deutschen Kleinkunstpreises und 2012 dem Ehrenpreis des bayerischen Kabarettpreises ausgezeichnet. Seit 1997 trat Venske regelmäßig auch solo im Hamburger Kabarett „Alma Hoppes Lustspielhaus" auf, wo er bis 2017 insgesamt mehr als 85 satirische Monats- und Jahresrückblicke präsentierte. Venskes letzte großen Bühnenprogramme waren „Es war mir ein Vergnügen" (2014) und „Satire – gemein aber nicht unhöflich" (2016), bevor er dann 2017 für sein Lebenswerk den Jürgen-von-Manger-Ehrenpreis entgegennehmen konnte.

„Ich bin kein Menschenfeind"

Als Kabarettist einfach so weitermachen wie bisher, hat für ihn den Reiz verloren: „Es wiederholt sich alles. Einige Politiker-Typen sind Wiedergänger. Die kenne ich alle schon lange und wende mich nun peinlich berührt ab", begründete Venske im „Kölner Treff" seinen Abschied von der politischen Satire. Obwohl sein hartes Urteil in Politik- und Gesellschaftsfragen jahrzehntelang gefürchtet war, weist er die oft gehörte Schmähung als Misanthrop zurück: „Ich bin kein Menschenfeind. Mein kabarettistisches Motiv war Mitleid mit den Opfern, kombiniert mit einem Zorn auf die, das das verursacht haben." Er habe wegen seiner gefürchteten Rundumschläge nie Schlafstörungen oder Magengeschwüre gehabt, und wenn er seinen Arbeitsplatz riskiert habe, sei dem immer eine Kopfentscheidung vorausgegangen.

Für seine Arbeit gebe es so gut wie keine neuen Themen mehr, denn seit Erfindung der Satire gehe es ja immer um „Krieg und Frieden, Arm und Reich, Macht und Ohnmacht, Moral, Gesundheit, Ausländer, Korruption sowie Mann und Frau", schreibt Venske auf seiner Website. Er wolle sich nicht wiederholen, denn all diese Themen habe er in den vergangenen 40 Jahren schon ausgiebig abgehandelt: „Alle Witze über Regierende und Regierte wurden gemacht und entsprechend belacht". Es sei Zeit, jetzt andere ranzulassen. Er sei heute ein ausgesprochener Fan von Jan Böhmermann: „So wie der das macht, wird das dem Medium Fernsehen gerecht. Das ist in der Schärfe gut, das gefällt mir. Der ist hochbegabt", beschreibt er den gleichermaßen provokanten Kollegen.

Dankbar für seine Karriere

Neben dem beruflich bissigen Venske gab es aber immer auch einen ganz anderen, der sich vor allem in seiner Arbeit für Kinder gezeigt hat. Schon früh wirkte er in der Rahmenhandlung der „Sesamstraße" mit oder hat Bücher und Schallplatten für Kinder gemacht. Für „Als die Autos rückwärts fuhren" bekam er 1976 sogar den deutschen Schallplattenpreis. „Ich habe immer richtig verstanden, dass jeder Mensch zu jedem Zeitpunkt seines Lebens auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung ist und man ihn deshalb ernst nehmen muss", begründet Venske sein gutes Verhältnis zum jungen Publikum.

Durch seinen Abschied vom Kabarett hat Venske heute mehr Zeit für seine Familie, vor allem für seine beiden Enkelkinder: „Ich bin ein leidenschaftlicher Opa und ein guter", betonte er vor einem halben Jahr im „Kölner Treff". Sein Rückzug von der politischen Satire bedeute nicht, dass er „nicht irgendwann wieder auf eine Bühne gehe, um, sagen wir mal, Theater zu spielen." Auch als Autor und Regisseur will er weiterhin tätig sein. Wehmütig in die Vergangenheit zu blicken, sei nicht seine Sache. Für seine lange Karriere ist er aber bis heute dankbar: „Ich habe das große Glück und auch die Energie gehabt, von meiner Arbeit leben zu können", sagte er 2019 dem „Hamburg Journal". Wer Venske noch mal live erleben will, kann dies bei seinen Lesungen tun. Zwar sind wegen der Corona-Krise zuletzt einige Veranstaltungen ausgefallen, aber vielleicht gibt es im Herbst bei einigen literarischen Abenden mit Werken politischer Autoren des 18. Jahrhunderts ein Wiedersehen.

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