Das Gastgewerbe steckt in der Krise fest. Manche Hotels nutzen die Zeit für Umbauten oder Renovierungen. Kein einziger Betrieb aber hat bis jetzt eine Perspektive für die Zeit danach, kritisiert der Hotel- und Gaststättenverband im Saarland.
Zu sagen, dass die Krise dem Schlossberg-Hotel gerade recht kam, dürfte deutlich an der Sache vorbeigehen – vielmehr verstanden es die Verantwortlichen, die Ausbreitung des Coronavirus und dessen Folgen für notwendige Arbeiten zu nutzen. Der eigentlich für Anfang 2021 vorgesehene dritte und letzte Bauabschnitt wurde nach der vorgeschriebenen Schließung Mitte März nun einfach vorverlegt. Bereits seit dem vergangenen Jahr laufen dort in mehreren Bauabschnitten Renovierungsarbeiten. Zehn Millionen Euro investiert die Schlossberg-Homburg GmbH, wie Geschäftsführer Giuseppe Nardi erzählt. Rund zwei Drittel davon wurden bereits „verbaut", das letzte Drittel wird derzeit eingesetzt.
Unter anderem wurde eine neue Klimaanlage eingebaut. „Um einen kühlen Kopf zu bewahren", wie Hotel-Leiterin Corinna Welsch mit einem Augenzwinkern sagt. Den braucht die Branche derzeit insgesamt. Gebaut wurden Hygienestationen in allen Bereichen, investiert wurde in die Küche und den Spa-Bereich, später werden 30 Zimmer in der zweiten Etage renoviert. Nun hofft man in Homburgs höchstgelegenem Hotel auf eine baldige Rückkehr zur Normalität. „Geht es zurück, ohne Angst zu haben?", fragt Giuseppe Nardi philosophisch. Eine Antwort erübrigt sich: Die Branche trafen die Ausgangsbeschränkungen als erste. Sie fürchtet, die letzte zu sein, die wieder in den Alltag zurückkehren darf. „Das ist ein harter Schlag für die Hotellerie", gibt Nardi unumwunden zu. Für Corinna Welsch sind die Gäste „so etwas wie unsere Familie". Dementsprechend vermisse man auch den persönlichen Kontakt.
Der wird auch noch eine Weile auf sich warten lassen. „Sich zu erholen, wird ein langer Weg", sagt Giuseppe Nardi. Denn natürlich wird ein Zimmer, das jetzt nicht belegt ist, später nicht doppelt belegt. Gleiches gelte auch für die Gastronomie. Ein Kaffee oder ein Menü, das jetzt nicht gegessen oder der jetzt nicht getrunken wird, bedeutet einen Verlust, der nicht wiederaufgeholt werden kann. Und so spürt der Geschäftsführer den Lockdown gleich zweimal: auch in seinem Restaurant „Oh!lio" am Homburger Marktplatz. In Kürze soll sein Eiscafé „Gelat!oh" in der Eisenbahnstraße eröffnen.
Die Mitarbeiter trifft die Lage aktuell nicht. Etwa 100 Menschen sind in Hotel und Restaurant beschäftigt. Die Arbeitsplätze konnte Nardi durch den Einsatz bei der Instandhaltung des Gebäudekomplexes, den Abbau von Überstunden und Urlaubstagen retten, einige sind in Kurzarbeit. Einen großen Teil setzte Nardi allerdings gerade woanders ein: Denn er ist nicht nur Geschäftsführer des Schlossberg-Hotels, sondern mit Prof. Dr. Peter Theiss auch Geschäftsführer der Dr. Theiss Naturwaren GmbH. Und dort stellt man jetzt neben Naturkosmetik auch Desinfektionsmittel her. Mit der zusätzlichen Produktionslinie sollen 200.000 Liter für Kliniken, Ärzte und Apotheken vor Ort bereitgestellt werden.
Hilfen für kleine Hotels zu gering
Solch eine glückliche Fügung wie für das Schlossberg-Hotel kann es jedoch nicht für jeden Gastronomen und auch nicht jedes Hotel geben. Die genaue Zahl an Betrieben kann Frank C. Hohrath, Hauptgeschäftsführer des saarländischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, auch nicht benennen. Doch es seien „bestimmt über 200 Betriebe im Laufe einer Woche" gewesen, die den Rat des Verbandes aufgesucht hatten. „Darunter auch ganz viele Hotelbetriebe." Vor allem erkundigte man sich nach der Soforthilfe. Gerade an den ersten beiden Tagen, nachdem die Landesregierung den Antrag online gestellt hatte, habe eine ziemliche Verwirrung darüber geherrscht, welche Voraussetzungen denn nun eigentlich erfüllt sein müssten.
Diese überwiegend familiengeführten Kleinbetriebe mit meist weniger als zehn Mitarbeitern fragten sich unter anderem, ob ein Gespräch zu einer Kreditaufnahme zwingend erforderlich sei. „Unsere Mitglieder sind mehrheitlich der Meinung, dass die Hilfen zu gering seien, um wirklich für Liquidität zu sorgen. Auch wurde bemängelt, dass es am Anfang kein Landesprogramm für die Betriebe mit mehr als zehn Mitarbeitern gab." Seiner Ansicht nach seien in dieser Beziehung fast alle Länder bereits weiter – sowohl was den Kreis der Antragsteller angeht, als auch die Höhe der Hilfen. Der Hauptgeschäftsführer drückt es so aus: „Wenn Finanzminister Scholz von der Bazooka sprach, die man abgefeuert habe, dann müssen wir feststellen, dass mit der Bazooka für unsere Branche kein Volltreffer, allenfalls ein Streifschuss erzielt wurde."
Für die Betriebe ab elf Mitarbeiter wurde nun noch mal seitens des Wirtschaftsministeriums nachgelegt. „Aber wenn Sie für ein Hotel monatlich 150.000 Euro laufende Kosten haben, nutzen 25.000 für drei Monate wenig. Auch die Kredite sind im Prinzip gut, wenn die Hausbank sie denn auch gewährt. Denn nicht die KfW, sondern die Hausbank entscheidet über die Vergabe." Vor allem seien die Unternehmen nach der Krise mit Schulden belastet. Gestundete Forderungen müssten beglichen und Kredite zurückgeführt werden. Die Branche müsse also entlastet werden, da sie ja im Sinne der Allgemeinheit geschlossen wurden. Man trage die Maßnahmen mit, benötige aber auch eine Perspektive und eine belastbare Zusage von echten Hilfen in Form von Entschädigungen. Zudem seien staatliche Hilfen wie ein spezielles Rettungspaket sowie eine Mehrwertsteuersenkung auf sieben Prozent in der Gastronomie gefordert. „Dadurch könnten die noch zu erwartenden Umsätze wenigstens zu einem Teil auch die Verluste kompensieren", so Frank C. Hohrath.
Rettungspaket und Mehrwertsteuersenkung
Ob und wie viele Betriebe die Corona-Krise überleben, würde vor allem vom Zeitpunkt einer möglichen – wenn auch eingeschränkten – Öffnung abhängen. Der Dehoga würde seine Mitglieder jedenfalls umfassend informieren. Seit der Schließung werde täglich ein Newsletter mit den neuesten Infos und praktischen Ratschlägen verschickt. „Wir sind so nah wie nie am Mitglied und bekommen viel Lob für unsere Arbeit. Das freut uns natürlich sehr."
Was ihn ebenfalls erfreut: Seit Beginn der Krise nehme die Kreativität zu. Das reiche vom Homeoffice im Hotel bis zum Lieferdienst. „Allerdings muss ich ehrlich sagen: In den meisten Fällen reicht die Kreativität beziehungsweise die Gesetzeslage nicht aus, um hier auch nennenswerte Erträge zu erzielen." Ob die kreativen Einfälle das Ende der Krise überleben würden, hänge wohl vor allem von der Frage ab, wie die Gesellschaft danach aussehen wird. „Wenn man generell mehr ‚Take-away‘ oder Lieferdienste nachfragt, dann kann es sein. Zum anderen ist es genau deshalb auch eine betriebswirtschaftliche Frage. Da, wo sich das kreative Krisenkonzept als wirtschaftlich tragfähig herausstellt, wird es auch fortgesetzt werden", sagt er.
Sogar eines der größten touristischen Aushängeschilder im Saarland blieb nicht von der Krise verschont: das Center Parks am Bostalsee zählt ebenfalls zur Hotellerie. Und es ist eben derzeit grundsätzlich nicht erlaubt, Betten für touristische Zwecke anzubieten, erklärt Frank Daemen, Geschäftsführer von Center Parcs Deutschland: „Nach den angekündigten Sondermaßnahmen waren wir daher gezwungen, diese ab dem 16. März zu schließen." Da Sicherheit und Gesundheit von Gästen und Mitarbeitern höchste Priorität genießen, habe sich Center Parcs von Anfang an streng nach den Empfehlungen der Gesundheitsbehörden gerichtet und die Situation genauestens verfolgt. „Daher hat uns die Situation nicht unvorbereitet getroffen", so der Geschäftsführer, „dennoch hat die Geschwindigkeit aller Maßnahmen uns schon vor enorme Herausforderungen gestellt." Zu der Geschwindigkeit zählt beispielsweise eine regelrechte Welle an Stornierungen. Der Park am Bostalsee hatte im vergangenen Jahr eine Jahresauslastung von 76 Prozent. Über die Osterferien in diesem Jahr wären die Parks gar zu 100 Prozent ausgelastet gewesen.
Kündigungen wurden wegen der Krise keine ausgesprochen, wie er sagt. Allerdings nutze man die Möglichkeit der Kurzarbeit. Um die Auswirkungen für die Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten, erhöhte Center Parcs das Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent. Zudem helfen einige Mitarbeiter derzeit im Callcenter, andere sind mit der Instandhaltung des Parks beschäftigt oder kümmern sich um die Tiere und die Naturareale. Weiterhin habe man die Abteilung „Guest Service", die unter anderem für die Sicherheit im Park zuständig ist, erheblich aufgestockt und Mitarbeitern aus anderen Abteilungen die Möglichkeit gegeben, dort mitzuarbeiten. „Für andere suchen wir nach der bestmöglichen Lösung." Wie lange der derzeitige Betrieb aufrechterhalten werden könne, könne er nicht beurteilen. Er sagt: „Aufgrund der beispiellosen Auswirkungen von Covid-19 ist es unsere höchste Priorität, unsere Gäste und Mitarbeiter zu unterstützen und zu informieren. Zu der weiteren Entwicklung können wir derzeit noch keine Aussage treffen."