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WAS MACHT EIGENTLICH...

Christian Bruhn im Mai 1974 mit Katja Ebstein, die 1972 seine dritte Ehefrau wurde
Foto: picture alliance / AP Photo

… Christian Bruhn?

Viele seiner über 2.500 Schlager-und Filmkompositionen pfeifen bis heute die Spatzen von den Dächern. Im Vorjahr gab ein Dokumentarfilm Einblick in das Schaffen des 85-jährigen Komponisten und Musikprofessors, der zu Hause in seinem Tonstudio noch täglich tüftelt.

Conny Froboess, Katja Ebstein, Peter Maffay, Dorthe Kollo, Mireille Mathieu oder die vom ihm entdeckten Drafi Deutscher und Manuela machten Christian Bruhns Kompositionen zu Schlager-Evergreens. Ob der internationale Millionenseller „Marmor, Stein und Eisen bricht", „Schuld war nur der Bossa Nova", „Akropolis Adieu" oder Roberto Blancos „Ein bisschen Spaß muss sein": Bruhn hatte in den 60er- und 70er-Jahren stets ein Händchen für eingängige Melodien und Texte. Festival-Siegersongs wie „Zwei kleine Italiener" von Conny Froboess (1962) und Siw Malmkvist „Liebeskummer lohnt sich nicht" (1964) stammen ebenso aus seiner Feder wie Katja Ebsteins drittplatzierter ESC-Song „Wunder gibt es immer wieder" (1970). Drafi Deutscher mit „Teeny" (1963), Marion Maerz mit „Er ist wieder da" (1965) oder das Volksmusikduo Gitti und Erika mit dem 20 Millionen Mal verkauften Heile-Welt-Song „Heidi" (1977) begannen mit Bruhn-Kompositionen ihre Karriere. Für seine Ex-Frau Katja Ebstein und Mireille Mathieu hat Bruhn jeweils rund 100 Titel komponiert oder produziert. Daneben veröffentlichte er noch neun Musicals und Bühnenmusiken, klassische Liederzyklen und die Musik für rund 100 Werbespots, von denen „Milka, die zarteste Versuchung seit es Schokolade gibt" oder das LBS-Jingle „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause" noch heute in aller Ohr ist. „Das Ding groovt immer noch wie Sau!", kommentierte Bruhn kürzlich eine seiner bekanntesten Werbemelodien. Für sein umfangreiches Gesamtwerk hat das Gema-Ehrenmitglied unter anderem die Goldene Stimmgabel (1987), den Paul-Lincke-Ring (1993), die Richard-Strauss-Medaille der Gema (1999), die Verdienstmedaille des deutschen Musikverleger-Verbandes, die Goldmedaille des Internationalen Autoren- und Komponisten-Verbandes Cisac (2004) und zuletzt 2019 den Smago-Award erhalten.

Der 85-jährigen Komponist und Musikprofessor tüftelt täglich zu Hause in seinem Tonstudio
Der 85-jährigen Komponist und Musikprofessor tüftelt täglich zu Hause in seinem Tonstudio - Foto: picture alliance / Eventpress

Von der Pike auf gelernt

„Ich hatte ein Gespür fürs Aktuelle, Bauchige, Griffige", beschreibt Bruhn 2019 in einem „Zeit"-Interview sein Erfolgsgeheimnis. „Ich hatte damals einen Höhenflug. Ich kam mir als Komponist fast allmächtig vor." Einblicke in dieses erfüllte Musiker­leben geben die Film-Dokumentation „Meine Welt ist die Musik", die im Januar 2019 in die Kinos kam, und seine Memoiren „Marmor, Stein und Liebeskummer". Zu dem Film habe man ihn schon ein wenig überreden müssen, weil ihm nicht klar war, warum man ausgerechnet auf ihn gekommen sei. Er habe dann aber „brav mitgemacht". Persönliche Informationen über seine Arbeit enthält Bruhns detailgenauer Kalender, indem er seit 1963 akribisch alle Daten seiner 2.500 angemeldeten Kompositionen aufgelistet hat. „Ich bin ja im Innersten ein Mann der Oper, der Operette und des Jazz", hat die Schlager-Legende im Vorjahr der „Zeit" verraten. Als er anfangs bei einem Billig-Label Coverversionen produzieren musste, habe er von der Pike auf gelernt, wie andere Hits machen: „Irgendwann dachte ich: Das kann ich auch". „Zwei kleine Italiener" von Conny Froboess war mit 1,3 Millionen verkauften Exemplaren sein Durchbruch. Zu erklären, wie man einen Ohrwurm komponiert, hält er noch heute für schwieriger als einen zu schreiben. In den 80er- und 90er-Jahren wurde seine Hit-Trefferquote schlagartig schlechter, weil sich die Popmusik vom Schlager wegentwickelte: „Ich wurde meine melodiösen Nummern nicht mehr los", erklärt Bruhn, ohne zu jammern: „Andere hatten nur ein paar gute Jahre oder waren ein One-Hit-Wonder. Ich hatte immerhin 25 Jahre." Ab Mitte der 80er-Jahre schrieb er deshalb vermehrt Musik fürs Fernsehen oder Werbespots. Außerdem war er als langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender der Musikverwertungsgesellschaft Gema und als Präsident der Cisac – die Dachorganisation der Urheberrechtsgesellschaften – rund 30 Jahre in leitenden Funktionen der Musikbranche tätig. Seit 2002 gibt er als Honorarprofessor der Hochschule für Musik Nürnberg seine Erfahrung an junge Komponisten weiter. 

„Nur glücklich, wenn ich arbeite"

Seit 2012 arbeitet Bruhn mit dem Berliner Entertainer Donato Plögert zusammen, mit dem er die Alben „Dufte" (2013) und „Schnauze mit Schuss" (2016) sowie das erfolgreiche Doppel-Album „Banane" (2018) produzierte. Noch heute sitzt er jeden Tag in seinem neuen Studio im Garten seiner Villa in München-Solln, während das alte Studio im Keller, wo fast alle seine Lieder entstanden sind, inzwischen eher ein privates Museum ist. „Ich bin nur glücklich, wenn ich arbeiten kann", sagte Bruhn kürzlich der „Süddeutschen Zeitung". Sein Kopf sei immer noch voller Ideen, die er meist vor sich hin summt, bis er sie zu Papier bringen kann. Zuletzt hat er Musik für ältere Menschen komponiert, auf Bitten einer Organisation, die sich um Demenzkranke kümmert.

Ansonsten freut Bruhn sich, dass viele, auch junge Menschen, seine Lieder immer noch mögen, vielleicht auch, weil er zahlreiche Kinderlieder geschrieben hat. „Ich bin dankbar, dass ich gesund und friedlich leben kann." Er liebt seine Bücher und Bilder, das Eisenbahnfahren, die Berge, das Meer und ein gutes Glas Wein. Um sich fit zu halten, schwimmt er jeden Morgen in seinem Pool, arbeitet im Garten oder macht Wandertouren.

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