Im Zeichen der Corona-Pandemie fällt der Urlaub in ferne Länder hinten runter. Doch vom Reisen träumen ist weiterhin möglich. Passenden Stoff dafür liefern Tourismusämter und Veranstalter mit teils aufwendigen virtuellen Angeboten.
Vom Branchenprimus Tui bis zum Mini-Anbieter haben fast alle Reiseveranstalter ihre Absagen verlängert, und mittlerweile geraten auch die Urlaubspläne für den Sommer mächtig ins Wanken – insbesondere für Fernreisen. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch, und so haben einige Tourismusverbände und -Anbieter ihre Webseiten aktualisiert und halten mit kurzweiligen Videos, Playlisten und Rezepten ihre Kunden bei Laune. So startet etwa Hauser Exkursionen eine Online-Plattform mit Live-Vorträgen seiner Reiseleiter, -büros und lokalen Partner. „Das Coronavirus zwingt uns alle zu einer Atempause. Das trifft vor allem unsere Guides, Reisebüros und Agenturen weltweit hart", sagt Hauser-Vertriebsleiter Rafael Pohle. Mit dem neuen Angebot unter der Adresse www.1werden.com/virtuelle-reisen wolle man helfen – und nicht zuletzt mit „kleinen Abenteuern im Kopf" Inspiration für die Zeit nach Corona schaffen. Ab sofort können Reisehungrige online Tickets buchen, den Einladungslink zum Vortrag erhalten sie anschließend per E-Mail. Und dann geht’s los: Mit Barbara Preiss entdecken Teilnehmer die Schönheiten Japans, mit Marina Novikova marokkanische Städte und Berberdörfer und mit Peter Hinze im Laufschritt den Great Himalaya Trail in Nepal. Die Erlöse aus den Präsentationen kommen zu 100 Prozent den durch die Krise arg gebeutelten Referenten zugute, Hauser stellt die Infrastruktur kostenlos zur Verfügung und unterstützt bei der Durchführung. „Damit kann jeder Einzelne und können wir gemeinsam einen wertvollen Beitrag zum Fortbestand des nachhaltigen Reisens leisten", betont Pohle.
Ganz ohne „Eintrittskosten" können sich Afrikaliebhaber auf die Reise begeben, zumindest virtuell. Der Luxuslodge-Betreiber andBeyond überträgt per Live-Stream auf Facebook jeden Tag dreistündige Safaritouren aus dem andBeyond Ngala Private Game Reserve und dem Djuma Private Game Reserve in Südafrika. Unter www.andbeyond.com können Zuschauer den Rangern sogar Fragen stellen – beinahe so, als würden sie hinter ihnen im Safari-Jeep sitzen. Das Angebot kam so gut an, dass es ausgeweitet wurde. So streamen Mitarbeiter nun auch im kenianischen Wildreservat Ol Pejeta, was ihnen bei ihrer Solo-Pirschfahrt so alles vor die Linse kommt. Und die Online-Community ist begeistert: „Vielen Dank, dass ihr mein Social Distancing zu Hause jeden Morgen viel besser macht", kommentiert eine Kanadierin, die gerade einem Nashorn zuschaut. „Starkes Erlebnis!", schreibt ein Facebook-Nutzer, während im Hintergrund ein Leopard gähnt.
„Kleine Abenteuer im Kopf"
Australien liegt ohnehin schon weit entfernt, und in Corona-Zeiten scheint ein Trip nach Down Under in noch weitere Ferne zu rücken. Doch dank attraktiver Digitalangebote können sich Interessierte ganz schnell auf den Roten Kontinent „beamen". So sind auf dem Youtube-Kanal des Tourismusverbands Queensland einige 360-Grad-Videos bereitgestellt (www.queensland.com), auch Westaustralien, Victoria und South Australia haben ihr Webangebot ausgebaut. Tipp: Via https://bit.ly/3ahWs5j gibt es Rundum-Unterwassereinblicke ins Great Barrier Reef – „Street View im Meer".
Wer das Meer mag, aber lieber aus der Strandperspektive, der findet auf den Webseiten www.earthcam.com, www.skylinewebcams.com und www.feratel.com unzählige Webcams und Bilder von Stränden. Noch näher ran gehen freilich die lokalen Tourismusverbände, etwa das für seine kilometerlangen Traumstrände bekannte Greater Fort Lauderdales in Florida. Von Zuhause aus bestaunen Fernwehgeplagte die berühmte „weiße Wellenwand" entlang der Strandpromenade am Fort Lauderdale Beach, den breiten Spazierweg am Hollywood Beach Broadwalk, der auf der einen Seite von Geschäften und Restaurants und auf der anderen Seite vom Strand gesäumt ist, und den Deerfield Beach Boardwalk, der sich bis zum bekannten International Fishing Pier erstreckt. Mit Glück sehen sie sogar Meeresschildkröten oder einen Mantarochen, der durch die Brandung kreuzt.
Ein ganz spezielles Unterwasserwesen ist bekanntlich das Ungeheuer von Loch Ness. Witzig, was sich dazu das Loch-Ness-Museum auf seiner Facebook-Seite „Loch Ness Centre and Exhibition" einfallen hat lassen. Dort haben Mitarbeiter das Foto eines Nessie-Plüschmonsters vor der Kulisse des schottischen Sees gepostet. Die Überschrift lehnt sich dabei an eine derzeit oft gehörte Durchhalteparole an: „Champion im Halten sozialer Distanz seit 565 nach Christus". Auf
www.lochness.com lässt sich in Videos ansehen, was man nach der Krise wieder live sehen kann: eine witzige Ausstellung rund ums berühmteste Monster der Welt.
Auch mit den Ohren verreisen
Das kroatische Rijeka und das irische Galway sind 2020 die Kulturhauptstädte Europas. Viel Zeit, Geld und Herzblut sind in beiden Ländern in das Programm und die Präsentationen geflossen, die einstweilen niemand sehen darf. Zum Trost lädt Galway alle Möchtegern-Besucher zu einem Online-Kunsterlebnis ein. Der finnische Künstler Kari Kola verwandelt dabei Irlands Connemara-Berge, die von Oscar Wilde als „wilde Schönheit" beschrieben wurden, mit Tausenden farbigen Lampen in das größte ortsspezifische Lichtkunstwerk, das jemals geschaffen wurde (www.galway2020.ie/en/news/special-digital-edition-of-savage-beauty)
Was realen Urlaub anbelangt wird 2020 – wenn überhaupt – eher das Jahr des nationalen Tourismus. Und virtuell kann man sich auch schon vielerorts ein Bild machen. So lässt sich etwa unter www.frankfurter-stadtevents.de/corona die Main-Metropole entdecken. Dabei geht es durch die Altstadt, aber auch zu unbekannten Orten und den Schauplätzen von Kriminalfällen. Aus der Hubschrauber-Perspektive liegen einem die Sehenswürdigkeiten der Stadt Erfurt zu Füßen: Krämerbrücke, Dom, Alte Synagoge, Petersberg lassen sich so virtuell besuchen. Weitere Touren und Panoramen – von deutschen Städten und Museen, aber auch von Musikevents, aus Zoos und internationalen Metropolen – finden sich unter https://3d-top-event.info. Auf der Seite https://multimaps360.de zeigen sich unter anderem Augsburg, Bad Füssing und das Fränkische Seenland von oben.
Wer nur mit den Ohren verreisen will, der klickt die passende Playlist auf Spotify an: Das Jamaica Tourist Board hat 252 Songs von Reggae-Größen wie zum Beispiel Bob Marley, Jimmy Cliff, Inner Circle und Desmond Dekker zusammengestellt. Das Beste: Dazu muss man noch nicht mal ein Spotify-Kunde sein.
Ganz andere Töne, nämlich Wiener Lieder aller Art – von Johann Strauss bis Wanda – hat die Touristinfo Wien unter dem Motto „Sounds like Vienna" ausgesucht. Das stark von Corona betroffene New York präsentiert sich mit der 28 Lieder umfassenden „NYC Playlist".