Ein kleines Winzerdorf an der Obermosel ist in der Welt der geblasenen Töne längst ein fester Begriff. Hier designt und baut der Japaner Tomomi Kato Trompeten der Extraklasse.
Mit einem breiten, freundlichen Lächeln, ganz so, wie es der Lebensfreude des japanischen Trompetenbauers entspricht, bearbeitet er einen Auftrag, den ihm ein bekannter Konzerttrompeter anvertraut hat. In seiner kleinen Trompetenwerkstatt in Nittel an der Südlichen Weinmosel, zwischen Palzem und Oberbillig, erzählt der in Tokio geborene Tomomi Kato, während er ein Rohr mit Schallstück biegt, von den Anfängen seiner Leidenschaft für das Blasinstrument. „Als Dreijähriger lernte ich in der Yamaha-Musikschule ab 1971 das Orgelspiel. 1973 wechselte ich ans Klavier, an dem ich bis 1977 unterrichtet wurde. Inspiriert von dem Film ‚Blues Brothers‘ begeisterte ich mich für die Trompete als herausragendes Instrument und lernte ab 1984 das Trompetenspiel in der Shinjuku High School in Tokio. Parallel dazu nahm ich Unterricht bei einem Berufsmusiker in unserer Nachbarschaft."
Kato lernte daraufhin einen der Chefs der Firma Yamaha, Hiroo Okabe, kennen. Dieser respektierte den Wunsch Tomomis, Trompetenbauer zu werden und riet ihm, sich in seinem Unternehmen um eine technische Ausbildung zu bewerben. Das allerdings war dem jungen Kato zu wenig auf seine Bedürfnisse bezogen. Er wollte handwerklich arbeiten und nicht in einer sterilen Fabrik monotone Arbeiten verrichten. Kato dachte daran, in Deutschland eine Ausbildung als Trompetenbauer zu machen und hatte das Glück, in Berlin auf Pro. Konradin Groth zu treffen, der zu dieser Zeit Solotrompeter der Berliner Philharmonie war.
Der Musiker vermittelte Tomomi Kato an den damaligen Chef der Firma Yamaha, Yoshihiro Kaji, der einen deutschen Meisterbrief als Trompetenbauer besaß. „Ich besuchte Herrn Kaji im Hauptsitz der Firma Yamaha in Hamamatsu", berichtet Kato.
Anfangs lachten seine Eltern über ihn
Dieser gab ihm einige Tipps, und so landete Tomomi Kato bei Trompetenbaumeister Hans Schneider, der in Ludwigsburg technischer Lehrer in der dortigen Berufsschule und Mitglied der Bundesinnung Blasinstrumentenbau war. Schneider, der selbst eine Werkstatt führte, suchte gerade einen Auszubildenden. Kato bekam die Lehrstelle. Anfangs lachten die Eltern über den „Träumer" Tomomi, doch als erst 17-Jähriger brauchte er die elterliche Unterschrift für die Aufenthaltserlaubnis in der BRD, den Ausbildungsvertrag hatte er ja bereits unterschrieben. Seine Eltern merkten, dass ihr Sohn es ernst meinte und unterstützten ihn fortan. Bei Meister Hans Schneider in Mössingen begann der junge Japaner Anfang 1987 eine Lehre für Metallblasinstrumente und Schlagzeug. Schneider, einer der wenigen Meister, der noch mittelalterliche Technik beherrschte, behandelte ihn wie den eigenen Sohn. Kato wohnte in seinem Haus und konnte auch in seiner Freizeit die Werkstatt mit all ihren Maschinen und Werkzeugen nutzen. Seine Abschlussprüfung 1990 machte er mit dem eigenen neuartigen Entwurf eines Instruments, welches er „Katohorn" nannte. Meister Franz Straub in Wangen-Primisweiler im Allgäu schulte Kato in Reparatur und Trompetenbau weiter.
In weiteren Instrumentenbauunternehmen in der Schweiz und in Deutschland erweiterte Kato seine Kenntnisse in der Produktion von Perinét-Pumpventilen und industrieller Herstellung von Metallblasinstrumenten. 1993 bat ihn der Meister der Firma Musik Kröger, in Trier eine neue Werkstatt aufzubauen und deren technische Leitung zu übernehmen. Mit Meister Kröger übereingekommen, baute Kato die erste eigene Trompetenserie „Kröger Trumpet designed by Tomomi Kato".
Trompete mit Gold überzogen
„Hier an der Mosel fühlte ich mich sehr wohl", erzählt der Trompetenbauer, „bei Ausflügen an den Wochenenden entdeckte ich das kleine Land Luxemburg und fragte Meister Kröger, ob er denn einen Musikverein im Großherzogtum kenne, in dem ich mich in meiner Freizeit engagieren könnte. Er empfahl mir die Fanfare Concordia Mertert. Mir gefiel der Musikverein und ich baute somit eine besondere Beziehung zum Staat Luxemburg auf." Kato arbeitete ab 1995 selbstständig als freier Designer und Berater. Die älteste tschechische Firma für Metallblasinstrumente Amati-Cerveny in Kraslice, die seit 1842 besteht, lud ihn ein, mit seinen Ideen und dem unverwechselbaren Kato-Design die existenziellen Probleme, die das Unternehmen seit dem Zerfall des Kommunismus hatte, zu lösen und den Blasinstrumentenbau der Manufaktur für die Zukunft zu sichern. „Ich wurde für einige Werkstätten tätig", sagt Tomomi Kato, „so auch für die Luxemburger Trompetenbauer N.M. Project in Bereldange. Für sie entwarf ich eine neue Trompetenserie und managte die Produktionslinie." Tomomi Kato lächelt, während er aus seiner Vita erzählt und bläst ein paar Töne auf seiner Super-Trumpet TR501G (G für vergoldet), die sein eigenes Luxemburger Unternehmen Brass Sound Creation in kleinen Stückzahlen baut. Die Technologie, eine Trompete mit Gold zu überziehen, hat er in der „Goldstadt" Pforzheim gelernt. Ein besonderer Vorteil des Vergoldens dieses Instrumentes: Es macht die ohnehin schon sehr teure Trumpet TR501G noch einmal um einiges teurer, aber man sieht keine Fingerabdrücke auf der matten Oberfläche. Voller Stolz erzählt Kato: „Als Barack Obama 2009 als 44. und erster schwarzer Präsident der Vereinigten Staaten im Weißen Haus ins Amt eingeführt wurde, spielte der berühmte Jazz-Trompeter Wynton Marsalis meine BSC TR501G." Heute ist der Trompetenbauer auf der ganzen Welt unterwegs. Immer wieder wird er um Rat gefragt, und seine Kenntnisse im Instrumentenbau stehen hoch im Kurs.
In seiner Werkstatt fertigt er selbst Instrumente auf Wunsch. Händler und Musiker aus der ganzen Welt finden den Weg an die südliche Weinmosel nach Nittel. Auch der hochgeachtete amerikanische Trompeter und Mitglied des Lincoln Center Jazz Orchestra, Marcus Printup, spielt die BSC TR501G von Tomomi Kato. Er und viele seiner Kollegen aus der Orchester- und Big-Band-Szene lieben die im Klang so klaren und leichten Trompeten des Japaners. Auch die deutsche Jazz-Trompeterin Susanne Riemer. „Ohne Zweifel eine der kreativsten und originellsten Musikerinnen der europäischen Jazzszene", wie das „Jazzpodium" einst schrieb, spielt eine BSC TR501G. Hätte Miles Davis noch zu Lebzeiten den Mann aus Tokio kennengelernt, vermutlich hätte auch er sich in das handgefertigte Instrument verliebt.
Musiker aus der ganzen Welt bestellen Katos Trompeten
In Katos Werkstatt geht es oft gemütlich zu. Die Ruhe braucht er auch, wenn er die einzelnen Teile, aus denen eine Trompete gefertigt wird, in handwerklicher Arbeit produziert. Fast immer werden für die Herstellung einer Trompete Bleche mit einer ungefähren Dicke von 0,5 Millimeter aus Messing verwendet. Kato benutzt Schablonen, um die Grundrisse des Schallbechers und der Rohre des Instrumentes darauf anzuzeichnen und auszuschneiden. Für Profitrompeter werden der Schallbecher und das Rohr in einem Stück herausgeschnitten, gefaltet, verlötet und die so entstandene Glocke über einen Dorn gesteckt und sorgfältig in einen Schallbecher gehämmert. Eine Arbeit, die nur von einem Facharbeiter erledigt werden kann. Bei diesem Vorgang wird das Material vorsichtig gedreht, um eine ebenmäßige Rundung herauszuarbeiten. Kato hat erkannt, dass nicht immer unbedingt alle Arbeiten aus einer Hand stammen müssen. Druckventile und Mundstück lässt er bei ihm bestens bekannten Manufakturen herstellen. „Ich kooperiere mit den Besten unseres Fachs, also lasse ich Teile nur für mich nach meinen Vorgaben herstellen", sagt er. Sind alle Teile angefertigt, werden diese zusammengefügt und aufwendig von Hand mittels einer Paste poliert. In der industriellen Fertigung wird dieses Prozedere mittels elektrostatischen Auftrags mit einem Nebel aus Lackpartikeln bewerkstelligt, um eine dauerhafte Schutzschicht aufzutragen. Bei Kato ist das anders, er poliert von Hand. Um seine TR501G zu vergolden, hat Tomomi Kato eine Galvanisierungstechnik entwickelt, auf die er sehr stolz ist. Diese Trompete gehört zu den teuersten der Musikwelt und kostet im Rohzustand nur 4.550 Euro. Im goldenen Gewand muss ein Liebhaber allerdings schon mal 5.600 Euro bereithalten, denn bei Ebay sind diese Extravaganzen nicht zu finden. Professionelle Trompeter geben gern so viel Geld für ein Instrument der Extraklasse aus. Dies sind allemal Beträge, bei denen Holzbläser oder gar Streicher, die sich auf Spielfreuden mit alten Instrumenten eingelassen haben, nur müde lächeln. Heute spielt Tomomi Kato im Musikverein Nittel die Trompete, trinkt gerne ein Glas Moselwein und freut sich, dass er als Japaner mit seiner Familie im Herzen Europas eine Heimat gefunden hat, die es ihm ermöglicht, all jenes zu verwirklichen, von dem er als Junge in Tokio geträumt hat.