Terra X stellt in der Reihe „Welten-Saga" faszinierende Orte vor. Christopher Clark reist um den Globus und besucht Unesco-Welterbestätten. In der ZDF-Folge „Die Schätze Europas" wird die Völklinger Hütte gewürdigt.
Die Pyramiden von Gizeh in Ägypten, der Nationalpark Serengeti in Tansania, die Große Mauer in China, die Felsenstadt Petra in Jordanien, die Oper in Sydney, die Akropolis in Athen, der Ätna auf Sizilien – und die Völklinger Hütte: Sie sind nicht nur einzigartig, sondern zählen auch zu „den unschätzbaren und unersetzlichen Gütern der ganzen Menschheit". So charakterisiert die Unesco, die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, diese Stätten und stellt sie deshalb als Weltkulturerbe oder Weltnaturerbe unter besonderen Schutz.
Aktuell umfasst die Liste 1.121 Einträge. Dass darauf auch ein 1873 gegründetes, ehemaliges Eisenwerk im Saarland zu finden ist, ist einer glücklichen Fügung zu verdanken. Denn nach dessen Stilllegung 1986 lautete das Urteil: Das ist Schrott – unbrauchbar Gewordenes aus Metall. Das Eisenwerk war damit dem Untergang geweiht. Doch just zu diesem Zeitpunkt fiel der Schrott-Preis, die Einnahmen aus der Altmetallverwertung hätten die Abrisskosten nicht gedeckt. Ein neuer Plan war schnell gefunden: Die Völklinger Hütte wurde unter Denkmalschutz gestellt.
Die Sensation folgte 1994: Die Anlage wurde von der Unesco als weltweit erstes Industriedenkmal auf die Liste der Welterbe gesetzt und zählt seither offiziell zu den spannendsten Orten der Welt. Diesen ist die aktuelle Dokumentationsreihe „Welten-Saga" des ZDF-Formats Terra X gewidmet. Noch bis zum 7. Juni werden jeden Sonntag, 19.30 Uhr, die größten irdischen „Schätze" vorgestellt. Nach Afrika, Indien, Orient und Lateinamerika wird am 31. Mai die Europa-Folge, in der sich der Stätten-Reigen von Venedig bis nach Völklingen spannt, ausgestrahlt. In der ZDF-Mediathek ist sie ab Samstag, 23. Mai, verfügbar.
Die „eindrucksvollsten und schönsten Plätzen der Welt und eine Erzählung ihrer unverwechselbaren Geschichte", verspricht Professor Peter Arens, Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft, den Zusehern. Nicht nur Monumente und einzigartige Landschaften werden in der Welten-Saga dokumentiert: „Genauso tauchen wir ein in die Welt der immateriellen Schätze: Musik, einmalige Erfindungen, Sitten und Gebräuche, die von der Unesco als Welterbe ausgewählt wurden." Es sind aufwendige Produktionen, gefilmt in moderner 4K-Auflösung, mit spektakulären Luftaufnahmen und eindrucksvollen 3-D-Animationen. „Moderator Christopher Clark saugt die Magie der Orte auf, übt auf den Spuren des Kulturerbes in Indien Yoga, zieht mit nomadischen Berbern durch die jordanische Wüste und kocht mit mexikanischen Köchinnen", schwärmt Peter Arens.
Für die Dreharbeiten der Welten-Saga, die in Kooperation mit der Unesco entstand, war das Terra-X-Team in 17 Ländern auf vier Kontinenten unterwegs. Die Verantwortung für die Auswahl trug Regisseur Gero von Boehm. Der mehrfach ausgezeichnete Regisseur, Journalist und Fernsehproduzent, der über 100 Dokumentarfilme in seiner Filmografie listet, erklärt dazu: „Uns ging es darum, zunächst einmal einen repräsentativen Querschnitt zu zeigen, eine Mischung aus Stätten, die jeder kennt, und eher unbekannten, aber sehr faszinierenden Orten. Die Zuschauer sollen ja mit uns auf eine Entdeckungsreise durch dieses gewaltige Erbe der Menschheit gehen und neue Zusammenhänge erfahren." In der Welten-Saga werde zwar das Schöne oder optisch Spektakuläre gezeigt, sie stelle aber auch immer spannende historische Zusammenhänge her und erläutere die Einflüsse auf die Weltgeschichte.
Gezeigt wird das Schöne und das Spektakuläre
Die Völklinger Hütte nennt Gero von Boehm „ein großartiges Symbol für die Industrialisierung in Europa". Sie stehe für die absolute Blütezeit der Eisen- und Stahlindustrie im 19. und 20. Jahrhundert. Besonders beeindruckt war er, dass 80 Prozent der riesigen Anlage erhalten und restauriert sind: „So kann man dort natürlich auch starke Bilder drehen. Man fühlt sich sofort in die Zeit versetzt als die Hütte noch in Funktion war." Die Anlage sei nicht nur „das am besten präsentierte Industriedenkmal der Welt", sondern zudem ein Symbol für unser heutiges Europa. Denn Kohle, Eisen und Stahl spielten bei der Montanunion eine wichtige Rolle. Der 1951 geschlossene europäische Wirtschaftsverband gilt als Vorläufer der Europäischen Union.
Die Welten-Saga „Die Schätze Europas" taucht aber noch viel weiter in die Geschichte ein. Die filmische Reise beginnt in Venedig, das tausend Jahre lang eine mächtige Handelsstadt, wichtige Station auf der Seidenstraße und damit Verbindung in den Orient war. Die Lagunenstadt wird auch als Ort der Kunst präsentiert, wo einige der einflussreichsten Musiker des Kontinents komponierten und große Maler, Bildhauer sowie Architekten wirkten. Welch großen Einfluss die Religion auf die Kultur hat, zeigen Beispiele wie der Vatikan und der Jakobsweg, auf dem Moderator Professor Christopher Clark ein Stück gewandert ist, um am Ziel in Santiago de Compostela an einem Pilgergottesdienst teilzunehmen. In Paris erkundete er den besonders geschichtsträchtigen Abschnitt der Seine zwischen der Pont de Sully und der Pont d’Iéna, der 1991 zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Deutschland ist in der Welten-Saga gleich dreimal vertreten: mit dem Orgelbau, der Burgenlandschaft Oberes Mittelrheintal und der Völklinger Hütte.
Christopher Clark zeigte sich sehr angetan von den Orten, auch wenn er aufgrund der Corona-Krise nicht an den Dreharbeiten im Saarland teilnehmen konnte. Er ist nicht nur Moderator der Sendung: Der in Australien geborene und in Großbritannien lebende Historiker wurde 2015 für seine Verdienste um die anglo-deutschen Beziehungen von der Queen zum Ritter geschlagen und trägt deshalb den Titel Sir. Seine Historiker-Karriere hat er als Deutschland-Experte begonnen und sich dann in die Geschichte des gesamten europäischen Raumes eingearbeitet. „Von dort aus in die Weltgeschichte zu gehen, all die Vernetzungen zu erkennen und sie in sein historisches Denken zu integrieren, ist noch einmal ein ganz anderer Schritt", berichtet er von seinen Reisen zu den Stätten des Unesco-Weltkulturerbes. An vielen Schauplätzen habe er gespürt, wie verbunden die Kulturen miteinander sind: „Wo Macht war, gab es auch Austausch, und auf diese Weise haben all diese Kulturen sich immer höher entwickelt, nicht unbedingt aus sich selbst heraus. Wettbewerb und Einflüsse aus anderen Kulturen waren entscheidend." Das gelte auch für Industriekulturstätten wie die Völklinger Hütte, wo zeitweise 20.000 Stahlkocher lothringisches und schwedisches Erz mithilfe saarländischer Kohle in Eisen umgewandelt haben. Sie fasziniere außerdem durch ihre Schönheit der Technik, die in vielen Einzelheiten zu entdecken ist. Maschinen, die von Menschenhänden erschaffen und wurden, die nicht nur nach funktionellen Gesichtspunkten gestaltet wurden.
Die Blütezeit der Eisen- und Stahlindustrie
Ob Industriedenkmal, Naturstätte oder Tradition: Bei deren Erkundung wurde Christopher Clark immer wieder deutlich, welche Rolle das Welterbe für die Identität der Menschen spielt: „In einer immer zersplitterteren Welt ist es wichtig, Orte zu haben, die unser gemeinsames Erbe feiern, die an das Gemeinsame am Menschsein erinnern. Indem wir solche Orte haben und betreten, kommen wir aus unserer kleinen, begrenzten Zeitzelle heraus und größere Zusammenhänge werden uns klar. Wir dürfen dort durch große Zeitlandschaften wandern, die uns mit anderen Ideen und Menschen zusammenbringen." Auch deshalb sei es wichtig, dass die Unesco mit strengen Kriterien über das Welterbe wacht.
Der Organisation, die ihre Welterben-Liste 1978 eröffnet hat, steht seit 2015 die deutsche Geografin Mechtild Rössler als Direktorin vor. Sie war bereits bei der Einweihung des Weltkulturerbes Völklinger Hütte dabei und zeigt sich nach wie vor beeindruckt: „Es ist ein lebendiges Industriedenkmal, ein unglaublich beeindruckender Ort, der von weltweitem Interesse ist." Er sei ein einzigartiges Monument, an dem die technische Entwicklung einer Epoche und die Leistungen, die Menschen alltäglich hierfür erbracht haben, anschaulich werden. Hier und auch für alle anderen Welterbestätten gelte: „Sie sind von außergewöhnlichem, universellen Wert und es ist eine wichtige Aufgabe, sie für die zukünftigen Generationen zu bewahren."
Dass der Zahn der Zeit an dem fast 150 Jahre alten Eisenwerk nagt, ist Mechtild Rössler bewusst. Umso mehr imponiere ihr, in welch gutem Zustand die über sieben Hektar große Anlage ist. Das gilt nicht für alle Stätten. „Die Hälfte des Welterbes ist bedroht: durch Migration, Naturkatastrophen, Klimaveränderungen, Krieg oder ganz einfach brutale Gewalt", mahnt Peter Ahrens. Das mache die Welten-Saga zu einem aktuellen und dringenden Filmprojekt, das an unsere gemeinsame Verantwortung für die Schätze der Welt erinnert. Daran, dass man sich auch bei der Völklinger Hütte dieser Verantwortung bewusst ist, lässt die ZDF-Reihe keinen Zweifel.