Frau kennt das. Der erste Tag mit den neuen High Heels ist schmerzfrei überstanden. Und dann das: Der Absatz hat schon erste Macken. Da das so ärgerlich ist wie schmerzende Füße stellen wir einige Innovationen vor, die vorbeugend schützen.
Treffer. Noch einer. Die Gefahr ist sichtbar und dennoch kaum vermeidbar. Mit schmalen Absätzen über Kopfsteinpflaster, das ist ein Hindernisparcours, den die Trägerin von Stilettos und Co grundsätzlich nicht unbeschadet übersteht. Genauer gesagt sind es die Absätze ihrer Schuhe, die arg in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn sie, Murphys Gesetz folgend, in die Ritzen des Gehwegpflasters oder die Fugen von Holzterrassen geraten.
Katharina Hermes kann das nicht passieren, wenn sie auf High Heels unwegsame Trottoirs passiert. Früher entkam die Frankfurter Modedesignerin derlei Stolper-, genauer gesagt Hineintapp-Fallen ebenfalls nicht. Lange Zeit hatte sie sich geärgert, dass Blessuren an Lack und Leder vorprogrammiert waren. Vor allem bei „Kunstwerk gleichen Schuhen" sei dies äußerst ärgerlich gewesen, sagt sie.
Aus dem Verdruss ist die Lösung entstanden: der Absatzschoner, ein den Absatz schützendes und gleichzeitig die Absatzfläche vergrößerndes Ansteckding, das sie auf den Namen Heelbopps taufte. Doch bis sie das erste Exemplar drüberziehen konnte, war es ein langer Weg. Zwei Jahre dauerte die Entwicklung, die sie gemeinsam mit einer Spritzgießerei und Ingenieuren aus dem Frankfurter Raum Realität werden ließ. Inzwischen haben es ihre Ansteckabsätze rund um den Globus geschafft, wurden in internationalen Hochglanzmagazinen gefeiert, und einen Gründerpreis gab es auch schon. Einer der Gründe: Katharina Hermes Absatzschoner sind nicht nur funktional, sondern auch ein schmuckes Accessoire, das manchen Schuh optisch auch noch aufwertet.
Schmale Absätze zu schonen und sie trittsicher zu machen, ist allerdings keine ganz neue Erfindung. Im Tanzsport gibt es sie schon seit Langem, jedoch vornehmlich als Parkettschoner.
In Übersee weiß sich die Damenwelt schon lange mit Kunststoff-Absatzschonern zu helfen. „Wir haben vor 30 Jahren in Südamerika und in der Karibik gelebt. Dort trug fast jede Frau Absatzschoner, sie wurden praktisch mit dem Schuh mitgekauft. Alternativ wurden die Absätze mit Nagellack geschützt", erinnern sich Hyacintha und Eric Bolte. Nachdem sie nach Deutschland zurückgekehrt waren, hat Hyacintha Bolte Hamburger Schuhläden abgeklappert und festgestellt, dass es nichts Vergleichbares auf dem Markt gab. So ließ sie sich Musterexemplare von einer Freundin aus Curaçao schicken und mit einem hiesigen Unternehmen produzieren. „Unser Protektor sieht aus wie ein dünner, durchsichtiger Fahrradschlauch. Man schneidet ihn auf die gewünschte Länge zurecht und stülpt ihn dann über den Absatz", so die Gründerin, die ihren ersten Protektor an einer roten Sandalette mit konischem Absatz ausprobierte.
Der Schlauch wird mit einem Fön auf höchster Stufe erwärmt. Das Material zieht sich in knapp einer Minute zusammen und bildet dann einen fast unsichtbaren Schutz. Der Absatzschutz der in der Lüneburger Heide ansässigen Marke Highheeldoc ist nicht nur für Stilettos, sondern auch für etwas breitere Absätze, fast bis hin zum Blockabsatz geeignet. Dabei geht es vor allem um die untersten drei Zentimeter, die besonderen Schutz brauchen.
Dass die Protektoren Schuhen ein überlanges Leben bescheren, weiß Eric Bolte aus eigener Erfahrung. Seine Frau, verrät er, besäße noch entsprechend geschützte Hackenschuhe von 1989, die immer noch einen unbeschädigten Absatz aufwiesen. „Sitzt wie eine zweite Haut", schmunzelt er und gibt Protektor-Novizinnen den guten Rat, das schlauchartige Plastikstück an einem Bleistift auszuprobieren. Wieder entfernen, so Bolte, lasse sich der Schutz „so einfach wie ein Gummihandschuh".
„So dezent, dass sie kein Outfit ruinieren"
Stefanie Probst gehört auch zur Fangemeinde von teuren High Heels, für deren Beschädigungen der Schuster zuweilen auch keine Lösung mehr parat hatte. „Ein Jahr hat es gedauert, bis wir ein professionelles Material gefunden hatten", erinnert sie sich. Vor zwei Jahren gründete sie in Ulm Heelbilly. „Unser strohhalmartiger, anföhnbarer Absatzschoner funktioniert für Absätze mit einem Durchmesser bis zu 12,7 Millimeter", so Stefanie Probst. Das Material, dass die Hacken umschmiegt, ist ultradünn, gerade einmal 0,3 Millimeter dick. Dabei ist der Schutz je unauffälliger, je heller der Absatz ist. Das Hacken-Material spielt dabei keine Rolle. „Leder, Lackleder, Kork, Stoff, sogar Satin – alles geht", sagt sie. „Brautschuhe, die anschließend umgefärbt werden sollen, bleiben während der Feier geschützt."
Schrammen gehen in die Schutzhülle. Und die lässt sich, weil sie nicht angeklebt ist, einfach mit einer Nagelschere auftrennen. Je nach Tragedauer der hohen Hacken können diese, weiß die Unternehmerin durch Selbstversuche, monatelang und länger halten.
Fast unsichtbar, das schätzt Stefanie Probst an ihren eigenen Schonern. „So ruinieren sie kein Outfit", beschreibt sie den Vorteil der optischen Zurückhaltung des Kunststoffschlauchs. Auf den gegenteiligen Auftritt setzt neben der Designerin Katharina Hermes auch die Gründerin von Heaven on Heels, Astrid Epping. Ihre patentierten Absatzschoner haben ein barockabsatzähnliches Design und werden aufgesteckt. Dadurch werden auch die Absatzbreite erhöht und der Stand bequemer. Neben dem alltagstauglichen Modell für klassische Pfennigabsätze hat sie Stulpenringe mit innen elastischen Lippen, die sich festklemmen lassen, kreiert. Je nach Absatzhöhe kann der geschlossene Bodenring durch bis zu drei Schmuckringe ergänzt werden, auf denen man sich, so Epping, wie auf Katzenpfoten über Holzdielen bewegen könne.
Die gerade einmal 50 Gramm leichten aufsteckbaren Zweithacken von Katharina Hermes sind ebenfalls, und noch exzessiver, auffällige Modeaccessoires. Basis ist die Funktion. „Die Flächenvergrößerung verläuft nur in eine Richtung, nach vorne zum Fußschwerpunkt hin. So kann sich der Absatz im Heelbopp nicht verdrehen, und die Trägerin kann, soweit überhaupt bei High Heels möglich, weiter abrollen. Die Gehsymmetrie des Fußes wird nicht verändert", erklärt sie.
Einfache, unifarbene Aufstecker sind Pflicht, die Kür besteht aus glitzernden Hinguckern: lederbezogene Modelle mit Schlangenprägung, Modelle mit Strass, Perlen oder Swarovski-Steinen besetzt. Neu in ihren Kollektionen sind Zweitabsätze, die den Absatz in seiner ganzen Höhe ummanteln An Extravaganz kaum zu überbieten sind ihre aufsetzbaren Hacken mit Pfauenfedern. Dafür, räumt sie ein, musste kein Tier leiden. Vielmehr handelt es sich um den Federputz, den die fasanenartigen Schönlinge von sich „geworfen" haben. Zudem sind sie made in Germany. „Sie kommen von einem Bauernhof aus dem Schwabenland", so die Absatzdesignerin.