Atemberaubende Schluchten, unberührte Natur, einzigartige Hochebenen, traumhafte Küste, spannende Kultur und traditionelle Orte – Montenegro ist für Reisende ein Land der tausend Möglichkeiten.
Die letzten 15 Minuten vor der Landung am internationalen Flughafen von Podgorica lassen, bei guten Sichtverhältnissen, den Besucher erahnen, was ihn in Montenegro erwartet. Hohe, zerklüftete Berge, tiefe Schluchten, unendliche Wälder, den größten See des Balkans und eine malerische Adriaküste. Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik am Rande Europas zählt nur 643.000 Einwohner und ist ein Vielvölkerstaat mit hohem Toleranzpotenzial. 293 Kilometer Küste, fünf Nationalparks, Berge bis 2.534 Meter Höhe können entdeckt werden. Und das bei 240 Tagen Sonnenschein im Jahr.
Der Norden des Landes, mit Grenzen zu Serbien und dem Kosovo, ist bei Wintersportlern und geübten Wanderern immer noch ein Geheimtipp. Der Ort Kolašin, 960 Meter hoch gelegen, bietet sich als Ausgangspunkt für das Skizentrum Bjelasica und den Nationalpark Biogradska Gora an. Dieser wurde bereits 1878 zum Schutzgebiet erklärt und lässt für Aktivitäten in einer einzigartigen Naturlandschaft keine Wünsche offen. Montenegro ist ein multikulturelles Land mit dementsprechender Religionsvielfalt. Minarette statt Kirchtürme bestimmen das Bild der Kleinstädte in dieser Region. Sehenswert ist die Hussein-Pascha-Moschee aus dem 16. Jahrhundert und das Dreifaltigkeitskloster, beide in Pljevlja. Sie sind auch ein Beweis für ein tolerantes Miteinander der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen.
Der längste Fluss des Landes heißt Tara und wurde bereits 1977 zum Unesco-Welterbe erklärt. Im Nationalgefühl der Einheimischen hat die Tara mit ihren überlieferten Sagen und Geschichten einen Stellenwert wie der Rhein für die Deutschen. Das Wasser hat die längste Schlucht Europas entstehen lassen, die nach dem Grand Canyon sogar die zweitlängste der Welt ist. Der Blick in den Abgrund aus 150 Meter Höhe auf der 1940 fertiggestellten Brücke ist spektakulär und atemberaubend. Leider konnte sich der Erbauer Lazar Jankovic nur ein Jahr an seinem Meisterwerk erfreuen. Das Mittelstück wurde 1942 von Partisanen gesprengt. 1946 begann der Wiederaufbau.
Hier, im Nordwesten des Landes, ist alles noch ursprünglich und unberührt. Hochebenen von einzigartiger Schönheit, klare Bergseen und tiefe Schluchten überraschen den Besucher hinter jeder Kurve aufs Neue. Schade nur, dass es Zeitgenossen gibt, die unansehnliche Müllkippen am Straßenrand entstehen lassen. Die Natur gilt jedoch als Garant für zufriedene Gäste. Die Verantwortlichen müssen schnellstens Aufklärungsarbeit leisten beziehungsweise offizielle Deponien errichten.
Höhepunkt ist der Nationalpark Durmitor
Der Höhepunkt, nicht nur für Wanderer oder Skifahrer, ist der Nationalpark Durmitor, der sich über 390 Quadratkilometer erstreckt. Das „Einfallstor" zum Park ist Žabljak, auf rund 1.450 Metern Höhe Montenegros höchstgelegener Ort. Das Übernachtungsangebot ist nach Meinung von Bojan Sutovic, dem charmanten Direktor des „SOA Hotels", nicht immer ausreichend. Die Restaurantszene ist vielfältig und die Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten sind optimal. Im Winter sind sieben Lifte mit einer Länge von 3.900 Metern in Betrieb. Im Sommer werden Jeep-Safaris und geführte Wanderungen angeboten. Wer will, kann eine 80 Kilometer lange Rundtour auch mit dem eigenen beziehungsweise einem gemieteten Pkw machen. Dafür sollte man einen Tag einplanen, da die beschilderte Straße keine nennenswerte Geschwindigkeit zulässt. Als Belohnung gibt es prächtige Ausblicke auf die hohen Berge des Landes. Am Wegesrand blühen, jahreszeitenabhängig, rund 1.300 Pflanzenarten. Einmalig in Europa! Bären sind Mitbewohner des Parks. Aber die Chance, einen zu sehen, ist minimal.
Wer die Wahl hat, hat die Qual. Wir haben uns als Standort für Erkundigungen an der einzigartigen Adriaküste für Petrovac na moru entschieden. Der kleine Ort hat seinen Charme erhalten, trotz einiger Hotelneubauten und drei Bauruinen. Die Strandpromenade hat neben den üblichen Souvenirläden eine gut aufgestellte Restaurantszene und trendige Bars. Wer Glück hat, bekommt im Restaurant „Fortuna" nicht nur ausgezeichnetes Essen, sondern den Blick aufs Meer kostenlos dazu. Gäste aus den Nachbarländern Montenegros, aber auch Russen und Mitteleuropäer kommen ungezwungen und entspannt zusammen. Auffallend ist, dass keine Volksgruppe dominiert. Keine Angst: Die meisten Speisekarten sind auch in deutscher Sprache gedruckt. Die alten venezianischen Häuser, der Ursprung der Gemeinde, sind sehenswerte Relikte aus vergangenen Tagen. 90-minütige Bootsfahrten nach Sveti Stefan und zur vorgelagerten Insel Sveta Neđelja sorgen für Abwechslung.
Ein (fast) stündlich verkehrender Linienbus von Petrovac na moru nach Budva lädt dazu ein, den eigenen Wagen einmal stehen zu lassen. Das erspart am Zielort die lästige Parkplatzsuche, die viel Zeit in Anspruch nimmt. Da die einheimischen Autopiloten Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Überholverbote konstant ignorieren, kann eine Busfahrt außerordentlich entspannend sein. Die Altstadt Budvas, auf einer Halbinsel gelegen, ist ein Paradebeispiel der venezianischen Baukunst. 1442 besetzten die Norditaliener die Stadt, bauten sie aus, und hinterließen neben Stadtmauer, die gut erhalten ist, viele sehenswerte Gebäude auf engstem Raum. Ein Bummel durch die engen Gassen, vorbei an Boutiquen, kleinen Restaurants, lokalen Handwerksbetrieben, der Kirche Sveti Ivan und dem 1867 gebauten Glockenturm, gehört zum Stadtbesuch dazu. Ein anschließendes Essen mit Blick auf die Marina sorgt für eine positive Urlaubsstimmung. Nachts ist Budva die Partymeile der Adria. Hier ist alles etwas lauter, teurer, aber auch exklusiver als anderswo. Die Stadt wächst und wächst; ein vorher nicht gekannter Bauboom lässt neue Hotels, Apartments aber auch schicke Neubauten entstehen.
Budva ist die „Partymeile"
Zwischen Budva und Petrovac na moru liegt die kleine Insel Sveti Stefan, das Postkartenmotiv des Landes. Von der Küstenstraße, aber auch von der Meerseite ist der Blick auf die ehemalige Fischerinsel atemberaubend. Die Straße, die die Insel mit dem Festland verbindet wurde erst im 19. Jahrhundert angelegt, um den Fischern das Leben etwas einfacher zu machen. 1956 vertrieb man die Fischer, um vier Jahre später ein Hotel zu eröffnen. Es wurde die teuerste Luxusherberge in Ex-Jugoslawien. Die prominente Gästeliste beinhaltet viele Künstlernamen, und auch die Ex-Kanzler Willy Brandt und Helmut Kohl gaben sich die Ehre. Nachdem sich der Staat aus dem Hotelgeschäft zurückgezogen hatte, wechselten die Besitzer ständig. Vor sechs Jahren wurde der gesamte Komplex nach umfangreicher Renovierung für betuchte Gäste wieder geöffnet. Die Belegungszahlen sollen ausgezeichnet sein – und das bei einem Übernachtungspreis von 700 Euro und mehr pro Nacht. Mit Frühstück versteht sich.
Serpentinen ohne Ende. So beginnt die mühsame, aber landschaftlich attraktive Fahrt von der Küste nach Cetinje, einst die Hauptstadt des Landes. Für eine kurze Periode (1878 – 1918) war Montenegro als unabhängiger Staat anerkannt. König Nikola I. residierte hier und gab dem Provinzstädtchen Glanz und internationales Flair. Der Besucher sollte kein Rothenburg ob der Tauber oder ähnlich perfekt gestalteten Ort erwarten. Nicht alle Gebäude sind renoviert, trotzdem ist ein Bummel durchaus lohnenswert. Die wohl interessanteste Geschichte wird über die ehemalige Botschaft Frankreichs erzählt. Die Zeichnung für den Botschaftsbau wurde in Paris verwechselt. Und statt in Kairo entstand in Cetinje eine etwas zu groß geratene Botschaft. Russland, England, Österreich-Ungarn und natürlich auch Deutschland hatten zu dieser Zeit großzügige Bauten errichten lassen, um sich in Montenegro angemessen zu repräsentieren. Ein Schild am Haus in der Ul. Njegoseva weist auf die „Kaiserliche Deutsche Gesandtschaft" hin. Neben den erwähnten Residenzen gibt es noch das „Blaue Schloss", das Königliche Theater, mehrere Museen und die Walachenkirche. Sie wurde 1450 erbaut und ist das älteste Gebäude der Stadt.
Eine Strecke durch Weinberge und Schluchten
Die Altstadt von Bar liegt vier Kilometer nördlich von der modernen Stadt am Meer. Es herrscht ein reges Treiben in der kleinen Gemeinde, und darüber freuen sich die Händler und Restaurantbesitzer. Lange Zeit war es ruhig, zu ruhig wie viele meinten. Der Weg vom Parkplatz, von hier hat man einen guten Blick auf die Stadtmauer, geht steil bergan. Nicht aufgeben, das Ziel lohnt sich. Urige Lokale, kleine Läden, ein Hotel und viele Katzen begleiten den Aufstieg. Der Weg endet am gewaltigen Stadttor. Der Ort wurde im 11. Jahrhundert gebaut, die St.-Georg-Kathedrale folgte ein Jahrhundert später. Bei Ausgrabungen wurden die Reste einer noch älteren Kirche entdeckt. Übrigens, vom Bahnhof in Bar fährt täglich ein Zug nach Belgrad. Bahnkenner sprechen von einer der schönsten Strecken in Ex-Jugoslawien. Die Strecke führt durch Weinberge, Obstgärten, die Morača-Schlucht, durch Tunnel und über viele Brücken. Man kann den Zug bis Kolašin nutzen, Bergluft schnuppern, und spätnachmittags zurück an die Küste fahren.
Die Bucht von Kotor gleicht einem norwegischen Fjord. Die Schönheit der Landschaft ist faszinierend, wobei es unerheblich ist, ob man mit dem Pkw anreist oder Kreuzfahrtpassagier ist. Hier zeigt sich Montenegro von seiner besten Seite. Es ist ein unbeschreiblicher Anblick, die kleinen Kircheninseln vor Perast im glitzernden Wasser zu sehen, bevor Kotor am Ende der Bucht auftaucht. Seit die Reedereien den historischen Ort entdeckt haben, kann es schon mal eng werden in der autofreien Altstadt. Während an anderen Stellen im Land Minarette stehen, bimmeln in der Stadt die 1979 zum Weltkulturerbe ernannt wurde, morgens die Glocken der zahlreichen Kirchen. Wechselnde Namen hatte die Stadt unter wechselnden Herrschern, aber der Stolz auf die Vergangenheit ist den Bewohnern geblieben.