Die einen profitieren von der Krise, die anderen machen dicht: Nach dem Herunterfahren stehen neue Herausforderungen für alle Betriebe an, vom Restaurant bis zum Spaßbad.
Begrenzte Besucherzahlen, Hygienevorschriften und die lange Zeit der Quarantäne: Das neuartige Coronavirus hat nicht nur das Privatleben durch Kurzarbeit und Homeoffice auf den Kopf gestellt, sondern stellt auch für die über 30.000 Unternehmen des Saarlandes eine große Herausforderung dar. Neben dem direkten Ausfall von Einnahmen durch ausbleibende Kundschaft oder stornierte Aufträge ist gerade die mangelnde Planungssicherheit für viele Betriebe ein Problem. Wann der „Normalbetrieb" wieder eintreten wird, steht für viele Branchen noch in den Sternen. Gleichzeitig fallen weiterhin Betriebskosten an. Auch die finanziellen Hilfen von Bund und Ländern ändern dabei für Unternehmen nichts an der Situation, dass ihre Weiterexistenz auf Gedeih und Verderb an den weiteren Verlauf der Infektionszahlen gekoppelt ist.
Für den 28-jährigen Nikolas Spröder, einem der drei Betreiber des Restaurants „Il Mio Trattoria", bedeutete der Ausfall von Einnahmen nun das endgültige Aus zum 1. Juli. Die Entscheidung dafür fiel relativ schnell: Schon Ende März entschieden die Betreiber, dass sie unter den gegebenen Umständen keine Möglichkeit sehen, ihr Restaurant wirtschaftlich weiterführen zu können. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren unter anderem wenig erfolgreiche Gespräche mit dem Vermieter über den Erlass von Mietkosten während der Zeit des Lockdowns und der für ihre Bedürfnisse zu geringe Umfang von staatlichen Hilfen, die den Betrieb über Wasser halten sollten. „Wir haben 15.000 Euro Soforthilfe für Kleinunternehmer von Bund und Land erhalten, was für zwei Mieten und ein paar der Fixkosten gereicht hat, für mehr aber auch nicht", so Spröder.
Auch der Liefer- und Abholservice, den das Unternehmen zwischenzeitlich eingeführt hat, konnte die Belastungen nicht ausgleichen. Hinzu kommt, dass das Restaurant im Normalbetrieb mit 50 ausgelasteten Plätzen, ohne Außenbereich, rechnet. Berücksichtigen die Wirte die aktuellen Regeln, schrumpft das Kontingent an Gästen auf 25, was es den Betreibern unmöglich macht, vernünftig zu wirtschaften, bis in den Wintermonaten vielleicht wieder ein normales Geschäft möglich ist. Hier sieht Spröder ähnliche Probleme auf andere Gaststätten zukommen, die ebenfalls über keinen geräumigen Außenbereich verfügen: „Ich glaube, dass Läden, die große Terrassenflächen zur Verfügung haben, das Glück haben, dass Leute dort zurzeit eher bereit sind, erneut hinzugehen und das Angebot wahrzunehmen. Auf der anderen Seite merkt man schon, dass es bei Betrieben, die auf ihren Innenraum angewiesen sind, deutlich zurückhaltender anläuft. Auch, wenn sie über größere Innenbereiche als wir verfügen."
Schon Ende März war das Aus absehbar
Für das gut zehnköpfige Team um Spröder und seine Mitgeschäftsführer heißt es nun: umorientieren. Einige der festangestellten Kräfte kehren zurück zum zweiten Standbein des Restaurantbetreibers, ins „Café am Schloss", wo Spröder ebenfalls einer von zwei Geschäftsführern ist. Doch auch dort machten sich die Auswirkungen durch Corona bemerkbar, beispielsweise durch einen Wegfall von geplanten Veranstaltungen mit einem Volumen von circa 55.000 Euro. Spröder ist aber zuversichtlich, dass diese wesentlich größere Gaststätte mit großem Außenbereich erfolgreich durch die Krise kommen kann.
Auch Frei- und Hallenbäder sind schwer getroffen. So musste beispielsweise das Schwimmbad „Calypso" in Saarbrücken, welches von der Betriebsgesellschaft Vivamar geführt wurde, Ende Mai Insolvenz anmelden. Aber nicht bei allen Schwimmbädern ist die Situation genauso dramatisch. In St. Ingbert versucht „Das Blau" zum Beispiel, das Beste aus der aktuellen Situation zu machen. Dort hat sich die Bäderbesitzgesellschaft dafür ausgesprochen, die Zeit zu nutzen, um notwendige Baumaßnahmen am Frei- und Hallenbad vorzunehmen, die ursprünglich bis 2022 geplant waren. Im besten Fall soll selbst bei einer Öffnung des Hallenbadbetriebs die Belastung durch Bauarbeiten für die Gäste möglichst gering sein, hoffen die Betreiber.
Das bedeutet jedoch gleichzeitig den gesamten Ausfall der Freibadsaison 2020, die eigentlich unter Auflagen ab dem 8. Juni wieder möglich gewesen wäre. „Uns ist klar geworden, dass eine Freibadsaison, wie sie unsere Besucher bisher kannten, unter den aktuellen Umständen nicht möglich wäre. Die Einhaltung von Hygiene- und Schutzmaßnahmen ist gerade bei jüngeren Badegästen schwer zu gewährleisten, es wäre eine sehr große Disziplin im Schwimmbecken und auf den Liegewiesen erforderlich", begründet Hubert Wagner, Geschäftsführer der Bäderbesitzgesellschaft, diesen Schritt. Sobald es möglich ist, möchten die Betreiber den Hallenbetrieb aber wieder aufnehmen. Auch wenn dann einiges anders sein wird. So sieht das aktuelle Hygienekonzept vor, dass unter anderem maximal 186 Gäste gleichzeitig im Hallenbad sein dürfen. Normalerweise besuchen im Schnitt 1.200 Personen pro Tag das Bad in St. Ingbert.
„Keine Freibadsaison sinnvoll möglich"
Ein Gewinner der letzten Monate sind Baumärkte. Die Kette „Bauhaus" betreibt drei Märkte im Saarland, die auch während der strikten Ausgangsbeschränkungen des Bundeslandes öffnen durften. Und vielleicht gerade wegen der Beschränkungen erfreuten sich die Baumärkte regen Besucherandrangs. Dabei gab es keine Produkte, die sich übermäßiger Beliebtheit erfreuten, sondern die gestiegene Nachfrage erstreckte sich über das gesamte Produktsortiment: Laut „Bauhaus" könnte dies damit zu erklären sein, dass es in Zeiten von fast flächendeckender Kurzarbeit wieder einige Rückbesinnung auf das private und häusliche Umfeld gab und ausstehende Projekte einfach vorgezogen wurden. Die Zunahme an Verkäufen aus dem Gartenbereich könnte aber auch durch die im Frühjahr ohnehin wachsende Nachfrage erklärbar sein, hieß es. Um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten, appelliert die Kette an Kunden, ihren Aufenthalt in den Märkten auf das zeitlich Nötigste zu beschränken. Um die Mitarbeiter zu schützen, die in den vergangenen Monaten in den geöffneten Baumärkten weitergearbeitet haben, wurde außerdem das Beratungs- und Serviceangebot in den Filialen zurückgefahren.
Alle hoffen auf das Ausbleiben einer zweiten Welle. Sollte diese eintreffen, würde diese die angeschlagenen Betriebe schwer treffen, auch wenn sie bisher noch durch Rücklagen und Staatshilfen künstlich beatmet wurden. Selbst für Profiteure könnten die unüberschaubaren wirtschaftlichen Entwicklungen schwerwiegende Folgen haben.