Corona-Krise trifft Europa hart. China ist ein Lichtblick
Im April traf es die deutsche Exportindustrie knüppeldick. Um mehr als 31 Prozent gingen die Lieferungen von Waren und Dienstleistungen in den Keller. Vor allem in den von der Corona-Pandemie am heftigsten gebeutelten Ländern war die Bilanz verheerend. In Frankreich betrug das Minus 47,8 Prozent, in Spanien gar 48,2 Prozent und in Italien 40,1 Prozent. Mehr als die Hälfte aller deutschen Ausfuhren gehen in EU-Länder.
Die Zahlen sind besorgniserregend. Wie in kaum einem anderen Land wird die Wirtschaft in Deutschland vom Außenhandel bestimmt. Rund jeder vierte Arbeitsplatz hierzulande hängt direkt oder indirekt davon ab, in der Industrie sogar jeder zweite. Die Exporte machen fast die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus.
Zu Beginn des Corona-Schocks bauten viele auf einen V-Verlauf der Krise: steiler Absturz und ebenso rasanter Aufschwung. Doch daraus wird wohl nichts. „Die Mehrheit der deutschen Exportfirmen erwartet, dass die wirtschaftliche Erholung mindestens zwei Jahre dauert", prognostiziert der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Volker Treier. Der DIHK rechne damit, dass die deutschen Ausfuhren in diesem Jahr um 15 Prozent absacken.
Die Unternehmen befinden sich in einem Teufelskreis. Umsatzrückgänge führen zu Liquiditätsproblemen. Die Betriebe sind daher auf Kredite angewiesen, die Eigenkapitaldecke wird dünn. Auch die Auslandsinvestitionen der deutschen Firmen sind stark geschrumpft. „Es gibt kaum Gelegenheiten zu neuen Investitionen, da Geschäftsreisen nur in einem sehr eingeschränkten Maß möglich sind. Der deutsche Maschinenbau beispielsweise verzeichnet aus diesem Grund gewaltige Auftragsrückgänge ", erklärt DIHK-Experte Treier.
Aber Treier sieht nicht nur schwarz: „Die Lieferketten sind glücklicherweise nicht gerissen." Insbesondere China, für die deutschen Betriebe das drittwichtigste Exportland, sorgt für eine Aufhellung. Die zentralchinesische Stadt Wuhan, wo das Coronavirus zuerst ausgebrochen war, wurde von Ende Januar bis Anfang April praktisch abgeriegelt. Eine Verbreitung der Seuche konnte durch den harten Lockdown vermieden werden. Deshalb fuhren viele Firmen in China – auch aus Deutschland – ihre Produktion relativ früh wieder hoch. Der DIHK-Außenwirtschaftschef spricht von einer „sanften Erholung". Und er geht sogar noch einen Schritt weiter: „Trotz aller Probleme ist China derzeit die Lokomotive der Weltkonjunktur – bei allerdings gebremstem Tempo."
Experten vor Ort bestätigen die Einschätzung. „Deutsche Unternehmen haben ihren Geschäftsverlauf im April und im Mai unabhängig von der Branche ziemlich positiv bewertet. Verglichen mit der Lage Anfang April hat sich die Stimmung deutlich verbessert", unterstreicht der Geschäftsführer der Deutschen Handelskammer in Peking, Jens Hildebrandt.
Vor allem die chinesische Automobilindustrie erweist sich als Hoffnungsträger. Die Werte verbesserten sich von Monat zu Monat. „Im Februar wurde noch ein Einbruch von 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnet, im März waren es nur noch minus 43 Prozent. Im Mai gab es sogar ein Plus von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat", betont Hildebrandt. Auch im Maschinenbau ziehe die Entwicklung an. „China trägt wie schon in der Finanzkrise 2008 in hohem Maße dazu bei, aus einer globalen Rezession wieder herauszukommen. Vor diesem Hintergrund ist mit einem positiven China-Effekt – auch für die deutsche Wirtschaft – zu rechnen", resümiert der Handelskammer-Chef.
Doch auch in Europa gibt es Grund zu etwas Optimismus. „Die Eurozone – so hart sie in der Corona-Krise getroffen wurde – ist ein Lichtblick. Hier scheint am ehesten ein Aufschwung möglich", unterstreicht DIHK-Mann Treier. „Es macht sich positiv bemerkbar, dass die Reisebeschränkungen aufgehoben sind."
Sorge bereiten den deutschen Firmen die Vereinigten Staaten, der größte Markt für den Außenhandel. „Viele deutsche Export-Unternehmen befürchten Nachfrage-Probleme. In den USA ist für einen längeren Zeitraum ein düsteres Bild zu erwarten", so Treier. Die völlig chaotische Corona-Politik von Präsident Donald Trump rächt sich nun. Er hat das Virus ignoriert, die Infektionen beschleunigt – und die Wirtschaft dramatisch geschwächt. Den Preis zahlen die Menschen.