Zum 125-jährigen Vereinsjubiläum steigt Fortuna Düsseldorf zum sechsten Mal aus der Bundesliga ab. In dieser Saison war mehr drin, aber am Ende versagten die Nerven. Jetzt folgen Personalrochaden und ein neuer Anlauf.
Das Stadion an der Alten Försterei in Berlin ist eigentlich eine Stätte, an der Fußballerherzen höherschlagen. Elektrisierte Fans und eine einzigartige Stimmung prägen das Bild an normalen Bundesliga-Spieltagen. Normal war der 34. Spieltag aber nicht – erst recht nicht für die Spieler von Fortuna Düsseldorf. Denn nach Abpfiff enttäuschender 90 Minuten herrschte Stille im Stadion und Leere in den Blicken der Düsseldorfer. Diese sind nach einer 0:3-Auswärtsniederlage gegen längst gerettete Berliner in die Zweitklassigkeit abgestiegen – zum sechsten Mal in der Vereinsgeschichte. Eine Bauchlandung am letzten Spieltag der Saison, die absolut vermeidbar gewesen wäre.
Vor einem Jahr lief es für die Fortunen noch völlig anders. Platz zehn stand am Ende einer Saison, die durchweg ideal verlief. Der ehrgeizige Plan, sich langfristig in der Bundesliga zu etablieren, lief problemlos an. Dann aber verließen die beiden besten Spieler Benito Raman und Dodi Lukebakio den Verein, Spielmacher Stöger verletzte sich und fiel ein halbes Jahr aus. Das waren personelle Schwächungen, die die Fortuna zu keinem Zeitpunkt kompensieren konnte.
So kam es dann auch, dass ein Trainerwechsel unvermeidlich wurde, auch wenn der allseits beliebte Friedhelm Funkel weiter fest davon überzeugt war, den Abstieg verhindern zu können. Zwar gelang auch seinem Nachfolger Uwe Rösler die Rettung letztlich nicht, dennoch gefiel der neue Kurs mit mehr Mut und mehr Initiative auf dem Platz. Konkurrenzfähig war Fortuna damit immer, auch wenn Rösler nur zwei Spiele gewinnen konnte. Gegen besser positionierte Mannschaften hielt Düsseldorf stets mit – stand aber am Ende oft mit leeren Händen da. Gegen Borussia Dortmund setzte es das 0:1 in der letzten Minute der Nachspielzeit, gegen Köln verspielte die Fortuna eine Zwei-Tore-Führung, gegen Hertha verspielten sie sogar drei Tore. So kam es dann am Ende der Saison zum entscheidenden Spiel an der Alten Försterei, bei dem die Nerven versagten.
Wie geht es nun für die Fortuna weiter? Ein Umbruch war ohnehin geplant, nach dem Abstieg wird er noch deutlicher ausfallen als vorgesehen. Sieben Leihverträge laufen aus, zudem neun Festverträge. Die Kaderzusammenstellung wird nicht leichter dadurch, dass die Fortuna nun statt mit 38 Millionen Euro TV-Geldern nur noch mit 21 Millionen planen kann. Leistungsträger wie Kaan Ayhan, Kenan Karaman und Erik Thommy werden wohl nicht zu halten sein, dafür waren deren Leistungen trotz des Abstiegs zu ansprechend. Zack Steffen, Valon Berisha, Mathias Jörgensen und Markus Suttner waren schon länger als Abgänge klar. Der Fels in der Brandung, Kapitän Oliver Fink, hört auf. Die Konstanten Adam Bodzek und Rouven Hennings werden wohl bleiben, Mathias Zimmermann und André Hoffmann auch. Diese vier Spieler werden vermutlich so etwas wie das neue Gerüst bilden. In eigentlich allen Mannschaftsteilen muss die Fortuna sich nun neu aufstellen – der neue Sportvorstand Uwe Klein steht vor einer gewaltigen Aufgabe. Dass er auf Lutz Pfannenstiel folgt, war die logische Konsequenz. Im Scouting hat er seit Jahren sehr gute Arbeit geleistet, Vorstandsarbeit ist dann aber ein anderes Kaliber. Was er auf jeden Fall kann, ist, mit bescheidenen Mitteln eine Mannschaft zusammenzustellen, die konkurrenzfähig ist.
„Es ist keine einfache Klasse"
Wenn der Kader dann irgendwann steht, werden wohl auch erste Ziele gesetzt. Nichts anderes als der direkte Wiederaufstieg wird sicherlich das oberste Ziel lauten. Wie schwer das jedoch ist, zeigt seit zwei Jahren der Hamburger SV. „Die Zweite Liga ist keine einfache Klasse", sagt Ex-Trainer Friedhelm Funkel über das Unterhaus. „Und es ist schwierig, dort zu arbeiten, wenn man die Liga nicht kennt." Hinzu kommt, dass in dieser Liga neben dem erwähnten HSV noch weitere namhafte Konkurrenten zu finden sind. Einfluss auf die Zielsetzung der Fortuna wird sicherlich der Ausgang der Relegation haben. Schwergewicht Werder Bremen bleibt ihnen als Gegner erspart. In der Relegation reichte den Werderanern dank der Auswärtstor-Regel ein 2:2 im Rückspiel (Hinspiel 0:0) zum Klassenverbleib. Die Fortuna bekommt es also mit Heidenheim zu tun.
Hannover 96 hingegen ist nach dem enttäuschenden sechsten Platz finanziell weiterhin solide aufgestellt, zeigte in den letzten Partien der Saison durchaus, wo die Reise hingehen kann. Der HSV kassiert ungefähr ähnliches Geld über den TV-Vertrag wie Hannover 96, schleppt dabei aber den größeren Rucksack in Sachen Kosten mit sich herum. Hinzu kommt die erneute Enttäuschung über den verpassten Aufstieg. Jeweils um die 15 Millionen Euro TV-Geld bekommen Heidenheim, Mitabsteiger SC Paderborn, der VfL Bochum und der 1. FC Nürnberg – falls der FCN in der Klasse bleibt. Nach einem verkorksten Saisonendspurt müssen die Nürnberger die Abstiegsrelegation gegen den Dritten der Dritten Liga spielen (Rückspiel an diesem Samstag). Wie die vergangene Saison gezeigt hat, wird vielleicht auch ein Team nach oben stoßen, das niemand auf der Rechnung hat.
Auf der Trainerbank der Fortuna wird bei dieser Mission weiter Uwe Rösler sitzen. „Ich bin beeindruckt, wie schnell er es geschafft hat, die Jungs auf seine Seite zu ziehen", hatte Uwe Klein schon vor dem Saisonfinale gesagt. Und dabei vor allem die „sehr guten Führungsqualitäten" des Fußball-Lehrers hervorgehoben. Nach dem Total-Absturz am letzten Spieltag in Berlin kommentierte der Sport-Vorstand nur knapp die Nachfrage, ob Rösler unangefochten im Amt bleibe: „Selbstverständlich." In die gleiche Kerbe schlug auch der Vorstandsvorsitzende Thomas Röttgermann. Über den Sinn dieses frühen Bekenntnisses lässt sich aber durchaus diskutieren. Denn es ist klar, dass niemand solche Aussagen zu diesem Zeitpunkt erwartet hätte. Abzuwarten, bis die Mannschaft ein wirkliches Gesicht hat, hätte zumindest ein wenig den Druck von Rösler genommen.
Finanziell sieht es gut aus
Jetzt weiß er, dass alle Blicke auf ihn gerichtet sind. Durch dieses frühe Festlegen schaffen die Verantwortlichen zwar Kontinuität, setzen ihren Trainer aber einer riesigen Erwartungshaltung aus. Daran messen lassen müssen sich aber auch Klein und Röttgermann. Klein war die erste wirkliche Personalentscheidung der Aufsichtsratsspitze, er steht wahrscheinlich unter deren Schutz. Röttgermann hingegen muss schon einige Zeit mit Gegenwind umgehen. Für ihn spricht jedoch, dass die Fortuna in unruhigen Zeiten wohl keine erneute Baustelle aufmachen will und er in den vergangenen Wochen einen guten Eindruck gemacht hat. Eine weitere Personalie, die seit Wochen schon in Düsseldorf herumgeistert, ist Friedhelm Funkel. Beim Klassenverbleib hätte sich sein Vertrag verlängert, nun wäre jedoch ein völlig neues Arbeitspapier notwendig, sollten sich die Verantwortlichen dazu entscheiden, ihn auf einer anderen Ebene einzusetzen. Funkel wäre bereit, „Verantwortung zu übernehmen", jedoch muss die Fortuna entscheiden, ob es sich lohnt, derzeit Verantwortliche zu schwächen und den Ex-Trainer hinzuzunehmen.
Im Großen und Ganzen war der Abstieg vermeidbar, sportlich in der Summe aber absolut verdient. Unter Uwe Rösler wurde zwar besser gespielt, jedoch zu selten gewonnen, um die notwendigen Punkte einzufahren. Funkel war einer, der genau davor immer gewarnt hatte. Was andererseits einfach ist und einen faden Beigeschmack hat, wenn der Ex-Trainer so über seinen Nachfolger urteilt. Eine Mannschaft steht noch lange nicht, das war aber auch nicht zu erwarten. Doch die Strukturen im Verein sind so gut, dass dieses Unterfangen durchaus gemeistert werden kann. Finanziell sieht es ordentlich aus, eine Wundertüte bleibt die Zweite Liga aber dennoch. Viele Unwägbarkeiten herrschen in dieser Liga, in der nicht immer die bessere Mannschaft die Spiele gewinnt. Kleinigkeiten werden am Ende darüber entscheiden, ob der Abstieg nur ein Betriebsunfall war und korrigiert werden kann oder ob die Fortuna erneut Jahre brauchen wird, um zurückzukehren.