Neuer Sportdirektor, neue Spieler: Der 1. FC Saarbrücken hat die Mission Dritte Liga gestartet. Die Begleitumstände sind ungewöhnlich. Aber das geht allen so.
Als bei Jürgen Luginger am Sonntag der vergangenen Woche das Handy klingelte und auf dem Display der Name Dieter Ferner auftauchte, da musste sich der Trainer des FC 08 Homburg nicht lange fragen, was Ferner wollte. „Er hätte sicherlich nicht angerufen, um zu fragen, ob wir einen Kaffee trinken gehen. Mir war da schon klar, um was es ging." Drei Tage später war der 52-Jährige sein Amt im Homburg los und Sportdirektor beim 1. FC Saarbrücken. Ein nur auf den ersten Blick ungewöhnlicher Wechsel. 2010, als der FCS letztmals in die Dritte Liga aufgestiegen war, und der damalige Trainer Ferner aufgrund fehlender Lizenz nicht im Amt bleiben konnte, wurde dieser zum Sportdirektor umfunktioniert.
Seine erste Amtshandlung: Die Verpflichtung von Jürgen Luginger als Trainer. Seit 2016 ist Ferner Vizepräsident des Saarbrücker Traditionsvereins und der Kontakt zu „Lugi" ist nie abgerissen. Als sich Marcus Mann nach erfüllter Mission Aufstieg Richtung Hoffenheim verabschiedete, war Luginger einer der ersten Kandidaten, die Ferner auf der Liste hatte. Eine kaum „überschaubare Zahl an Kandidaten" hatte sich außerdem beworben, wie Ferner erklärte: „Das zeigt doch, dass dieser Verein einen guten Namen hat." Dass es am Ende auf Luginger hinauslief, war absehbar. Sowohl Ferner, als auch Vereinspräsident Hartmut Ostermann hatten eine regionale Lösung bevorzugt. „Luginger hat seinen Lebensmittelpunkt in der Region, er kennt die Strukturen des Vereins und er hat ein großes Interesse daran, hier langfristig erfolgreich zu arbeiten", sagte Ostermann.
Schwierige Terminplanungen
Lugingers Vorgänger, der innerhalb des Vereins hochgeschätzte Marcus Mann, hat dabei beträchtliche Vorarbeit geleistet. Der Kader ist für die bevorstehende Mammut-Saison mit zahlreichen englischen Wochen und quasi ohne Winterpause gut gerüstet, nachdem mit Christian Bösel (Großaspach) und Jonas Singer (1. FC Kaiserslautern) schon frühzeitig zwei Neuzugänge klargemacht wurden, präsentierte der Verein mit Nicklas Shipnoski vom SV Wehen Wiesbaden einen Überraschungscoup. Der 22-Jährige, der auch bei seinem Heimatverein 1. FC Kaiserslautern sowie beim Zweitligisten Karlsruher SC auf dem Einkaufszettel stand, wurde vor einem Jahr vom Fachmagazin „Kicker" zum besten offensiven Außenspieler der Dritten Liga gekürt. „Er bringt Tempo mit und geht dahin, wo es wehtut", erklärt Lukas Kwasniok, der am Montag zudem noch Angreifer Maurice Deville von Waldhof Mannheim und Außenbahnspieler Minos Gouras von Astoria Walldorf begrüßen konnte. Als Kwasniok am Montag seine Spieler erstmals zum Training auf dem Platz versammelte, erklärte er seinen Plan: „Es wird eine anstrengende Saison mit vielen englischen Wochen, für die wir flexible Spieler benötigen werden." Die Zeiten unter Dirk Lottner, als der FCS spektakulären Offensiv-Fußball spielte, aber auch viele Spiele mit Gegentoren gewann, sind endgültig vorbei. Kwasniok dürfte ein System mit nur einer zentralen Spitze bevorzugen, rotiert werden muss aufgrund der hohen Belastung ohnehin permanent. Ein Linksfuß für die Abwehr steht noch auf dem Wunschzettel, eventuell wird auch noch ein U23-Torwart kommen. Kwasniok hat sich in den vergangenen Wochen sehr um die Dienste des Mannheimers Maurice Deville bemüht. „Er kann vorne alle Positionen spielen, von daher haben wir jetzt nicht den ganz großen Druck, noch etwas zu machen." Heißt aber auch: Der FCS wird den Markt weiterhin mit Blick auf einen robusten Angreifer im Auge behalten. Möglicherweise wird es auch den einen oder anderen Spieler geben, der sich verändern möchte. Ex-Sportchef Marcus Mann glaubt aber nicht, „dass Spieler, die irgendwo einen guten Vertrag haben, den einfach auflösen, nur um anderswo zu spielen. Viele werden die sichere Variante wählen."
Beim FCS könnte dies für die Offensivkräfte José Pierre Vunguidica und Mergim Fejzullahu gelten, die einen schweren Stand haben dürften. „Alle haben die gleichen Voraussetzungen und können sich während der Vorbereitung empfehlen", sagt Kwasniok. Das Transferfenster ist in diesem außergewöhnlichen Jahr bis Anfang Oktober geöffnet, der Transfermarkt beginnt erst jetzt, richtig Fahrt aufzunehmen. „Wir haben klare Vorstellungen und werden nicht über jedes Stöckchen springen", sagt Vize Ferner. Und Präsident Ostermann formuliert es so: „Wenn es Vereine gibt, die meinen, man könnte in Corona-Zeiten ein unkalkulierbares Risiko gehen und den Club an die Wand fahren, dürfen die es gerne tun. Wir tun es nicht." Mit einem Etat im Liga-Mittelfeld sieht sich der Verein dennoch gut aufgestellt. „Es ist eine enge Liga und als Aufsteiger sind wir bescheiden. Wir wollen uns etablieren und nicht in Abstiegsgefahr geraten", erklärt Luginger.
„Nicht über jedes Stöckchen springen"
Bisher steht nicht hundertprozentig fest, wo der FCS seine Heimspiele bestreiten wird. Die Lizenz wurde für das Ausweichstadion in Frankfurt erteilt, eine Sondergenehmigung für Völklingen ist unwahrscheinlich, sollten zum Saisonstart Zuschauer zugelassen werden. „Die Verfügungslagen ändern sich ständig. Das gilt für den Trainingsbetrieb genauso wie für Freundschaftsspiele und den Liga-Alltag. Für uns bedeutet das, dass wir die Pläne immer anpassen müssen", erklärte Geschäftsführer David Fischer.
Ende August soll der Saarlandpokal fortgesetzt werden, danach hat Kwasniok noch einmal knapp drei Wochen, um seine Mannschaft auf den Ligastart vorzubereiten. „Optimal ist das sicher nicht, aber was ist in diesen Zeiten optimal?", fragt der Trainer und fügt hinzu: „Seien wir dankbar, dass es wieder losgeht."