Einige Höhepunkte dieses virusgebeutelten Musik-Jahrgangs findet man in einer seit jeher besonders ergiebigen Nische – dem Country-Folk-Genre. Slow Leaves („Shelf Life") und Kjellvanderbruket („Doom Country") haben überzeugend vorgelegt.
Nun sind wir eingeladen, in jenes idyllisch in der Natur gelegene Giebel-Häuschen zu reisen, welches das Cover von „For Their Love" ziert. Hier – in der Nähe von Portland, Oregon – wurden diese zehn betörenden Lieder eingespielt. Bandmitglieder aus Los Angeles und Texas waren extra angereist.
Nach dem sehr komplexen, auch elektrifizierten Vorgänger „Rituals" sollte es nun wieder „natürlicher, menschlicher" zugehen, so Jesse Tabish, Gastgeber und Band-Kopf von Other Lives. Das ist definitiv gelungen: „For Their Love" birst förmlich vor emotionaler Dichte – mit Schwerpunkt auf einer gut abgehangenen, leidenschaftlich zelebrierten Melancholie …
Ja, wie auch schon bei Slow Leaves und Kjellvanderbruket wird dem Hörer hier nicht die lichte, sondern beharrlich die dunkle Seite des Gefühlsspektrums zugemutet. Wer das zu schätzen weiß, schreit (oder flüstert) gerade deshalb: „Juchuuu! Welch wunderbare Melodieseligkeit! Welch bittersüße Opulenz! Welch warmer Sound!
Direkt an große 70er-Jahre-Singer-Songwriter-Kunst knüpft schon die überwältigende Eröffnung „Sound Of Violence" an. Bass und Schlagwerk pulsieren, Streicher schwelgen üppig, eine Gitarre addiert Country-Twang, Tasten tasten sich in den Song, eine Stimme barmt mit Herzblut. Es ist jene von Jesse Tabish, dessen Plattenregal wahrscheinlich mit Ikonen jener Ära bestückt ist: Nick Drake, Tim Buckley, Leonard Cohen, Scott Walker.
Im weiteren Verlauf dieses großartigen, durchweg im Fahrwasser des ersten Tracks schwimmenden Albums ist manchmal auch Rufus Wainwright nicht weit. Selten jedenfalls passte ein CD-Cover besser zum musikalischen Inhalt der Scheibe. Man möchte sich beim Hören auf die Terrasse dieses Traumhauses legen – und in den (Abend-) Himmel starren. Mit Sternschnuppen darf gerechnet werden …